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DSA5 - Der Rote Schlächter (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 09/21/2018 05:44:33

https://www.teilzeithelden.de/2018/09/17/rezension-dsa-der-rote-schlaechter-ein-soeldner-im-einzelspielermodus/

Fällt deine Rollenspielrunde mal wieder aus? Dann versuch es doch mit einem Solo-Abenteuer! Der Rote Schlächter nach den Regeln von Das Schwarze Auge lässt dich einen Söldner im kriegsgeschundenen Tobrien übernehmen. Ob sich der Ausflug lohnt, erfährst Du in unserer Rezension.

Solo-Abenteuer für Das Schwarze Auge gibt es schon so lange, wie das System selbst existiert. Darunter aus heutiger Sicht unsinnige Hefte wie Borbarads Fluch, aber auch Klassiker wie Das Lied der Elfen und Firuns Land. Vorbild waren dabei klassische Abenteuer-Spielbücher wie Der Hexenmeister vom flammenden Berg, die sich in den Achtzigern und Neunzigern immenser Beliebtheit erfreuten. Der damalige Entschluss, so etwas auch für Das Schwarze Auge umzusetzen, lag deswegen nahe.

Nachdem in den Neunzigern mehrere Solo-Abenteuer erschienen waren, die den Spieler nach Aventurien entführten, gab es zu Beginn dieses Jahrhunderts eine dämmrige Flaute. Immerhin, mit Wald der Gräber und Im Rücken des Königs, erschienen zum Start der vierten Regeledition von Das Schwarze Auge zwei einsteigerfreundliche und solide Solo-Abenteuer, die Lust auf mehr machten. Letzteres erschien 2003 und wurde von Sebastian Thurau geschrieben, der in der Folge allerdings Gruppen-Abenteuer wie Echsenjäger, Esche und Kork und In Noionas Armen

Eine neue Generation von Solo-Abenteuern 2008 erschien erneut ein Solo-Abenteuer aus seiner Feder. Nach einer fünfjährigen Durststrecke gab Die Schwarze Eiche neue Impulse für die Produktsparte. Checkpunkte in Form von anzukreuzenden Buchstaben, ein dynamischer Zeitverlauf und viele Entscheidungsmöglichkeiten machten das Abenteuer zu einer unterhaltsamen Reise und verliehen ihm gleichzeitig einen hohen Wiederspielbarkeitswert. Thurau ist seitdem der Mann für die Solo-Abenteuer, verfasste zwei Nachfolger zu Die Schwarze Eiche sowie Der Vampir von Havena und die Die Verschwörung der Magier für die fünfte Regeledition von Das Schwarze Auge.

Mit Der Rote Schlächter erscheint nun ein weiteres Solo-Abenteuer aus Sebastian Thuraus' Feder. Dieses Mal spielt man einen vorgefertigten Kämpfer, der sich als Söldner durch das Herzogtum Tobrien schlägt, das nach Jahrzehnten des Krieges im Chaos versinkt. Und damit sind wir auch schon beim Inhalt und der eigentlichen Rezension angelangt.

Worum geht es in Der Rote Schlächter?

So fühlt sich also das Sterben an. Der Rote Schlächter beginnt mit dem Sterben des Spielercharakters. Der Leser erhält hier einen atmosphärischen Einblick in die Gedanken eines Sterbenden, der durch die direkte Ansprache umso intensiver wirkt. Mit dem nächsten Abschnitt springt die Handlung dann zurück in die vorhergegangene Schlacht, in welcher die Spielfigur so schwer verletzt wurde. Dies geschieht jedoch ohne einen Hinweis. Der Sprung vom sterbenden zum lebendigen Söldner passiert unvermittelt und plötzlich mit Beginn des nächsten Abschnitts, was erst einmal irritiert.

Dieser Kniff kommt übrigens häufiger im Abenteuer vor. Jedes Mal springt die Handlung ohne einleitende Erklärung, sodass leicht das Gefühl entsteht, man habe aus Versehen zum falschen Abschnitt geblättert. So gibt es an einer Stelle die Entscheidungsmöglichkeit, welchen Weg man zur Flucht aus einer brenzligen Situation wählen möchte. Hat man einen Weg gewählt und blättert zum entsprechenden Abschnitt, beginnt dieser auf einmal mit der Beschreibung einer ganzen anderen Situation: Der Spielercharakter liegt auf seiner Pritsche und blickt frustriert an die Decke. Erst einige Sätze später folgt die Erklärung, dass die Flucht geglückt und seitdem einige Zeit vergangen ist. Diese Brüche sind in einem Solo-Abenteuer eher verwirrend und wären mit wenigen zusätzlichen Worten nicht ganz so irritierend.

Verzeihung, auch ich habe mir an dieser Stelle einen kurzen Sprung in der Handlung erlaubt. Wir waren ja beim sterbenden Söldner: Nach der Beschreibung seiner letzten Gedanken darf man die Schlacht nachspielen, in der er so schwer verwundet wurde. Diese führt unweigerlich immer zu dem Ergebnis, dass der Spielercharakter sterbend zu Boden geht, egal wie man sich entscheidet. Da dies aber nur der Anfang von Der Rote Schlächter ist und die Schlacht eher als Tutorial zu verstehen ist, kann man diese Sackgasse durchaus verschmerzen.

Viele Möglichkeiten – oder nicht? Allein, das zieht sich leider durch das gesamte Solo-Abenteuer. Wenige Entscheidungen haben nachhaltige Auswirkungen. Teilweise wird dem Spieler Entscheidungsfreiheit vorgegaukelt, wo gar keine vorhanden ist. Das beste Beispiel: Der Spielercharakter erwacht ohne Gedächtnis und wird erst einmal von zwei mysteriösen Frauen in einer Waldhütte aufgepäppelt. Danach beginnt er die Suche nach seiner Identität und kommt bald an eine Stelle, an der er zwischen drei Reiserichtungen wählen kann. Dabei ist es jedoch völlig egal, wofür der Spieler sich entscheidet. Wer den Blick hinter den Schleier ertragen kann, öffnet den Spoilerkasten:

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Unabhängig davon, ob man sich für den Wald, die Hügel oder die Felder entscheidet, passiert ständig das gleiche: Der Spielercharakter trifft auf zwei Männer, die sich entweder als Köhler, Hirten oder Bauern vorstellen. Mit ihnen hat man dann sogar mehrere Interaktionsmöglichkeiten, die aber alle dazu führen, dass man von hinten niedergeschlagen wird und danach in einer Zelle aufwacht. Spielt man Der Rote Schlächter nur einmal, entsteht der Eindruck, hier sehr viele Möglichkeiten zu haben, um die Handlung zu beeinflussen und unterschiedliche Ergebnisse zu erreichen. Nach drei Durchgängen, die sich der Autor dieser Zeilen für den Test genehmigt hat, wird die Augenwischerei jedoch sichtbar.

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An einigen Stellen sind die Auswirkungen der eigenen Handlungen jedoch spürbar. Ironischerweise ist in diesem Punkt die Auseinandersetzung mit einem Wolf am besten gelungen, die für die eigentliche Erzählung gar nicht so wichtig ist. Hier sind Verlauf und Ausgang der Begegnung stark von den vorherigen Taten und den Entscheidungen im Kampf abhängig. Ein anderes gutes Beispiel ist ein Übungskampf, dessen Ausgang im späteren Verlauf noch einmal wichtig werden kann. Solche Momente sind aber leider sehr spärlich gesät.

Im letzten Viertel nimmt die Handlung von Der Rote Schlächter aber schließlich noch einmal Fahrt auf. Einige Interaktionen beeinflussen tatsächlich spürbar das Finale, in dem es jedoch stets dazu kommt, dass sich der Spieler zwischen zwei Pfaden entscheiden muss. Welcher Weg hier eingeschlagen wird, hat zwar auf das Ende der eigentlichen Abenteuerhandlung großen Einfluss, der Ausklang bleibt jedoch immer gleich. Der Spielercharakter begibt sich auf die weitere Suche nach seiner Identität und kann vom Spieler für Gruppenabenteuer übernommen werden.

Zum Erscheinungsbild Hier gibt es nichts zu bemängeln, aber auch keine Besonderheiten anzumerken. Das Artwork ist solide und die Illustrationsmotive sind gut gewählt. Gerade in wichtigen Situationen sorgen sie dafür, dass die Fantasie den nötigen Stups bekommt. Auch der Aufbau ist übersichtlich und man verliert nur selten die Orientierung zwischen den insgesamt 222 Textabschnitten. Für den Test lag das Abenteuer übrigens als PDF-Version vor. Zwar ist Der Rote Schlächter auch als digitale Version spielbar, die Softcover-Ausgabe ist aber wahrscheinlich komfortabler.

Fazit

Kampfsonderfertigkeit – Beidhändiger Kampf. Der Rote Schlächter ist unterm Strich ein solides Solo-Abenteuer, mit dem man ohne Probleme zwei bis drei unterhaltsame Stunden zubringen kann. Die Wiederspielbarkeit wird jedoch dadurch eingeschränkt, dass die Handlung sehr linear verläuft und im Wesentlichen auf ein einziges Ende zusteuert.  Dies ist für Solo-Abenteuer natürlich nicht untypisch. Dennoch hätte dem Abenteuer unter dem Aspekt der Wiederspielbarkeit ein bisschen mehr Freiraum gutgetan.

Charmant ist, wie mit dem Gedächtnisverlust des Spielercharakters umgegangen wird. So entdeckt er erst nach und nach einige Kampfsonderfertigkeiten wieder. Kämpfe stehen in Der Rote Schlächter übrigens nicht so sehr im Vordergrund, wie man es bei einem Solo-Abenteuer mit kriegerischem Spielercharakter vermuten würde. Beziehungsweise lassen sich diese an einigen Stellen auch durch den Einsatz von Talenten beenden oder umgehen.

Trotz aller Kritik hat Der Rote Schlächter aber natürlich auch Stärken. Die erzählte Geschichte ist spannend und beinhaltet einige interessante Nebencharaktere. Die letzte Entscheidung im Finale des Solo-Abenteuers fiel zumindest dem Autor dieser Rezension nicht leicht, was vor allem am guten Aufbau der Handlung lag. Unter diesem Gesichtspunkt ist Der Rote Schlächter sicher eine Empfehlung wert. Innovationen oder eine hohe Wiederspielbarkeit sollte man aber nicht erwarten. 



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
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Wrath & Glory: Blessings Unheralded
Verlag: Cubicle 7 Entertainment Ltd.
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 09/14/2018 03:08:03

https://www.teilzeithelden.de/2018/09/12/angespielt-schellstarter-wrath-glory-ulisses-north-america-purge-the-heretics/

Nachdem bekannt wurde, dass Fantasy Flight Games nicht länger die Lizenz für Warhammer 40.000-Rollenspiele hält, war das Ende des beliebten Dark Heresy eingeläutet. Ein bisschen mussten Fans um die Zukunft bangen, bis Ulisses North America im Sommer 2017 einen Nachfolger ankündigte: Wrath & Glory. Wir haben den Quickstarter ausprobiert.

Warhammer erlebt derzeit, so könnte man sagen, einen zweiten Frühling. Mit Age of Sigmar wurde ein neues Zeitalter für Fantasy-Liebhaber eingeführt, das nach einem holprigen Start nun viele Fans hat. Die achte Edition der Warhammer 40.000-Regeln verkauft sich ebenfalls gut, und mit Shadespire, Kill Team und Adeptus Titanicus sind eine ganze Reihe Nebenlinien auf dem Markt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche digitale Spiele und Sammelkartenspiele.

Höchste Zeit also, auch die Rollenspieler mit neuem Futter versorgen. Passend zum Reigen der vielen Neuerscheinungen hat Ulisses North America, der US-Ableger von Ulisses Spiele, mit Wrath & Glory ein brandneues System für Warhammer 40.000 vorgelegt.

Die Spielwelt Wir schreiben das 41. Jahrtausend, und zwischen den Sternen gibt es nur eines: Krieg. Seit tausenden Jahren sitzt der Imperator der Menschen langsam verwesend in seinem goldenen Thron und herrscht über Millionen von Welten und Billionen von Lebewesen. Es ist eine Zeit, in der das Versprechen von Fortschritt und Wohlstand längst im grausamen Gemetzel unzähliger Kriege und dem Lachen blutlechzender Götter untergegangen ist. Das Universum ist ein großer und böser Ort, an dem dich niemand vermissen wird.

Mit ähnlichen Einleitungsworten führt der günstige Quickstarter die Spielenden in die Welt von Warhammer 40.000 ein. Wer in der Welt bereits zu Hause ist, kennt diese Worte nur zu gut. Wer sich neu auf die unzähligen Schlachtfelder wagt, bekommt gleich den ersten Eindruck: Das Leben Einzelner ist nicht viel Wert, und das Universum ist ein schrecklicher Ort geworden. Gegen das Imperium der Menschheit wirkt das Imperium aus Star Wars geradezu wie ein humanistischer Verein.

Die Bedrohungen dieser Zukunft sind vielfältig. Anhänger der Chaos-Götter, die das Imperium in seiner jetzigen Form vernichten wollen und dabei wenig rücksichtsvoll vorgehen, verfeindete Alien-Rassen und zahlreiche, oft blutige, Intrigen, sind ständige Gefahren. Das Imperium begegnet diesen mit mannigfaltigen Institutionen, wie einem gigantischen Verwaltungs- und Militärapparat, den legendären Space Marines und der gefürchteten Inquisition. Im Quickstarter werden die Grundzüge der Welt und die wichtigsten Akteure kurz umrissen, damit man auch als Einsteiger einen groben Überblick bekommt.

Der Quickstarter beinhaltet zudem sechs vorgefertigte Charaktere, die verschiedener nicht sein könnten. Neben einer Agentin der Inquisition findet man eine imperiale Gardistin, eine imperiale Kommissarin (eine Art Polit-Offizier), einen Space Marine der White Scars, eine Sororitas-Schwester (eine Art weiblicher Paladin) und einen imperialen Priester.

Diese formen gemeinsam eine sogenannte Warband (Kriegsbande). Was diese Individuen zusammengebracht hat und warum sie abseits ihrer eigentlichen Einheiten unterwegs sind, bleibt dabei dem Spielleiter überlassen. Schwammig wird nur darauf verweisen, dass die Kriegsbande, derzeit einen Freihändler unterstützt. Der Einfachheit halber bietet sich an, aus so einem gemischten Haufen eine Inquisitions-Zelle zu machen, ähnlich wie in Dark Heresy.

Im vollständigen Regelwerk wird in dieser Hinsicht maximale Flexibilität erlaubt. Man kann sowohl eine Gruppe Inquisitions-Agenten spielen, als auch einen Trupp Space Marines, polizeiliche Ermittler oder einen Kommando-Trupp. Sogar eine Einheit Eldar (Weltraum-Elfen) oder Orks zu spielen ist möglich.

Der Zusammensetzung der Gruppe sind fast keine Grenzen gesetzt, so dass man je nach persönlicher Vorliebe spielen kann: Eher kampflastig, eher ermittelnd oder eine gute Mischung aus beidem, oder vielleicht sogar die Abenteuer von Freihändlern? Kaum ein System dürfte so viele Freiheiten bereits mit dem Grundregelwerk einräumen. Bereits im Schnellstarter zeichnet sich aber ab, dass es ähnlich wie in Dark Heresy, nicht sehr sinnvoll sein dürfte eine gemischte Truppe aus normalen Menschen und einem Space Marine zu formen. Nicht nur seine Werte, sondern auch der Status des Space Marines, verschrieben die Balance der Gruppe stark.

Erfreulich ist übrigens, dass die fertigen Charaktere bereits untereinander verknüpft sind und man als Spielerin und Spieler weiß, wie die Charaktere zueinander stehen. Darüber hinaus gibt es ein kurzes kampflastiges Abenteuer, das aber auch die Regeln abseits der Kämpfe gut verdeutlicht und der Spielergruppe etwas ermittlerisches Geschick abverlangt.

In drei Akten arbeiten sich die Spielenden durch ein Krankenhaus, in dem etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und bietet so einen guten Eindruck über die Spielidee hinter Wrath & Glory: klassische Detektivarbeit garniert mit regelmäßigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

Die Regeln Die Regeln sind eine Mischung aus altbekannten und ein paar wirklich netten Ideen. Proben würfelt man stets mit einem Pool von W6, üblicherweise benötigt man drei Erfolge. Die Würfelergebnisse Vier, Fünf und Sechs stellen Erfolge dar, wobei Letzteres als zwei Erfolge zählt. Würfelt man zwei oder mehr Sechsen und hat zudem mehr Erfolge als benötigt, kann man einen Sechser-Wurf „verschieben“. Damit kann man entweder im Kampf Bonusschaden machen oder bekommt einen Vorteil in Nicht-Kampfhandlungen. Beispiel: Markus braucht drei Erfolge und würfelt eine Vier, eine Fünf und zwei Sechsen und hat somit sechs Erfolge. Bereits mit den ersten drei Würfeln hat jedoch er genug Erfolge erzielt. Er kann nun die zweite Sechs in einen Vorteil verwandeln.

Die Proben können natürlich modifiziert werden, um die Schwierigkeit der Aufgabe zu reflektieren. Wrath & Glory rechnet hier immer in Zweierschritten, von einer Erleichterung von -2 bis zu einer Erschwernis von +8.

Die Proben würfelt man dabei auf passende Fertigkeiten, und ein kombinierter Wert aus Fertigkeitswert und Attributwert ergibt den Würfelpool. Dazu kommen noch Charaktereigenschaften (Traits), die zum Beispiel etwas über den Wohlstand, die körperliche und geistige Widerstandskraft oder den Einfluss des Charakters aussagen. Diese Werte werden in entsprechenden Situationen herangezogen und entscheiden zum Beispiel darüber, ob ein Charakter im Kampf Schaden erleidet und wie stark.

Friss mein Kettenschwert, Häretiker! – Die Kampfregeln Warhammer ist von harten und brutalen Kampfregeln geprägt. Auch Wrath & Glory versucht diesem Aspekt gerecht zu werden. Relevant für den Kampf sind dabei zwei Fertigkeiten, nämlich Weapon Skill (Nahkampf) und Ballistic Skill (Fernkampf), der Defence-Wert, der Schadenswert der Waffe, sowie der Shock-Wert und die Anzahl von Wunden.

Allgemein

Die Initiative liegt immer bei den Spielern, es sei denn sie geraten in einen Hinterhalt und entdecken diesen nicht rechtzeitig. Spannend: Zu Beginn jeder Kampfrunde entscheiden die Spieler über die Reihenfolge, in der sie drankommen. Das gibt Kämpfen eine interessante Dynamik. Beginnend mit dem ersten Spieler wechseln sich dann Spieler und NSC ab. Ist in einer Situation unklar, wer beginnt, wird ein W6 geworfen, und die beteiligten Charaktere handeln in der Reihenfolge der Würfelergebnisse.

Jeder Spieler hat mehrere Aktionsmöglichkeiten pro Kampfrunde. Eine Bewegungsaktion (bestehend aus einer einfachen Bewegung und entweder Rennen oder Sprinten) und eine Kampfaktion, bis zu zwei einfache Aktionen sowie eine unbegrenzte Anzahl von freien Aktionen. Letztere dürfen auch genutzt werden, wenn ein anderer Spieler dran ist. Dazu zählt zum Beispiel ein Soak-Wurf, um eine Verwundung zu reduzieren. Einfache Aktionen sind etwa das Ziehen von Waffen oder Drücken von Schaltern.

Darüber hinaus kann man eine zusätzliche Aktion pro Runde durchführen, die dann um +2 erschwert ist. Dabei darf keinesfalls eine Aktion doppelt ausgeführt werden. Es ist also möglich, in einer Kampfrunde in Deckung zu rennen, dabei das Magazin zu wechseln und zu schießen.

Angriff

Beginnt man einen Kampf, würfelt man im Nah- oder Fernkampf gegen den Verteidigungswert des Gegners. Hat dieser zum Beispiel einen Wert von 5, benötigt der Charakter auch fünf Erfolge. Dabei ist es möglich, einen Gegner umzurennen, dem eigenen Hieb mehr Wucht zu verpassen oder sogar, für einen kumulierten +2 Malus je Gegner, mehrere Gegner gleichzeitig anzugreifen.

Außerdem sind gezielte Schüsse für eine erschwerte Probe möglich, die dann bis zu 3 Bonuswürfel auf den Schadenswert geben.

Kommt man übrigens zu dicht an einen Feind, kann man diesem nur noch im Nahkampf beikommen oder versuchen, mit einer Pistole zu agieren, wobei man aber auf Nahkampf würfeln muss. Charaktere können sich mit einer Bewegung von einem Gegner lösen, der dafür aber sofort einen Angriff würfeln darf.

Schock und Schaden

Ist die Angriffsprobe erfolgreich, geht es an das Auswürfeln das Schadens. Jede Waffe hat einen bestimmten Schadenswert, der mit einem oder mehreren W6 noch erhöht werden kann. Ist dieser Schadenswert gleich dem Widerstandswert des Charakters, entsteht zwar keine ernste Verletzung aber ein Schock, der mit einem W3 ausgewürfelt wird. Die ausgewürfelte Zahl zieht der getroffene Spieler nun vom eigenen Schockwert ab. Sinkt dieser auf 0 oder darunter, ist der Charakter erschöpft und nicht mehr zu komplizierten Handlungen fähig. Er kann sich nur noch einfach bewegen, einfache Aktionen ausführen oder sich aus einem Kampf zurückziehen.

Liegt der Schadenswert über dem Widerstandswert, erhält der Charakter pro Schaden über dem Widerstandswert eine Wunde. Fällt der Wundwert auf 0, ist der Charakter zu schwer verletzt für weitere Kämpfe und bricht zusammen. Erhält er auf diese Weise mit einem Schadenswurf die doppelt so viel Schaden, wie sein Start-Wundwert beträgt, stirbt der Charakter sofort. Dies gilt auch, falls ein Gegner einem bereits niedergeschlagenen Gegner weiteren Schaden zufügt.

Ist ein Charakter schwer verwundet, muss er in jeder Kampfrunde eine Defiance-Probe mit einem W6 absolvieren. Bei einem Erfolg stabilisiert sich sein Zustand, schlägt die Probe dreimal fehl, stirbt der Charakter ebenfalls. Alternativ können schwer verletzte Charaktere auch durch andere Charaktere mit der Fähigkeit Medicae stabilisiert werden.

Wrath & Glory & Ruin Aus vielen Systemen bekannt sind sogenannte Fate-Punkte, die zum Beispiel erlauben, einen misslungenen Wurf zu wiederholen. Wrath & Glory führt gleich drei solche Mechanismen ein, die unterschiedlich gesammelt werden können und auch unterschiedliche Auswirkungen haben.

Jeder Spieler hat zu Beginn der Spielsitzung zwei Wrath-Punkte. Für schöne Rollenspielszenen kann die Spielleiterin oder der Spielleiter Charaktere mit zusätzlichen Punkten belohnen. Außerdem dürfen alle Spielenden zu Beginn einer Spielsitzung auf ein Missionsziel würfeln. Diese Ziele geben einem zum Beispiel vor, eine Situation statt mit Gewalt mit Raffinesse zu lösen oder einen bestimmten Satz zu sagen. Eine schöne Idee, die Rollenspiel belohnen soll. Wrath-Punkte kann man ausgeben, um misslungene Proben nochmals zu würfeln, im Kampf den Schockwert zu regenieren oder ein kleines erzählerisches Element einer Spielszene zu verändern bzw. zu ergänzen. Wrath-Punkte werden nicht in die nächste Spielsitzung übertragen, und jeder startet wieder mit zwei.

Glory-Punkte hingegen sind ein Pool der Spielergruppe. Dieser hat mindestens eine Grenze von 6 und maximal eine Grenze von Spielerzahl +2. Glory-Punkte erhält man entweder, wenn man eine 6 bei einer Probe übrighat oder man mit dem Wrath-Würfel eine 6 würfelt.

Diese Punkte kann man für Bonuswürfel bei Proben nutzen, für Bonusschaden oder um die Initiative zu beeinflussen.

Mit Ruin-Punkten erhält auch die Spielleiterin oder der Spielleiter eigene Fate-Punkte. Wann immer ein Corruption- oder Fear-Test nicht bestanden wird, oder sie oder er selbst eine 6 auf seinem Wrath-Würfel würfelt, erhält die Spielleiterin oder der Spielleiter einen Ruin-Punkt. Diesen kann sie oder er für verschiedene Vorteile zu seinen Gunsten ausgeben, ähnlich wie die Spieler.

Erscheinungsbild Ernteten erste Entwürfe noch harsche Kritik, weil der Stil zu freundlich und sauber sei, sind die finalen Illustrationen durchweg gelungen und geben die Spielwelt gut wieder. Einzig der Space Marine scheint bei seinem Training auf den „Leg-Day“ verzichtet zu haben.

Das Layout ist übersichtlich und professionell, und man findet sich im Regelwerk und in den Charakteren schnell zurecht.

Fazit Wrath & Glory versucht nicht einfach, alte Warhammer 40.000-Rollenspiele zu kopieren, sondern etwas Neues zu sein. Die Möglichkeiten, an Abenteuer heranzugehen, sind dabei entsprechend umfangreich, und der Quickstarter vermittelt einen guten Eindruck. Die Regeln sind simpel, lediglich in Kämpfen könnten die zwei Schadenswerte etwas Geschwindigkeit kosten. In der Praxis ging dies nach ein paar Kämpfen aber flott von der Hand und simuliert sehr schön die Erschöpfung, die in Kämpfen auftritt. Mit Wrath, Glory und Ruin wurden zudem sehr interessante Abwandlungen der beliebten Fate-Punkte geschaffen, die die Willkür und Grausamkeit des Universums auch in den Regeln widerspiegeln. Schön ist daran auch, dass die Regeln selbst zu mehr Rollenspiel einladen. Ob jedoch die Mischung aus einfachen Menschen, göttlichen Space Marines und Aliens innerhalb einer Gruppe sinnvoll ist oder massiv das Balancing beeinflusst, muss ein umfangreicher Spieltest der vollständigen Regeln zeigen. Klar muss Spielenden auch sein: Hier gibt es keine romantisierte Guten und die Welt ist menschenverachtend. Das ist also nicht für jeden etwas, zumindest ganz sicher nicht, für eher zartbesaitete Gemüter. Wer sich aber auf diese beiden Punkte einlassen wird, lernt eine Welt kennen, die in ihrer Vielfalt und Komplexität, kaum zu überbieten ist. Selbst nach Jahren des Spielens, wird man immer wieder neue Geheimnisse lüften und interessanten Seiten der Welt entdecken.

Der Spieltest hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht. Das englische Regelwerk ist inzwischen analog und digital samt Kampagnenband erschienen. Ulisses hat bereits angekündigt, noch im Herbst/Winter 2018 eine deutsche Übersetzung zu veröffentlichen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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DSA5 - Donnerwacht 2 - Bündnis der Wacht (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 09/02/2018 16:28:52

https://www.teilzeithelden.de/?p=49954

Wieder einmal liegt das Schicksal Aventuriens in den Händen wackerer Helden. In Bündnis der Wacht müssen sie Entscheidungen von großer Tragweite treffen. Doch bietet das Abenteuer auch genug Handlungsfreiraum, um sich in epischer Breite zu entfalten? Erfahrt es in unserer Rezension.

Bündnis der Wacht ist der zweite Teil der Donnerwacht-Kampagne von Rafael Knop für Das Schwarze Auge. Nach der sechsteiligen und ereignisreichen Theaterritter-Kampagne ist dieses Mal bereits mit dem zweiten Band Schluss. Die Helden werden in dieser Kampagne aber auch nicht das Angesicht Aventuriens verändern, sondern eher bedrohliche Umwälzungen von der nichtsahnenden Menschheit fernhalten. Denn da das Bündnis der Wacht in den dünn besiedelten Bergen am Rande des Orklands zur Gefahr zu werden droht, warten zwar Ehre, aber nur wenig Ruhm auf die Abenteurer.

Zum Inhalt von Bündnis der Wacht Im Vorgänger von Bündnis der Wacht wurde ein uraltes Bündnis neu geschmiedet. Einige oder alle der Helden und eine Handvoll Nichtspielercharaktere wurden erwählt, Teil dieses Bündnisses zu sein. Diese Personen, Bündnisträger genannt, können nun einen mächtigen Verbündeten herbeirufen, was bisher aber nicht geschah. Denn dummerweise verfolgen nicht alle Bündnisträger die gleichen Ziele. Neben den Helden gehört dazu unter anderem noch eine umtriebige Schwarzmagierin, die zudem Opfer einer Intrige wird. Aber bevor zu viel der Handlung verraten wird, banne ich diese lieber für die nächsten 5.000 Jahre – zusammen mit einer frustrierten Hochelfe – in einen wasserdichten Spoilerkasten.

[spoiler] Die Handlung von Bündnis der Wacht knüpft an den ersten Teil der Kampagne an, wenn auch nicht völlig nahtlos. Wer eine kurze Auffrischung braucht, schaut dazu am besten in die Rezension zu Zeichen der Macht. Einige Wochen oder Monate sind vergangen, seit die Helden Mitglieder jener Gruppe wurden, die dank eines uralten hochelfischen Zaubers den Riesen Gorwindor rufen kann. Neben ihnen gehören noch die durch einen Fluch zur Harpyie verwandelte Hochelfe Casseira, die Schwarzmagierin Ariana Melethaniem, sowie die beiden Elfen Visalyar Wassertänzer und Silgurian Nebelträumer zum Bündnis.

Der orkische Schamane Aschepelz wäre auch gerne dabei gewesen, um mit dem Riesen die Lande der Menschen zu verheeren, wurde dabei aber von den Helden gestoppt. Glücklicherweise, denn bei näherer Betrachtung scheint dieses Bündnis nur dazu zu dienen, den Riesen Gorwindor unter seine Kontrolle zu bringen. Was den Hochelfen zu Beginn des Bündnisses noch wie eine gute Möglichkeit erschien, die Orks auf Distanz zu halten, könnte nun aber zur Falle werden, wenn ein Schamane der Schwarzpelze die Macht über Gorwindor erlangt.

Zwischen den Abenteuern hat Aschepelz auch einiges getan, um dieses Ziel zu erreichen. Mit dem Versprechen, ihr machtvolles Wissen zu verschaffen, hat er die Schwarzmagierin und Bündnisträgerin Ariana zu seiner Verbündeten gemacht. Eine gefährliche Partnerschaft, bei der beide Parteien stets denken, sie wären der anderen eine Nase voraus, bedroht also die Lande der Menschen.

Ariana versucht zunächst den Riesen auf eigene Faust und ohne die anderen Bündnisträger zu rufen. Casseira, die als eine Art Wächterin des Bündnisses fungiert, ahnt die Pläne der Magierin und ruft ihrerseits die anderen Bündnisträger zu sich, damit diese Ariana stoppen. Das klappt schließlich auch, trotz der orkischen Leibgarde der Magierin, ist aber erst der Beginn des Abenteuers.

Das zweite Kapitel von Bündnis der Wacht ist relativ offen angelegt. Die Spieler können entscheiden, ob sie zunächst die Suche nach Ariana aufnehmen, den Hinweis auf den Einfluss von Orks verfolgen oder selbst versuchen, Kontakt zum Riesen Gorwindor aufzunehmen. Dem Autor ist es zugute zu halten, dass er viele Möglichkeiten bedenkt und dem Spielleiter dabei hilft, die Übersicht über mögliche Entwicklungen zu bewahren. Insgesamt stehen drei grob ausgearbeitete Enden für dieses Kapitel zur Verfügung, die allerdings nur kosmetischen Einfluss auf das Finale haben.

Das Finale wird vom Autor bereits im Vorfeld zutreffend mit „fulminant“ und „furios“ beschrieben. Der Endkampf in zwei Sätzen: Der Schamane Aschepelz erweckt die Mumien dreier Riesen, um Gorwindor und die Helden davon abzuhalten zu Ariana zu gelangen. Diese steht inzwischen unter magischer Kontrolle und soll das Ritual des Bündnisrufs vollenden. Ja, das muss man erst einmal sacken lassen.

Es stellt sich die Frage, was ein Ork-Schamane, der drei Riesen-Mumien erheben kann, noch mit einem lebendigen Exemplar will, aber wahrscheinlich ist der einfach stabiler und wohlriechender. Egal – das Finale ist tatsächlich sehr fulminant und furios, dadurch aber vermutlich auch Geschmackssache. [/spoiler]

Spoilerfrei sei noch gesagt, dass Bündnis der Wacht dieses Mal nicht direkt in der Donnermark zwischen Thasch und Finsterkamm spielt, sondern in den, ins Orkland hineinragenden, Gebirgen namens Blutzinnen und Ogerzähnen stattfindet. Ein Ausflug in die Stadt zur Recherche ist dieses Mal nicht vorgesehen, sondern es werden vor allem die Fähigkeiten der Kämpfer und Wildnischaraktere benötigt. Magier können in unterstützender Funktion glänzen, Gesellschaftscharaktere sollten sicherheitshalber noch ein paar Punkte in ihre Kampffähigkeiten stecken. Erscheinungsbild Für Bündnis der Wacht könnte ich fast das wiederholen, was ich bereits für Zeichen der Macht geschrieben habe. Die Stärke liegt in der sauberen Struktur dieses relativ komplexen Abenteuers. Dafür haben sich jedoch einige etwas hölzern wirkende Illustrationen eingeschlichen, die aber durch schön dargestellte Szenen und charakteristische Porträts ausgeglichen werden. Die Schwarzmagierin Ariana kommt allerdings sehr oft in den Illustrationen vor, wodurch sie von einer Rolle im Hintergrund mehr in den Vordergrund rückt und für den Leser fast schon wie die Protagonistin des Abenteuers wirkt.

Fazit Bündnis der Wacht ist ein solides Abenteuer vor epischem Hintergrund. Der Spielleiter muss sowohl den Überblick über die verschachtelte Handlung bewahren, als auch die schicksalsträchtige Stimmung transportieren. Bei beiden Aufgaben wird er durch die Gestaltung des Abenteuers unterstützt. Dennoch ist Bündnis der Wacht, wie auch sein Vorgänger, nichts für gänzlich unerfahrene Rollenspieler. Ohnehin ist es unabdingbar, dass Zeichen der Macht vorab mit der gleichen Heldengruppe gespielt wurde.

Autor Rafael Knop hat viele mögliche Entwicklungen der Handlung bedacht, was sich vor allem im offenen zweiten Kapitel des Bandes niederschlägt. Leider hat diese Handlungsfreiheit nur wenige spürbare Auswirkungen auf das Finale im dritten Kapitel von Bündnis der Wacht. Dieses ist dann auch einer der Schwachpunkte des Abenteuers, der für Punktabzüge sorgt. Viele der Geschehnisse sind sicherlich Geschmackssache, aber wer einen unvergesslichen Endkampf zu schätzen weiß, wird ihn hier finden können. In diesem Punkt spinnt das Abenteuer konsequent die Dramaturgie des ersten Teils weiter und entlädt sich in einem epischen Finale.

Was, zumindest beim Lesen des Abenteuers, etwas unpassend wirkte, sind die Nichtspielercharaktere, die zum Finale auf einmal in den Vordergrund rücken. Zwar haben sie auch vorab schon ihre Szenen, gewinnen gegen Ende aber noch einmal an Gewicht und könnten den Spielercharakteren leicht die Schau stehlen.

Dennoch können die Helden zeigen, was in ihnen steckt. Das Schicksal Aventuriens, oder zumindest einer großen Region, wird dieses Mal nicht in brennenden Palästen entschieden, sondern mitten in der Wildnis. Wer dabei sein möchte und nichts gegen hochelfische Magie und orkische Intrigen hat, kann ohne Bedenken bei Bündnis der Wacht zugreifen.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
DSA5 - Donnerwacht 2 - Bündnis der Wacht (PDF) als Download kaufen
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DSA5 - Wege der Vereinigungen (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 09/01/2018 04:01:14

https://www.teilzeithelden.de/2018/09/01/rezension-dsa-wege-der-vereinigungen-dein-aventurier-das-unbekannte-wesen/

Kaum eine Publikation für Das Schwarze Auge hat in jüngerer Zeit derart hohe Wellen geschlagen wie Wege der Vereinigungen. Ist die Spielhilfe zur Sexualität in Aventurien ein gleichermaßen erotischer wie nützlicher Band für den Spieltisch? Oder blanker Sexismus? Lest mehr dazu in unserer Rezension.

Seinen Anfang nahm Wege der Vereinigungen als Aprilscherz. Wie jedes Jahr zum 1. April geisterten auch 2012 nicht ganz ernst gemeinte Meldungen durch die Welt – so auch rund um Das Schwarze Auge (DSA). Die Helden-Software zum Erstellen von Spielfiguren sollte bald auch über Konsolen verfügbar sein, beim DSA-Portal Nandurion kam es zu einem unblutigen Putsch in der Redaktion und Ulisses Spiele kündigte, nicht ganz ohne Selbstironie, einen Nachfolger zur Handels- und Wirtschaftsspielhilfe Handelsherr und Kiepenkerl an, einer aufgrund vermeintlicher Nutzlosigkeit wenig geschätzten Publikation der damaligen Zeit.

Ebenfalls bei Nandurion fand sich ein Interview mit Axel Spor, dem aus regelmäßigen falschen Anschreiben geborenen Alter Ego des DSA-Redakteurs Alex Spohr. In diesem Interview wurde mit Verweis auf die Website des Verlags ein Produkt namens Wege der Vereinigung erwähnt, eine Spielhilfe zur „aventurischen Sexualität und Erotik“, wie es in der Ankündigung hieß, die sich ebenso im Aventurischen Boten Nr. 152 finden ließ.

Der Ursprung von Wege der Vereinigungen Eingebettet in die Meldung wurde auch das Rahja-Vademecum angekündigt, das im folgenden Sommer tatsächlich erschien und auf der RatCon in Unna mit passend gestalteten Kondomen verkauft wurde. Das Feedback war positiv, und der Verlag wird spätestens zu diesem Zeitpunkt gemerkt haben, dass etwas an dem Thema dran war. Immer wieder wurde nach Wege der Vereinigung gefragt und 2016 wurde als vorläufige Antwort schließlich mit dem mittelprächtigen Rahjasutra ein Ingame-Bande veröffentlicht.

Diese Ergänzung zum Rahja-Vademecum sollte die aventurische Version des irdischen Kamasutras sein, die man praktischerweise auch am Spieltisch verfügbar haben sollte. Der spielerische Mehrwert tendierte also gegen Null, denn wer braucht am Spieltisch schon auf die Schnelle eine Beschreibung verschiedener Sexstellungen? Viel eher diente der Band der kurzzeitigen allgemeinen Erheiterung und sorgte schon damals für ein Aufrechnen davon, wie viele Männer und wie viele Frauen nackt zu sehen waren.

Einer der Hauptkritikpunkte war jedoch der Fokus auf die Tulamidenlande und die damit verstrichene Gelegenheit, die Sexualität in allen aventurischen Kulturen unter die Lupe zu nehmen. „Wie viele spannende Konzepte hätten sich da geboten“, bemängelte Vibart damals bei Nandurion. „Von den geschlechtsunabhängigen Elfen über die sehr reduzierten Zwerge, […] von den Heckenlabyrinthen des Horasiats hinein in die Weidener Scheune“, ergänzte er bedauernd. Erfüllt Wege der Vereinigungen nun endlich die Erwartungen? Dazu müssen wir, nach überlanger Einleitung, einen Blick in den Band werfen. t Gemessen an dem, was 2012 im Scherz angekündigt wurde, ist alles Zugesagte enthalten: „Hier finden Sie sowohl Würfeltabellen als auch praktische Hinweise, wie Sie Liebe und Romantik am Spieltisch darstellen können“, hieß es damals in der Ankündigung. Tabellen finden sich vor allem am Ende des Bandes, die Tipps zur Ausgestaltung am Spieltisch finden sich am Anfang auf neun Seiten.

Eineinhalb Seiten davon widmen sich dem Thema „Gleichberechtigung in Aventurien“. Ja, in Aventurien herrscht – bis auf wenige Ausnahmen – die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Die Autoren regen deswegen an, bewusst mit Klischees zu brechen und weisen anhand anschaulicher Beispiele darauf hin, dass Aventurien, was die Gleichberechtigung der Geschlechter angeht, im Gegensatz zur Realität „eine Utopie“ sei.

Auch ansonsten sind die textlichen Inhalte weit davon entfernt, sexistisch zu sein. Auf gut 60 Seiten widmen sich die Autoren der aventurischen Sexualität in allen Kulturkreisen und damit auch ihren Schattenseiten, wie sexuellem Missbrauch, Ausbeutung von Prostituierten und Menschenhandel. Dass Al’Anfaner ihre Sklaven nicht nur zum Baumwollpflücken erwerben und nicht jeder Lustknabe mit seinen Kunden die beste Zeit seines Lebens hat, dürfte klar sein. Dass auch diese Aspekte in Wege der Vereinigungen beschrieben werden müssen, liegt in der Natur des Rollenspiels. Denn Befreiung von Unterdrückten ist wahrscheinlich einer der stärksten Abenteueraufhänger – wird aber erschreckend selten im Buch vorgeschlagen.

Aventurien – eine sexuelle Utopie

Kurzum: Wer sich eine kompakte Übersicht der Sexualität in Aventurien wirklich aufrichtig gewünscht hat, wird in Wege der Vereinigungen fündig und – um dem Fazit in diesem Punkt vorzugreifen – kann sich diesen Teil des Bandes ohne Probleme zu Gemüte führen. Einige Abstriche muss er dafür aber in Kauf nehmen. Welche das sind? Naja, der ganze Rest des Buches.

Wege der Vereinigungen hätte wunderbar als Band mit reinen Hintergrundinformationen funktioniert, wird aber durch die Regelerweiterungen der Lächerlichkeit preisgegeben. Jedwede Ernsthaftigkeit, die im ersten Kapitel durchaus zu finden war, wird zum Beispiel durch die Präsentation eines neuen Stabzaubers beiseite gefegt, mit dem ein Magier seinen Zauberstab in einen Vibrator verwandeln kann. Ebenso sind Passagen zur regeltechnischen Abhandlung von „Samenspielen“ oder „Mammalverkehr“ enthalten, die jegliche erotische Stimmung in einem Paragrafenwirrwarr ersticken und dadurch nur lächerlich wirken.

Solche Regeln und auch Zufallstabellen, in denen man die Größe der Geschlechtsteile seiner Spielfigur und die Üppigkeit ihrer Schambehaarung auswürfeln kann, bringen dem Band zu Recht den Vorwurf ein, ein schnell ausgenudelter Altherrenwitz zu sein – wobei es in Aventurien natürlich auch, wie weiter oben beschrieben, Altfrauenwitz heißen könnte. Hier jetzt alle Beispiele aufzuzählen würde den Rahmen sprengen.

Wege der Vereinigungen kann sich auch nicht unter dem Deckmantel der Satire verstecken und dadurch Narrenfreiheit beanspruchen. Satire ist es, wenn zum Beispiel in der Sendung Switch Reloaded anhand exemplarischer und zugespitzter Dialoge eine TV-Sendung veralbert wird. Satire wäre es nicht, wenn man jene TV-Sendung bierernst und bis ins letzte Detail nachdreht.

Berechtigte Kritik? Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen kleinen Exkurs zur bisherigen Diskussion um Wege der Vereinigungen wagen. Dem Band war im Vorfeld vorgeworfen worden, unterschwellig Rassismus und Sexismus zu goutieren, beziehungsweise nicht zu erkennen. Zumindest für den Textteil kann dies nicht in dieser drastischen Zuspitzung geschlussfolgert werden.

Mike Krzywik-Groß fand in diesem Zusammenhang besonders den Bonus auf die Länge des Geschlechtsteils entlarvend, den Waldmenschen, also Charaktere mit dunkler Hautfarbe, erhalten. Ebenso wurde in einem Artikel auf Tor Online darauf hingewiesen, dass ausgerechnet die Sexualität der Waldmenschen unter der Überschrift „Paarungsriten“ präsentiert wird. Ein berechtigter Kritikpunkt, da die Überschrift an ethnologische Schriften der vergangenen beiden Jahrhunderte erinnert. Allerdings ist der Text zu den Waldmenschen durchaus bemüht, Klischees zu brechen und inneraventurische Vorurteile zu widerlegen.

An gleicher Stelle wurde kritisiert, dass bei der Illustration einer Orgie ausgerechnet eine dunkelhäutige Frau im Bastrock die Getränke serviert. Dies als unterschwelligen Rassismus zu identifizieren, hakt leider daran, dass in Aventurien ja tatsächlich ein vordergründiger Rassismus existiert. Dunkelhäutige Sklaven sind in Al’Anfa und anderen südaventurischen Orten schlicht vorhanden.

Natürlich ist es ein gerechtfertigter Kritikpunkt, wenn Krzywik-Groß – der danach seine Zusammenarbeit mit Ulisses Spiele beendete – bemängelt, dass der oben genannte Bonus, trotz seines Hinweises, nicht entfernt wurde. Dies muss aber nicht auf rassistisches Gedankengut verweisen. Die Stellungnahme von Ulisses Spiele zu diesem Vorwurf offenbart nämlich keine sexistische oder gar rassistische Grundhaltung, sondern in erster Linie einen mangelhaften Umgang mit Kritik – der sich in der Stellungnahme selbst fortsetzt, wie Michael Masberg in seinem Beitrag zu diesem Thema herausgearbeitet hat.

Ich bin kein Sexist, aber … Kommen wir wieder zurück zur Rezension. Zusammenfassend lässt sich im Textteil kein eindeutiger Sexismus oder gar Rassismus erkennen. Ganz im Gegenteil haben sich die Autoren sichtbar bemüht, mit gängigen Klischees zu brechen und noch einmal deutlich die umfassende Gleichberechtigung der Geschlechter zu betonen. Dass zum Beispiel Homophobie als Nachteil wählbar ist, kann eigentlich nicht als sexistische Taktlosigkeit aufgefasst werden, wenn auch alle anderen Abgründe des menschlichen Charakters als Nachteile wählbar sind.

Der Großteil der Kritik am Band machte den Sexismus in Wege der Vereinigungen dementsprechend auch nicht anhand des Textes fest, sondern sah ihn vor allem in den Illustrationen, die im Folgenden behandelt werden sollen.

Erscheinungsbild Bereits im Rahjasutra zählte Vibart für seine Rezension bei Nandurion die Anzahl dargestellter Männer und Frauen im Band. Für Wege der Vereinigungen machten sich Judith Vogt und Henning Mützlitz bei Tor Online sogar die Mühe, die Anzahl sichtbarer männlicher und weiblicher Nippel gegeneinander aufzurechnen. Knapp gesagt: Es gibt mehr nackte Frauen als nackte Männer zu sehen. Mehr homosexuelle Frauenpaare als homosexuelle Männerpaare. Deutlich mehr weibliche Brüste als männliche Geschlechtsorgane – und ja, das ist durchaus ein Problem.

In der Einleitung dieses Artikels wurde bereits ein Ausflug in die Vergangenheit unternommen. Im Jahr 2012, kurz nach dem ersten Aprilscherz zu Wege der Vereinigung, erschien Wege des Entdeckers, eine Spielhilfe für Abenteuer und Expeditionen in der Wildnis. Im Zentrum des Titelbildes stand eine Frau, deren Oberweite nicht mehr nur als üppig zu bezeichnen war, sondern sämtlichen Regeln der Physik widersprach. Bereits damals kam es in der Folge zu einer Diskussion über die klischeehafte Darstellung von Frauen in Das Schwarze Auge. Der Verlag gelobte Besserung, ebenso als ein Jahr später der Roman Schwarze Segel erschien, der eine barbusige Frau auf dem Titelbild hatte. Wieder kam es zur Diskussion und wieder versprach Ulisses Spiele, so etwas in Zukunft sorgfältiger zu handhaben.

Machen wir es kurz: Bei Wege der Vereinigungen ist dies nicht gelungen. Hier jetzt ein speziell für Das Schwarze Auge geltendes Problem festzustellen, würde den Sexismus in unserer Gesellschaft aber herunterspielen. Egal, in welcher zeitgenössischen Produktion Sexualität eine größere Rolle spielt, sind stets mehr nackte Frauen als nackte Männer zu sehen. Wege der Vereinigungen bringt sich paradoxerweise gerade dadurch in die Bredouille, dass es in den Illustrationen seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird.

Erotik und Romantik – geht das nur mit nackter Haut? Die im Buch erwähnte stattliche Rittersfrau, die um einen schöngeistigen Höfling buhlt, indem sie für ihn ein Turnier bestreitet, wäre in diesem Zusammenhang ein weitaus aussagekräftigeres Motiv gewesen als nackte Haut und turtelnde Pärchen. Dass irgendwo im Band einmal exemplarisch eine Elfe, eine menschliche Frau und eine Zwergin – ganz im Biologiebuch-Stil – nackt dargestellt werden, eine entsprechende männliche Gruppe aber fehlt, macht schon deutlich, dass bei den Illustrationen ein Ungleichgewicht herrscht. Ob die IllustratorInnen Anweisungen der Autoren folgten oder selbst für diese Auswahl sorgten, sei dahingestellt. Wer letztlich der Verlockung erlegen ist, möglichst viele nackte Frauen und ein paar nackte Männer – alle übrigens stets gut gebaut – abzubilden, ist letztlich egal. In ihrer Gesamtheit bilden die Illustrationen somit völlig zurecht die offene Flanke von Wege der Vereinigungen, an der sich die Kritiker ausgiebig abarbeiten können.

Hardcore-Pornographie wird man in Wege der Vereinigungen übrigens nicht finden. Mal abgesehen von der geschlechtlichen Gewichtung sind die Illustrationen weitestgehend gut gelungen und geschmackvoll. Dass sie, wie in Teilen der Kritik suggeriert, begehrte Masturbationsvorlagen für ewig-pubertäre Rollenspiel-Nerds sein sollen, ist zu bezweifeln. Das Internet bietet in dieser Hinsicht genug erregendere Alternativen – auch mit Elfenohren.

Fazit Wer bis hierhin alles gelesen hat, wird schon bemerkt haben, dass dies keine gewöhnliche Rezension ist. Die Kritik an Wege der Vereinigungen hat aber ein derartiges Ausmaß angenommen, dass es notwendig geworden ist, sich bei der Besprechung dieses Bandes zu den Sexismus- und Rassismusvorwürfen zu äußern. Da sie, zumindest in Teilen, durchaus berechtigt sind, würde eine Rezension, die sie nicht näher untersucht, dem Thema letztlich nicht gerecht werden und sich selbst dem Vorwurf aussetzen, diese Kritikpunkte auszublenden.

Der Hintergrundteil ist tatsächlich eine solide Spielhilfe zur aventurischen Sexualität geworden. Wer so etwas seit sechs Jahren gefordert hat, wird also durchaus fündig werden, muss sich dafür aber mit den beschriebenen Mängeln herumschlagen. Denn der zotige Humor, der vor allem im Regelteil stattfindet, neutralisiert jegliche Ambitionen des Bandes, langfristige Spielbarkeit und ernsthafte Hintergrundinformationen zu liefern, wenngleich er seine Zielgruppe sicher erheitern wird.

Unterm Strich macht es sich Wege der Vereinigungen selbst zu schwer, was aber vermutlich auch den Entstehungsumständen des Bandes zu verschulden ist. Eine kleine Spielhilfe zum Sexualleben in Aventurien und dazu ein paar stimmige Illustrationen – es hätte genügt. Doch wenn sich nach sechs Jahren schwelenden Hypes abzeichnet, dass manche Spieler mehr wollen und dafür auch tief in die Tasche greifen werden, dann will ein Verlag natürlich auch liefern. Dass darunter dann wahrscheinlich der restliche Verlagsplan leidet, ist ein ganz eigenes Thema, das leider den Rahmen dieser Rezension sprengen würde.

Ein Projekt dieser Größe, das sich selber aber nicht ganz ernst nimmt, wenngleich es ein ernstes Thema behandelt, kann nur scheitern und in Fettnäpfchen treten. Es darf sich niemand wundern, wenn am Ende tatsächlich nur jene mit der Spielhilfe zufrieden sind, die sich über die schlüpfrigen Inhalte aufrichtig freuen und Spaß daran haben, ihren nächsten Ingame-Geschlechtsakt anhand ausführlicher Regelpassagen detailliert nachspielen zu können.

Wer Spaß daran hat, einen Engasaler Sexualmagier zu spielen, der mit seinem Vibro-Zauberstab kichernde Elfen durchs Unterholz jagt, wer seine Heldengruppe schon einmal von einem Tentakeldämon ordentlich durchnehmen lassen wollte, wer einmal auf einer Orgie, unterstützt und begleitet durch ein Dutzend Sonderregeln, Durchhaltevermögen beweisen wollte – der wird mit Wege der Vereinigungen den Spaß seines Lebens haben. Wer aber lediglich eine Spielhilfe zur aventurischen Sexualität haben wollte, wird vielleicht einmal kurz lachen, dann aber verwundert den Kopf schütteln und sich fragen, ob es das wirklich gebraucht hätte.



Wertung:
[2 von 5 Sternen!]
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The One Ring - Oaths of the Riddermark
Verlag: Cubicle 7 Entertainment Ltd.
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 08/22/2018 07:02:12

https://www.teilzeithelden.de/2018/08/17/rezension-the-one-ring-oaths-of-the-riddermark-auf-reiter-thengels/

Lange Zeit hat in der Riddermark der gierige König Fengel regiert und mit seiner Politik das Königreich uneins gemacht. Nun ist ihm sein Sohn Thengel auf den Thron gefolgt. Der muss nicht nur den Angriffen von Dunländern und Orks begegnen, sondern auch eine Fehde zwischen seinen wichtigsten Heerführer schlichten.

Für jedes Quellenbuch für das Mittelerde-Rollenspiel The One Ring des Verlags Cubicle 7 erscheint später ein Abenteuerband. Oaths of the Riddermark ist der entsprechende Band zu Horse-lords of Rohan. Der Quellenband erschien bereits Anfang 2016, die Wartezeit war also relativ lang. Nun aber gibt es endlich sechs Abenteuer um das tapfere Reitervolk der Rohirrim und ihr Land zu erleben. Dabei dreht es sich insgesamt darum, das zerrissene Land, das unter dem Streit zwischen dem Herrscher der Westfold und dem Herrn der Eastfold leidet, für den König wieder zu einigen.

Für diese Rezension lag die PDF-Version vor.

Inhalt Vor den Abenteuern gibt es eine kleine Einführung, die ein paar grundsätzliche Informationen vermittelt. So erfährt man, dass alle Abenteuer nach dem Jahr 2955 des Dritten Zeitalters spielen, ohne dass einzelne Jahre streng festgelegt werden müssten. Vor den Abenteuern selbst stehen aber genauere Vorschläge. Generell gibt es viele Tipps, wie man die einzelnen Szenarien, die auch alleinstehend verwendet werden können, zu einer Kampagne verbinden kann. Diese findet man im Anschluss, gefolgt von einem Anhang, der vor allem vorgefertigte Charaktere enthält.

Im Dienste der Mark – Die Abenteuer Ab hier folgen Spoiler, weshalb nur potenzielle SpielleiterInnen diesen Teil lesen sollten.

[spoiler]

Blood in the Snow Blood in the Snow ist als Einführungsabenteuer gedacht. Es beginnt mit der Ankunft der Gefährten in Edoras, wo sie gleich feststellen, dass alles, was Waffen trägt, sehr geschäftig ist. Ihren Auftrag erhalten sie mit zwei anderen Gruppen direkt vom Reeve (dt. Vogt) des Königs. Sie sollen Gehöfte untersuchen, auf denen Menschen und Pferde getötet wurden. Ihre Aufgabe führt die Gefährten an den Fuß der White Mountains. Dort untersuchen sie zwei zerstörte Höfe und finden ein Opfer der Angriffe, das ihnen gerade noch sagen kann, dass eine schreckliche Bestie dahintersteckt. Sie folgen dem Hinweis in die Berge, wo sie zunächst auf eine Gruppe Dunlendings (dt. Dunländer) treffen, die ihnen Verbündete sein können. Anschließend geht es daran, die Bestie, einen Snow-Troll, zu erledigen. Dabei taucht eine der anderen Gruppen auf, nur damit ihr Anführer ein grausiges Ende findet.

Dieses Abenteuer ist fast ein Totalausfall. Dass es extrem geradlinig ist, gehört dazu. Es gibt quasi keinen Grund für die Gruppe, von der vorgegebenen Struktur abzuweichen. Besonders schwach ist der „Ermittlungsteil“ bei den Höfen. Beim ersten Hof gibt es nichts zu entdecken, was die Gruppe weiterführt, dabei hat man sogar eine Karte des Hofs abgedruckt. Und beim zweiten wartet dann ein tödlich Verwundeter, der dort nur liegt, um mit seinem letzten Atemzug zu sagen, was los ist und wo es jetzt langgeht. Ähnlich unlogisch ist die Begegnung mit den Dunlendings, die ebenfalls nur auf die Gefährten gewartet zu haben scheinen, und das, obwohl sie die Bestie selbst jagen. Merkwürdigerweise lagern sie seit mehreren Tagen am einzig möglichen Weg für den Troll, doch muss der eigentlich währenddessen dort durchgezogen sein.

Auch die anderen Gruppen, die mit dem gleichen Ziel losgeschickt wurden, sind wirklich überflüssig. Die eine taucht gar nicht mehr auf, die andere ploppt am Ende auf, nur um sich blödsinnig zu verhalten. Auch wird das vorbestimmte Ende ihres Anführers sicher bei keiner Gruppe so umzusetzen sein, schlicht weil die SC vorher reagieren würden. Und das sind leider nicht alle Punkte, die unstimmig sind.

Red Day Rising Zu Beginn von Red Day Rising befinden sich die Gefährten an der Tafel König Thengels, wo sie nach einer Diskussion über Tugenden vom Königspaar zu Boten ernannt werden. Sie sollen dabei helfen, die Fehde des Second Marshal Éogar mit dem Third Marshal Cenric durch eine politische Hochzeit zu beenden. Sie können die beiden Marshals in beliebiger Reihenfolge aufsuchen. Auf dem Weg nach Osten zu Cenric gilt es, einen Streit zwischen Anhängern der Konkurrenten zu schlichten. Am Camp des Third Marshal angekommen, bricht ein Sturm los, der die Rinderherden dort in Panik versetzt und eine Stampede auslöst. Erst anschließend treffen die Gefährten den Marshal und Esmund, also denjenigen, der heiraten soll. Die Braut, die Schildmaid Mildryd, verweilt bei ihrem Herrn Éogar. Dessen Frau wurde von Dunlendings entführt, und so sie nicht gerettet wird, ist an eine Hochzeit nicht zu denken. An Ende können die Gefährten hoffentlich Esmund und Mildryd an der Entwade vereinen.

Der Anfang ist zwar gut ausgebaut, wirkt allerdings auch aufgesetzt. Auch wird vorausgesetzt, dass Thengel die Gefährten nicht nur schon kennt, sondern auch Vertrauen zu ihnen hat. Grundsätzlich basiert dieses Abenteuer auf Begegnungen, alle gut beschrieben, mit verschiedenen NSC. Das ist eine Abwechslung zu normalen Abenteuern, man sollte aber als SpielleiterIn vorsichtig sein, damit es nicht ermüdend wird. Dafür haben es die beiden anderen Aufgaben, die Stampede und die Rettung der Frau des Marshals, in sich. Beide sind sehr gefährlich für die Gefährten. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Mission insgesamt scheitert. Insgesamt ein gelungenes Diplomatie-Abenteuer.

Wrath of the Riders In Wrath of the Riders verlangt der König vom Second Marshal Éogar zu dessen Unmut, mit den Dunlendings Frieden zu schließen. Als Botschafter hat Éogar die Gefährten auserkoren. Auf ihrem Weg ins Red Moor stellen sie fest, dass auch das Volk der Rohirrim gespalten darüber ist, ob man Frieden mit den Dunlendings schließen soll. Bald erfahren sie, dass die einfachen Dunlendings unter den Kämpfen leiden und noch dazu von Orks geplagt werden. Nach einem langen Weg durch das Red Moor erreichen die Gefährten Trefa, das Hauptdorf des Iron-folk-Stammes, wo sie nach zusätzlichen Prüfungen mit dem Häuptling sprechen können. Doch nicht nur der hat etwas dabei zu sagen, sondern auch die Barrow-witch, eine weise Frau, die in einer Prophezeiung verkündet, dass die Gefährten Unheil vom Stamm abwenden können. Willigen sie ein, was ihre Verhandlungsposition enorm stärkt, dann werden sie auf eine Queste geschickt, um einen bösartigen Pferdegeist zu erschlagen, der die Iron-folk schon lange plagt.

Dieses Abenteuer ist wirklich gut konstruiert, wieder mal bis auf den Einstieg. Es ist sehr stimmungsvoll und voller Abwechslung, genau wie man es sich wünscht. Besonders gut gefällt mir, dass die Dunlendings hier greifbar beschrieben werden, auch wenn der Iron-folk-Stamm schon etwas speziell ist. Wieder werden die SC nicht geschont und es gibt ausreichend Möglichkeiten, wie ein unvorsichtiger Rohirrim bei seinen Ahnen landet. Interessanter wird das Abenteuer noch dadurch, dass Elemente aus dem Vorangegangenen aufgegriffen werden. Leider werden nicht alle Anknüpfungspunkte in späteren Abenteuern genutzt.

Black Horses, Black Deeds Diesmal ist es Marshal Cenric, der die Gefährten in Black Horses, Black Deeds auf eine Mission schickt. Während er selbst sich um einfallende Orks kümmert, sollen sie Banditen zur Strecke bringen, die mordend und pferderaubend durch seine Länder ziehen. Ihr Weg führt sie zuerst ins Dorf Stotfold, wo sie den „Überlebenden“ eines Überfalls, Berevir, befragen können. Diese etwas fragwürdige Gestalt war, was die Gefährten jetzt schon herausfinden können, der alte Anführer der Banditen, der nun Buße für seine Verbrechen tun will. Folgen sie seinen Hinweisen, mit oder ohne seine Begleitung, dann finden sie ein Hügelgrab, in dem ein Bandit, der versucht hat, es zu plündern, vor dem rachsüchtigen Geist eines Pferdeherren gerettet werden muss. Wenig später treffen sie auf zwei von Cenrics Spähern, die Hilfe dabei brauchen, finstere Händler im Dienst des Feindes auszuschalten, die die gestohlenen Pferde bei sich haben. Nachdem sie auf dem Weg weitere Späher aus einem Hinterhalt gerettet haben, finden die Gefährten letztlich das Lager der Banditen, einen alten Turm. Dort kommt es zum Finale, und der neue Anführer der Banditen muss geschnappt werden. Zum Schluss gilt es, zurück am Hof des Königs, über Berevirs Schicksal zu entscheiden.

Im Grunde ist dieses Szenario eine lange Verfolgung von Banditen, bei der immer wieder damit zusammenhängende Ereignisse stattfinden. Der Verlauf ist dabei nicht besonders originell, funktioniert aber. Die Szene mit dem Geist im Hügelgrab wirkt leider wie ausschließlich um der Abwechslung Willen eingebaut und hat mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun. Die Begegnung mit den Händlern des Feindes ist auch nicht besonders gut dargestellt. Kampf wird als einzige Option geliefert, obwohl gerade hier Diplomatie spannend wäre. Insgesamt überzeugt Black Horses, Black Deeds weniger.

Below the Last Mountain Zu Beginn von Below the Last Mountain treffen sich Éogar und Cenric endlich in der Westfold, um auf Befehl des Königs ihre Fehde zu beenden. Doch die Situation wird unterbrochen, als eine Reiterin von Dunlendings berichtet, die in großer Zahl ins Land kommen. Als neutrale Partei werden die Gefährten losgeschickt, um mit Männern beider Anführer die Eindringlinge zu beobachten. Schnell stellt sich heraus, dass die Dunlendings Flüchtende sind, keine Plünderer. Orks haben sie vertrieben und Sklaven genommen. Die Gefährten müssen diese Gefahr beseitigen, gleichzeitig aber darauf achten, dass die Reiter auf dem Weg keine Dunlendings abschlachten. Nach einer harten Verfolgung durch die Berge, die einige Ablenkungen und Schwierigkeiten bietet, kann die Gruppe die Orks einholen. Nach einem harten Kampf sind die Sklaven hoffentlich befreit. Nicht nur die Gruppe der Gefährten hat diese Orks verfolgt, sondern auch einige Krieger der Wulflings, ein Volk mit Blut von Rohirrim und Dunlendings in seinen Adern. Diese können zu Feind oder Freund werden. Doch gab es nicht nur eine Gruppe Orks. Eine zweite, weit größere ist auf dem Weg zu den Gefährten, und es heißt sich ihnen entgegenzustellen oder mit den Befreiten zu fliehen.

Wie im vorherigen Szenario geht es hier um die Verfolgung von Feinden. Doch Below the Last Mountain macht es meiner Meinung nach deutlich besser. Die Begegnungen auf dem Weg wirken organischer, die ganze Mission wichtiger, und generell kommt mehr Spannung auf. Gut gefällt auch, dass der Anfang auf vergangene Entscheidungen eingeht, auch wenn dies keine großen Auswirkungen hat. Und die Taten in diesem Szenario beeinflussen die Vorgänge der Zukunft.

The Woes of Winter Zu guter Letzt soll in The Woes of Winter endlich die Hochzeit von Mildryd und Esmund in Edoras stattfinden und damit die Fehde der Marshals endgültig beendigt werden. Als mittlerweile Vertraute des Königs sollen die Gefährten in der Stadt dafür sorgen, dass sich die Parteien im Vorfeld nicht an die Gurgel gehen. Keine leichte Aufgabe, zumal ein Mord geschieht und auch das Pferd der Braut durch Betrunkene zu Tode kommt. Als die Nachricht einer einfallenden Horde aus Orks und Dunlendings Edoras erreicht, müssen die Gefährten mit dem König ein weiteres Mal die Marshals zur Ordnung rufen. Mit den Gefährten, die hoffentlich viele Verbündete gesammelt haben, kommt es zu einer entscheidenden Schlacht gegen einen mächtigen Orkhäuptling, die das Schicksal der Mark über Jahre prägen wird.

Das Finale bietet einiges an Abwechslung, da es sich im ersten Teil mit der Hochzeit beschäftigt, bis dann unerwartet eine große Gefahr auftaucht. Beides ist gut beschrieben und unterscheidet sich deutlich von den anderen Abenteuern in diesem Band. Wenn gut umgesetzt, kann es wirklich ein krönender Abschluss dieser Kampagne sein.

[/spoiler]

Der Anhang Als Anhang gibt es eine einseitige Übersicht mit NSC, die in den einzelnen Abenteuern vorkommen. Durchaus praktisch.

Den größeren Teil bilden sechs vorgefertigte Charaktere, drei weibliche und drei männliche, die direkt für die Abenteuer verwendet werden können. Es sind allesamt Rohirrim, wie für die Kampagne empfohlen, die aber deutlich unterscheidbar sind und alle illustriert wurden.

Erscheinungsbild Am Layout der TOR-Publikationen gab es bisher kaum etwas zu beanstanden, und das ändert sich auch hier nicht. Der zweispaltige Text ist gut lesbar und wird immer wieder durch Textkästen oder Illustrationen aufgelockert. Letztere sind ganz ausgezeichnet und unterstreichen die Abenteuer gut. Gerade die Bleistiftzeichnungen, die es für NSC gibt, gefallen mir sehr. Im PDF laden die Seiten zügig, wenn man den Zoom nicht zu groß einstellt.

Bonus/Downloadcontent In der PDF-Version sind die Karten, die sich normalerweise im Einband befinden, gesondert als PDF beigefügt. Eine davon zeigt die Wege, die die Gefährten in den Szenarios mutmaßlich nehmen werden.

Fazit Wie macht sich der Band Oaths of the Riddermark insgesamt? Ganz gut, finde ich! Nur eines der Abenteuer muss man als Totalausfall bezeichnen: An Blood in the Snow stimmt fast nichts. Nachdem ich den Band zu Ende gelesen habe, ist mir allerdings klar, dass dieses Szenario ein reiner Lückenbüßer ist. Es sollte wahrscheinlich die Seitenzahl erhöhen, wird aber in keinem anderen Abenteuer referenziert. Der Rest ist mindestens solide, meistens aber sehr gelungen. Gerade Wrath of the Riders ist wirklich toll. Ein Szenario, das ich unbedingt einmal spielen möchte!

Meiner Meinung nach entfalten Abenteuer ihre Wirkung erst, wenn man sie als Kampagne spielt. Dazu hätte man sich bessere, direktere Verknüpfungen gewünscht, aber eine halbwegs erfahrene SpielleiterIn wird da keine wirklichen Probleme haben.

Letztlich ist dieser Band für alle etwas, die erstens Rohan-Fans sind und zweitens Abenteuer mit hohem Politik- und Diplomatieanteil mögen. Wer sich darin wiederfindet, kann auch bei dem recht hohen Preis zugreifen. Eine Kampagne von der Wirkungsmacht eines The Darkening of Mirkwood ist es nicht, aber das Hauptthema, die Beendigung der Fehde zwischen dem Second Marshal Éogar und dem Third Marshal Cenric, wird gut abgehandelt.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
The One Ring - Oaths of the Riddermark
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Xas Irkalla
Verlag: Atramentis Games
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 08/02/2018 05:57:15

https://www.teilzeithelden.de/2018/08/02/ersteindruck-xas-irkalla-nur-der-tod-ist-real/

Du erwachst verwirrt in einer kargen Ödnis. Erinnerungen an dein altes Leben flackern durch deinen Verstand. Kaum hast du dich orientiert, hetzen dir vier Männer in schwarzen Roben entgegen. Scharfe Klingen schwingend heißen sie dich willkommen in Irkalla – dem Ort ewiger Prüfungen und ewiger Verdammnis.

Xas Irkalla ist ein düsteres Rollenspiel, das den Überlebenskampf in einer gnadenlos feindlichen Umgebung in den Vordergrund rückt. Die Charaktere erwachen nackt und verwirrt inmitten der Spielwelt. Ihnen ist klar, dass sie einst ein anderes Leben führten, aber nun müssen sie in der bizarren Welt von Irkalla überleben.

„Die wichtigsten Inspirationen für diese Spielwelt“, so Designer James Vail, „sind Cormac McCarthys The Road, satanischer Black Metal und das alte Mesopotamien. Dies“, so fährt er fort „ist keine weitere düstere Fantasy, inspiriert durch Tolkien, Lovecraft oder Martin. Dies ist ein Survival-Horror-Rollenspiel in Reinform.“

Die Spielwelt Irkalla ist eine Welt jenseits aller bekannten Welten. Ein lebensfeindlicher Ort, dünn besiedelt und verrottend. Es gibt tödlich kalte Wüsten, karge Wälder, vulkanische Berge und andere unwirtliche Gegenden. Wer in Irkalla landet, ist dazu verdammt, dort zu sterben – und wahrscheinlich wird es kein natürlicher Tod sein.

[spoiler]

Die Spielercharaktere sind Gestrandete in Irkalla. Sie sind die letzten Überlebenden ihrer Heimatwelt, die, so werden sie irgendwann realisieren, nichts als nur der Traum eines schlafenden Psionikers war, der in Irkalla ruhte und dort verstarb. Eine Laune dunkler Götter hat sie überleben lassen und an einen obszönen Ort jenseits aller kosmischen Gesetze gebracht

[/spoiler]

Unvermittelt und ohne zu wissen, wie sie dort gelandet sind, erwachen die Spielercharaktere in Irkalla. Immerhin, sie sind nicht alleine, sondern beginnen ihre Reise gemeinsam. Schnell stellen sie fest, dass ihre Umgebung ihnen feindselig gegenübersteht. Gejagt von erbarmungslosen Bestien oder gefangen in fallengespickten Labyrinthen müssen sie sofort beweisen, dass sie es würdig sind, zu überleben.

Stoßen sie auf andere humanoide Bewohner, werden ihre Schwierigkeiten vermutlich noch größer. Menschenfleisch ist ein begehrtes Nahrungsmittel in Irkalla, in dem so gut wie keine Pflanzen wachsen und Tiere eine gefährliche Beute sind. Vielleicht stoßen sie auch auf Sklavenjäger, die sie in eine der tristen Städte zerren und dort verkaufen oder zum Kampf in die Arena schicken.

Im Schatten enigmatischer und vielgestaltiger Kolosse winden sich wimmernde Massen in den verfallenden Zentren des verfluchten Irkalla. Wer seine Freiheit behaupten möchte, sucht sein Heil in der tödlichen Wildnis, schließt sich vielleicht anderen Überlebenden an. Doch feindliche Stämme ziehen durch die Lande, kämpfen um die wenigen Wasserlöcher oder halbwegs fruchtbare Wiesen. Der Kampf ums Überleben ist endlos.

Ihr merkt es vielleicht schon: Xas Irkalla ist anders als andere Rollenspiele. Mögliche Abenteuer sind hier nicht heroische Questen oder riskante Aufträge, sondern stets der Kampf ums eigene Überleben. Die Spielwelt ist ein Ort, an dem es keinen endgültigen Sieg und kein Happy End geben kann.

Die Beschreibung der spärlichen Zivilisationen ist zudem gespickt mit okkultistischen Begriffen. Die Charaktere, sofern sie denn lange genug überleben, können tief in die Mysterien dieser Welt eintauchen. Sie können Fähigkeiten erwerben, die sie den schlafenden Architekten von Irkalla ähnlich werden lassen. Wer weiß, eines Tages mögen sie vielleicht selbst einmal in ihren Träumen Welten erschaffen oder Irkalla gestalten.

Die Regeln

Xas Irkalla funktioniert nach den Strain-Regeln. Das bedeutet, dass ein narrativ ausgerichtetes und schlankes Regelwerk durch das Spiel führt. Einzige Ausnahme sind die detaillierten und simulativen Kampfregeln, die allerdings auch in diesem Fall nur vier Seiten in Anspruch nehmen.

Eine interessante Ergänzung sind die Regeln zum Aufbau und der Pflege einer Siedlung. Sollten die Charaktere sich tatsächlich einer Gruppe Überlebender in der Wildnis anschließen, können sie anhand der vorhandenen Regeln Einfluss auf die weitere Entwicklung der Siedlung nehmen. Bis ins kleinste Detail gehen die Regeln aber nicht, sondern dienen nur dazu, den Spielern die Möglichkeit zu geben, zumindest ein bisschen das Schicksal ihrer Nichtspieler-Gefährten zu beeinflussen.

Seiner Spielwelt entsprechend sind auch die Regeln für den individuellen Überlebenskampf gut ausgearbeitet. Gute Ausrüstung und magische Artefakte können das Zünglein an der Waage sein, um im ewigen Kampf zu bestehen. Prinzipiell ist Xas Irkalla auch ohne das Strain-Regelbuch spielbar, aber zum besseren Verständnis der Regeln ist es natürlich hilfreich.

[spoiler]

Wie oben angedeutet, können es die Spielercharaktere durch wachsende Erfahrung und die richtigen Artefakte schaffen, überdurchschnittlich mächtig zu werden. Sie werden dann selbst zu einem der ewig schlafenden Architekten und verlassen das normale Spiel damit. Mithilfe ihrer neuen Kräfte, können sie aber Irkalla selbst beeinflussen und eigene Untertanen zu sammeln. Darauf, wie genau das am besten am Spieltisch umzusetzen ist, sollte nur einer der Charaktere diesen Status erlangen und die anderen Gruppenmitglieder nicht, geht das Regelwerk leider nicht ein.

[/spoiler]

Charaktererschaffung Die Charaktererschaffung soll schnell gehen und funktioniert nach dem Zufallsprinzip. Anhand von Tabellen wird bestimmt, welchen Hintergrund die Charaktere haben. Ob sie von einer primitiven Welt auf Steinzeitniveau stammen, oder in einer hoch technologisierten Raumfahrergesellschaft aufgewachsen sind, ob sie in ihrem früheren Leben abgestumpfte Kämpfer oder idealistische Denker waren.

Dadurch ergeben sich natürlich schnell interessante Konstellationen in der Gruppe, die sich anfangs ja erst einmal zurechtfinden muss. Für Rollenspielneulinge kann das natürlich schnell überfordern wirken, denn irgendwie müssen sie die zufällig zusammengesetzten Begriffe irgendwie mit Leben füllen. Alternativ kann man sich natürlich auch selber anhand der Tabelle einen eigenen Hintergrund basteln.

Ansonsten ist die Charaktererschaffung unkompliziert und kommt mit wenigen Werten aus. Das Vermitteln der Spielwelt steht im Vordergrund, die Regeln und – passend zum gnadenlosen Irkalla – auch die einzelne Spielfigur nehmen angesichts der beschriebenen Hoffnungslosigkeit nur eine geringe Rolle ein, weswegen diese Gewichtung nur konsequent ist.

Erscheinungsbild Das Artwork ist im schlichten Schwarz-Weiß gehalten, was die triste Stimmung der Spielwelt gut transportiert. Auch die dargestellten Motive geben bereits beim Durchblättern einen guten Eindruck davon, was den Spieler erwartet. Wesen aus düstersten Alträumen schreiten durch öde Landschaften und wandeln im Schatten monumentaler Bauten, untote Magier vollziehen antikosmische Riten in finsteren Grüften.

Nicht jedes Bild glänzt durch Qualität, aber insgesamt wird Irkalla anschaulich dargestellt. Trotz aller Gewalt in der Spielwelt gibt es keine explizite Darstellung von Splatter- oder Gore-Szenen, dafür eher verstörende Illustrationen, die ihren Schrecken aus der Fremdartigkeit ihrer Motive ziehen.

Fazit Xas Irkalla ist ein Rollenspiel für eine ganz bestimmte Zielgruppe. Der düstere Hintergrund und die Gewissheit, trotz eines erfolgreichen Abenteuers eigentlich keinen echten Sieg errungen zu haben, sind sicher nicht jedermanns Sache. Wer aber Spaß an beinharter Survival-Action und verstörenden Horror-Elementen hat, wird hier vollauf bedient.

Diese Andersartigkeit bietet Wiedererkennungswert, macht den Einstieg aber ein bisschen sperriger, als bei anderen Rollenspielen. Zumindest der Spielleiter muss sich intensiv mit der Welt beschäftigen und eine gewisse Menge an okkultistischen Fachbegriffen wälzen, um sie ganz zu erschließen. Eine kompaktere Übersicht über die Spielwelt Irkalla wäre da sinnvoll gewesen, das Buch geht aber meistens direkt ins Detail.

Ob langfristige Kampagnen mit Xas Irkalla umsetzbar sind, ist nach dem ersten Eindruck schwer einzuschätzen. Wer aber gerne einmal mit seiner Gruppe eine düstere Alternative testen möchte, bekommt direkt zwei stimmungsvolle Abenteuer im Grundregelwerk serviert, die einen guten Überblick darüber geben, was die Spieler erwartet.

Da die digitale Version auch für schmale Geldbeutel erschwinglich ist, kann man eigentlich ohne Bedenken zugreifen – zumindest dann, wenn einen die Beschreibung nicht abschreckt. Wer am Setting gefallen findet, mit Strain vertraut ist und ähnlich getaktete Mitspieler hat, wird mit Xas Irkalla einige spannende Spielstunden erleben.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Xas Irkalla
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Pathfinder Ausbauregeln X: Wildnis (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 08/02/2018 03:46:55

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/25/ersteindruck-ausbauregeln-x-wildnis-pathfinder-wildnis-feen-und-druidentum-in-golarion/

Ausbauregeln X für Pathfinder: Die Wildnis, Feenwelten und Druiden. Sind das nur wieder neue Archetypen, Zaubersprüche und Gegenstände? Braucht man wirklich einen zehnten Band der Ausbauregeln, oder gibt es wirklich noch Hintergrundansätze und Regeln, die das Spiel tatsächlich noch bereichern? Alles nur noch Routine, oder echte Inspiration und sinnvolle Regeln?

Mit dem zehnten Band der Ausbauregeln hängt die Latte ziemlich hoch. Paizo als englischer Hersteller hat mit diesem Format sehr viel Routine, doch das birgt die Gefahr, einfach nur das Programm in neuer Variation abzuspulen. Paizo muss sich gehörig anstrengen, um aus dem bequemen Muster auszubrechen und wirklich neue und vor allem sinnvolle Impulse zu setzen, um einen weiteren Band noch zu rechtfertigen. Ulisses muss all dies sauber umsetzen.

Charaktererschaffung Ausbauregeln X: Wildnis beginnt – typisch für Pathfinder-Ausbauregeln – mit einem umfangreichen Kapitel zu neuen Charaktererschaffungsoptionen, die den Fokus auf das Thema des Bandes legen, in diesem Fall Wildnis und Feen.

Zunächst werden drei neue Völker vorgestellt:

Gathlaine sind quirlige Feenwesen, die an Bäumen geboren werden, launenhaft sind und gerne Streiche spielen. Ghorani sind Pflanzenwesen, die einst in einem Krieg vom Druiden Ghorus erschaffen wurden und einen riesigen Nachteil haben: Sie sind so schmackhaft, dass andere Humanoide sie so gerne essen wollen, dass Ghorani sogar Nachteile bei Kampfmanövern bekommen. Immerhin können sie das Talent Schmackhafte Finte erlernen und gegebenenfalls als Alchemist mit der übernatürlichen Fähigkeit Bittere Pille diesen Aspekt negieren. Rankenlesniks schließlich sind kleine, beschworene Pflanzenwesen, die aber nun auch als spielbares Volk dienen.

Rankenlesniks Neben der üblichen Beschreibung wie im Grundregelwerk werden jeweils – auch typisch Ausbauregeln – alternative Volksmerkmale, Optionen zur bevorzugten Klasse und zu diesem Volk passende Archetypen vorgestellt, neue volksspezifische Talente und Zauber und neue Ausrüstungsgegenstände.

Insgesamt werden dadurch natürlich die Charakterbaumöglichkeiten erweitert. Die Ghorani stellen eine Rolle dar, die es so noch nicht gibt, die Gathlaine hingegen sind von der Rolle am Spieltisch her den Halblingen und Gnomen sehr ähnlich, lediglich mit anderen regeltechnischen Details.

Mit dem Formwandler schließlich erwartet uns eine neue Charakterklasse, die mit den Druiden zusammenarbeitet – sogar Druidisch spricht – und sich ganz oder teilweise in Tiere verwandeln kann. Durch die Verbindung zum Druidentum wird nicht nur eine neue kampforientierte Charakterklasse eingeführt, die nicht über immer neue, stärkere Waffen funktioniert, sondern außerdem auch rückwirkend der Druide aufgewertet, der nun durch den Bezug zu einer anderen Klasse mehr inhaltliche Kontur erhält.

Nun folgt eine große Vielfalt an Archetypen, auch für den hier vorgestellten Formwandler, die sich in anderes als Tiere verwandeln, wie Scheusalwandler, Schlickwandler und Elementarwandler, neue Schutzherren für Hexen etc.; dies folgt insgesamt routiniert dem Standard, den andere Ergänzungen gesetzt haben, vielleicht etwas zu routiniert. Teils wäre ein Verweis, wo die zugrunde liegende Charakterklasse zu finden ist, auch hilfreich gewesen. Spannend fand ich den Archetypen des Menhirhüters (Mönch), der erstmalig seit DnD 3.0 die Charakterklasse Mönch für mich interessant gemacht hat, da er radikal aus dem ostasiatischen Kampfkunstthema des Mönchs ausbricht und die Heiligtümer der Druiden bewacht (und dann auf Abenteuer auszieht).

Auch dadurch wird erneut das Druidentum hervorgehoben, so dass ein eigener druidischer Kontext entsteht, in dem sich mehrere Charaktere mit unterschiedlichen Klassen bewegen können.

Dem schließt sich eine große Menge an auf Wildnis und Feen bezogenen Talenten an, z. B. (Verbesserter/Mächtiger) Bestienjäger, Feenverständnis, Sprache der Tiere oder Wolfskind, auch speziell für die Charakterklasse Formwandler oder die enthaltenen Archetypen, Kampfstile für Mönche und anderes.

Häufig wird auf andere Werke verwiesen, wo erwähnte Zauber oder Tiere zu finden sind, was meistens unproblematisch ist, da das meiste bei http://prd.5footstep.de/ verfügbar ist, aber eben nicht alles: Ab Monsterhandbuch V ist man auf andere Quellen, wie z. B. den käuflichen Erwerb der Bücher, angewiesen. Im Wesentlichen ist aber fast alles ohne Mehrkosten nutzbar.

Die Spielwelt Bei Ausbauregeln ist natürlich keine umfangreiche Spielweltbeschreibung zu erwarten, schließlich ist Pathfinder das d20-Universalregelwerk für zahllose andere Welten als Golarion. Dennoch gibt es durchaus Material zur Spielwelt.

Mit der Ersten Welt wird auf die Feenwelt als Übergang zwischen der Ebene der Positiven Energie und der Materiellen Ebene eingegangen. Diese ist gewissermaßen der göttliche Skizzenblock der Materiellen Ebene: Die Götter wollten die Energie der positiven Ebene durch die Erfahrungen eines begrenzten, sterblichen Lebens filtern, um so das Große Jenseits zu formen. In der Ersten Welt als Rohentwurf erprobten sie die Naturgesetze, bis sie ein stimmiges Konzept entwickelt hatten. Danach überließen die Götter diese „Petrischale“ sich selbst, so dass sich die Erste Welt selbstständig weiterentwickelte. Charmanterweise ließen die Autoren ausdrücklich offen, ob dies stimmt oder ein Märchen ist. Dennoch bindet die – mögliche – Rolle der Ersten Welt als göttliches Experimentierfeld diese exakter in die Kosmologie von Pathfinder ein: Diese Welt ergibt innerhalb des Hintergrundes nun mehr Sinn, die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Ebenen, auch die Funktion der Materiellen Ebene für den Kosmos, treten schärfer hervor.

Magie durchdringt die Wildnis Bei der Ersten Welt werden viele Klassiker der Feenwelten abgedeckt, wie ungleichmäßiger Zeitfluss, stärkere, intensivere Farben und Gerüche; Feenwesen kennen aufgrund der Nähe zur Ebene der Positiven Energie den Tod nicht, weil sie sehr rasch wiedergeboren werden, und begreifen den Tod sterblicher Besucher nicht.

In diesem Bereich gibt es wenig Neues, das über den Begriff „Feenwelt“ und das, was damit zusammenhängt, hinausgeht. Mehr konkrete Details zur Welt als solcher hätten dieses Kapitel nutzbringender gemacht.

Mit dem Grünen Glauben als Religion wird ein weiterer Spielweltbestandteil eingeführt. Dies ist ein vom Druidentum geprägter Glaube, der anthropomorphe Götter ablehnt. Entsprechend des gleichnamigen Druidenzaubers glaubt man hier an die Wiedergeburt, akzeptiert aber neben den Druiden auch andere Zauberkundige als Priester, etwa Hexen als arkane Zauberer, da sie ihre Macht aus einer externen Quelle schöpfen. Die Priester sind in Druidenorden organisiert, mit neun Weihegraden und entsprechenden Titeln wie Erzdruide und Großdruide für besonders hochrangige Druiden.

Die Einbindung anderer Charakterklassen in den Kult wird auch thematisiert, z. B. Barbaren als Laienmitglieder und Hexenmeister, die von konservativen Strömungen nicht als Priester anerkannt werden, was wiederum zum Teil Plotansätze generiert.

Zuletzt gibt es noch zwei weitere Archetypen, die direkt auf den Grünen Glauben speziell und nicht nur das Druidentum allgemein Bezug nehmen.

Die schon begonnene Linie, das Druidentum weiter auszuschärfen, erreicht hier ihren Höhepunkt im Buch. Mit diesem Kapitel wird das Druidentum zu mehr als einer Grundklasse: Aus einer von zwei expliziten Wildnisklassen des Grundregelwerkes wird eine Religion mit ausgearbeitetem Kult, der Einbindung anderer Klassen etc. So wird hier eine Fülle von Ansätzen geschaffen, überhaupt eine SC-Gruppe in die Wildnis zu führen, sei ein Orden des Grünen Glaubens eine NSC-Fraktion, seien die Spielercharaktere als Druiden, Menhirhüter, Formwandler und Hexe selbst Teil des Grünen Glaubens. Das Buch legitimiert sich hier selbst und schafft seine eigene Anwendungsmöglichkeit.

Die Regeln Anschließend gibt es wieder Regeln zur Wildnis, zunächst Spielleitungsregeln, die die Einbindung der Wildnis in Szenarien behandeln.

Erkundungsregeln regulieren, ob und wann die Spielercharaktere bei einer längeren Erkundung gesuchte und unbekannte Örtlichkeiten entdecken. Dabei werden in täglichen Proben Erkundungspunkte (EnP) angesammelt, die dann bei einer konkreten Suche ausgegeben werden, wobei man auch wieder Punkte verliert, wenn man zu wenige EnP eingesetzt hat. Die Menge der benötigten Punkte, die Schwierigkeit der Erkundungsproben und der durchschnittliche Herausforderungsgrad der Zufallsbegegnungen wird durch den Herausforderungsgrad des Gebietes dargestellt. Spätestens jetzt hat Pathfinder ausdrückliche Level Zones.

Abgeschlossen wird dies durch das Anwendungsbeispiel der Weißen Schlucht auf HG5. Hier wird das, was Druiden und Waldläufer zumeist in Szenarios machen, detaillierter ausgestaltet. Aus einer einfachen Probe auf Überlebenskunst, ob man den Eingang zum Dungeon in den Ruinen von XY findet, wird ein ganzes Abenteuer, die Probe wird gestreckt und schafft so Raum für weitere Ereignisse, Begegnungen und damit Handlung.

Der Feentrickster - Einer der neuen Archetypen Anschließend folgt ein Kapitel zu Gefahren und Katastrophen, bei denen die Wildnis als solche als Gefahr auftritt, unter anderem mit Vulkanausbrüchen, Erdbeben, dünnem Eis und Dornengestrüpp, alles mit entsprechenden Rettungswürfen versehen, wie man es von Ausbauregeln gewohnt ist. Dazu kommen gefährliche Pflanzen wie Vampirorchideen, wunderschöne Blumen (natürlich sind sie wunderschön!), die einen in tiefen Schlaf versetzen und töten.

Danach folgen einige Unterkapitel dazu, was man in der Wildnis machen kann, wie Kräuter sammeln, Gift gewinnen, Trophäen aus Monstern gewinnen etc. Gerade Letzteres ist interessant, weil z. B. darauf eingegangen wird, was man mit dem Herz eines erschlagenen Dämons anfangen kann und warum es so wertvoll ist. Die Spielercharaktere können sich also alleine zur Bereicherung in die Wildnis begeben, weil dort etliche Rohstoffe und Schätze auf sie warten.

Dadurch entstehen weitere Gründe für SC, die Wildnis aufzusuchen, die Menge der Handlungsmöglichkeiten wird funktional erweitert. Aus der Wildnis wird mehr als ein Ort, den man durchquert, um das Ziel der Quest zu erreichen: Die Wildnis selbst bietet Quests.

Insgesamt schlägt hier die große Stunde der Fertigkeit Überlebenskunst, die nun eine enorme Menge an Anwendungsmöglichkeiten erhält.

Das Kapitel „Zauber der Wildnis“ enthält überraschenderweise nicht neue Zauber – das Kapitel folgt später –, sondern erläutert die Anwendung bekannter Zauber etwa aus dem Grundregelwerk in der Wildnis, unter welchen Umständen beispielsweise ein Zauber niedrigen Grades wie Wasser erschaffen nicht durch den hohen Wert in Überleben eines hochstufigen Charakters ersetzt werden kann. Ebenso erhält man als SL Tipps, wie man allzu einfache magische Problemlösungen in der Wildnis umgehen kann.

Danach folgt ein Kapitel mit Regelergänzungen zu Vertrautentieren und Tiergefährten. Dazu gehören etwa Ausrüstungsplätze je nach Körperform des Tieres, neue Tier-, Pflanzen- und Ungeziefergefährten, neue Vertraute, Archetypen für Vertraute und Tiergefährten wie Altkluger Gefährte oder Rabauke, schließlich neue Talente und Gefährtentricks für die tierischen, pflanzlichen und sonstigen Begleiter der Charaktere. Das sind vielfach zwar interessante Optionen, aber oftmals eher nachteilig: Man verzichtet z. T. auf nützliche Fähigkeiten des Tieres, um diese durch eine lustige, aber nicht nutzbringende Marotte auszutauschen. Hier bezweifle ich, dass viele Spieler das so umsetzen werden.

Wildnis kann viele Formen annehmen Im Kapitel „Zauber“ folgt nun doch eine sehr lange Liste an Zaubern, zunächst sortiert nach Zauberlisten für alle bisher veröffentlichten Zaubererklassen, anschließend die alphabetisch sortierte Beschreibung der Zauber, zudem Naturrituale, passend zu den okkulten Ritualen aus Ausbauregeln VII: Okkultes, z. B. Labyrinth der Wildnis.

Die Innovation hält sich hier in Grenzen. Dass es nach Bestiengestalt I-IV und Drachengestalt I-III nun auch Feengestalt I-IV gibt, ist nicht innovativ, auch wenn dies sicherlich der richtige Band für diese Zauber ist. Ich erwarte in kommenden Bänden Schlickgestalt und Scheusalgestalt.

Im Ausrüstungskapitel schließlich findet sich eine vielfältige Ausrüstung, jeweils nicht nutzlos – abgesehen von der Exkursionsausrüstung (Adliger), deren Nutzlosigkeit ausdrücklich betont wird –, vom Wanderstab (+10 % Marschleistung) bis zum Wildnisklettergeschirr (Klettern +5). Die Dunkelfeuerfackel, deren dunkelrotes Licht jenseits von 3 m nicht mehr wahrzunehmen ist, Weidenwurzelstiefel, die ihren Träger gegen Kampfmanöver am Boden verankern, magische Pflanzen wie der Feuerapfelbaum, dessen Äpfel nach dem Wurf explodieren, und andere ließen sich hier erwähnen.

Definitiv ist solch eine Liste zu erwarten, aber ab den zehnten Ausbauregeln wird es naturgemäß schwierig, noch wirklich innovative Gegenstände zu präsentieren.

Erscheinungsbild Das Erscheinungsbild entspricht dem gewohnten Pathfinder-Standard: Vollfarbiger Druck mit hochwertigen Bildern, saubere Gliederung einzelner Regelelemente im bekannten Format. Eine nennenswerte Menge an Rechtschreib- oder Formatierungsfehlern ist mir nicht aufgefallen, Ulisses hat hier sauber gearbeitet, aber natürlich bleiben 256 Seiten nicht fehlerfrei. Der Index ist umfangreich und sollte damit hilfreich sein.

Fazit Die Ausbauregeln X: Wildnis bieten zu einem großen Teil neue Optionen für die Charaktererschaffung. Das halbe Buch besteht aus Völkern und Archetypen. Neben einiger Routine – die neue Charakterklasse des Formwandlers erhält anstelle von Tieren als Verwandlungsmöglichkeit zu jeder Kreaturenart nach Monsterhandbuch einen eigenen Archetypen – werden nicht einfach alle Archetypen auf Wildnis bezogen, sondern oft auch auf Feenwesen. Der Bezug zum Druidentum zieht sich ebenfalls durch den ganzen Band und erhält mit dem Grünen Glauben nicht nur eine Religion, sondern einen echten kulturellen Kontext: Druiden werden über diesen Glauben und etliche Archetypen anderer Klassen zu einem großen Ganzen aufgewertet, was Druiden und die mit ihnen verbundenen Archetypen viel nutzbarer macht, als sie es für sich alleine wären.

Die Ergänzungsregeln zu Erkundungen und Rohstoffsuche und -verwertung in der Wildnis statten nahezu sämtliche Aktivitäten, die SC in der Wildnis ausüben könnten, mit passenden Regeln aus, welche sogar selbst den Anlass schaffen, in die Wildnis zu gehen.

Die Kapitel zu Zaubern und Ausrüstung folgen dagegen wieder routiniert dem üblichen Muster und wandeln vor allem viel Bekanntes ab.

Zwar füllen die schwächeren Teile des Buches das Gros der Seiten, aber da auch ich einzelne Archetypen, Gegenstände und Zauber interessant fand, gehe ich davon aus, dass andere Leser auch andere Archetypen etc. interessant finden werden, was ja auch die Funktion dieser Teile des Buches ist. Man darf einfach nicht erwarten, dass einen jeder Archetyp und Zauber vom Hocker hauen wird.

Die durchdachten Regeln zum Spiel in der Wildnis schließlich und das Gesamtkonzept der Aufarbeitung des Druidentums leisten insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung von Pathfinder: Die Wildnis hat nun weitaus mehr zu bieten als Monsterbegegnungen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition
Verlag: UFO Press
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 08/02/2018 03:30:31

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/30/ersteindruck-legacy-life-among-the-ruins-2nd-edition-ueber-leben-und-sterben-im-oedland/

Überleben jenseits der Zukunft: In Familien, Sippen oder Clans zusammengerottet und durch Glaube oder Ideologie aneinander gebunden, versucht die Menschheit, in den Gerippen einstiger Zivilisationen zu bestehen. Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition ist ein Rollenspiel, das über die Limitation einzelner Charaktere hinausgeht und eine erfrischend andere Perspektive anbietet.

Im August 2017 verkündete Autor James Illes, dass Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition erfolgreich auf Kickstarter.com gefundet wurde. Das ursprüngliche Ziel von 8.000,00 GBP (ca. 9.000,00 EUR) wurde hierbei um ca. 650 % überschritten: 1.713 Unterstützer investierten insgesamt 62.258,00 GBP (ca. 69.800,00 EUR). Nach etwas mehr als zweieinhalb Jahren nach der Veröffentlichung der ersten Edition von Legacy: Life Among the Ruins stand somit Nummer 2 in den Startlöchern.

Die Spielwelt Die Welt, wie sie früher einmal war, existiert nicht mehr. Wie sie aussah, wird in Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition (aus der Powerey-by-the-Apocalypse-Systemreihe) zu Beginn des Spiels von dem Spielleiter sowie den Spielern festgelegt. Art und Weise der früheren Welt haben ihre Auswirkungen auf das postapokalyptische Szenario, welches die Spielwelt darstellt. Die Überreste einer Welt, die wie unsere heutige gestaltet ist, bieten eine andere Grundlage als die einer Welt, die hochmodernisiert war oder sogar Magie oder fremdartige Wesen (z.B. Mutanten, Aliens) beheimatete. Indem das Grundregelwerk als Beispiele Film- und Videospielwelten hinzuzieht, entsteht ein lebendiger Eindruck von den Möglichkeiten, die zum Weltenbau Anwendung finden können.

Es werden viele Optionen vor allem hinsichtlich der Reste einer früheren Infrastruktur, eventueller Stromquellen und der überlebenswichtigen Ressourcen angeboten. Diese stehen im direkten Zusammenhang damit, ob und in welchem Umfang humane oder anderweitig organische und sogar synthetische Lebewesen existieren. Der Detailgrad der Möglichkeiten ist ausgereift, weitgreifende vorgefertigte Settings fehlen allerdings.

Die Regeln Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition ist ein narratives Rollenspielsystem mit einer flachen Regelbasis. Zum Spielen werden lediglich zwei sechsseitige Würfel sowie einige Übersichten aus dem Grundregelwerk in Kopie für alle Spieler benötigt, die für Sammler oder für Spieler, die es gerne übersichtlich haben, auch in Form einer 95-seitigen Handoutsammlung erwerbbar sind.

Die Eckpfeiler

Charakter- und Familienebene sind in der postapokalyptischen Spielwelt Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Die Grundlagen von Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es werden drei bis sechs Spieler benötigt, von denen einer die Rolle des Spielleiters übernimmt. Die übrigen Spieler übernehmen nicht, wie in vielen Rollenspielen üblich, die Rolle lediglich eines Charakters, sondern verkörpern eine ganze Familie bzw. eine anderweitig zusammengehaltene Gruppe von Lebewesen, die das Überleben innerhalb einer postapokalyptischen Welt anstrebt. Ziel ist es, alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen Spielern und den von ihnen gesteuerten Familien, den Gefahren der fernen Zukunft zu trotzen.

Die Handlungsbasis bilden zwei unterschiedliche Ebenen:

Charakterebene Familienebene

Die Ebene des Charakters („Zoom In“) beschreibt die Darstellung eines einzelnen Mitglieds der zu Beginn festgelegten Familie. Dies ist innerhalb von detaillierten Expeditionen empfehlenswert und erinnert an die klassische Interpretation des Pen & Paper-Rollenspiels. Charaktere verfügen über vier Attribute: Kraft („Force“), Wissen („Lore“), Überlebensinstinkt („Steel“) und Einfluss („Sway“). Charaktere leben nicht ewig. Fallen sie während einer Expedition oder im Laufe der Zeitalter, hinterlassen sie ein Erbe in Form eines Relikts. Wenn ein anderes Familienmitglied dieses bei sich trägt, erhält es einen Zug des verstorbenen Charakters hinzu.

Auf der Familienebene („Zoom Out“) finden Handlungen statt, die nicht eine einzelne Person, sondern das Konglomerat des Familienverbundes vornimmt. Dies ist z.B. zum (längerfristigen) Erforschen einer Sache oder zum kulturellen Austausch sowie dem Bilden politischer Bande sinnig. Familien verfügen über drei Attribute: Einflussbereich („Reach“), Macht („Grasp“) und Manipulation/Täuschung („Sleight“).

Zug um Zug Anstelle von Fähigkeiten oder Fertigkeiten stehen in diesem System sogenannte Handlungen oder auch Züge („Moves“). Jede Familie verfügt über einen Pool an Zügen, die entweder automatisch vorhanden sind oder aber aus einer Auswahl ausgesucht werden müssen, Das bedeutet, dass unterschiedliche Familien über unterschiedliche Züge verfügen. Dies verhält sich bei den Charakteren ähnlich. Alle möglichen Züge sind in Form von Übersichten innerhalb des Regelwerks aufzufinden.

Aufgabe des Spielleiters ist es, das Spiel voranzutreiben und die Spieler anzuregen, ihre geplanten Handlungen zu kommunizieren. Um diese umzusetzen, versuchen sie, einen geeigneten Zug aus dem zur Verfügung stehenden Pool herauszufiltern und eine Aktion zu vollziehen. Die Züge setzen sich zusammen aus dem Wurf zweier W6 zuzüglich eventueller Boni bzw. abzüglich entsprechender Mali durch die gewählte Familie oder den Charakter. Die Boni/Mali werden als Attribute („Stats“) angegeben, stellen aber keinen festen Wert dar, sondern stets den anzuwendenden Modifikator (z.B. -1, 0 oder +1).

Folgende Ergebnisse sind möglich:

Ergibt sich ein Wert von 6 oder niedriger, erleidet die ausführende Familie bzw. der Charakter einen Rückschlag. Der Spielleiter entscheidet, wie dieser aussieht. Ergibt sich ein Wert von 7 oder mehr, ist der Zug erfolgreich, zumindest anteilig. Negative Auswirkungen oder Begleiterscheinungen können auftreten. Bei einem Wert, der zwischen 7 und 9 liegt, liegt ein anteiliger Erfolg vor. Entweder war der Zug nicht vollends erfolgreich oder aber ist mit Kosten verbunden. Liegt der Wert über 10, so ist der Zug komplett erfolgreich. Der Spielleiter kann gestatten, dass derjenige, der die Probe abgelegt hat, etwas Neues dazulernt.

Befindet sich der Spieler im Vorteil, so kann er drei W6 würfeln und die beiden höchsten Werte auswählen. Ist er im Nachteil, muss er die beiden Würfel mit den niedrigsten Augenzahlen einsetzen. Die Definition einer Vor- oder Nachteilssituation erfolgt durch den Spielleiter.

Beispiel 1 – Züge auf der Charakterebene Ein Spielercharakter versucht, eine technische Gerätschaft, die die Aufmerksamkeit von Feinden erwecken könnte, abzuschalten. Der Spielleiter erkennt, dass dies am ehesten mit dem Zug Entschärfen („Defuse“) möglich ist. Hierbei handelt es sich um einen grundlegenden Zug, den jeder Charakter anwenden kann.

Der Charakter würfelt zwei W6 mit den Ergebnissen 3 und 4.

Zu dem Wert von 7 wird der Kraft-Bonus hinzugezählt, da dieser Zug in diesem Fall den Einsatz von physischer Kraft benötigt. Dies kann variieren – Entschärfen könnte auch, so beispielsweise beim Einsatz improvisierter Technik – mit dem Wissen-Modifikator verwendet werden. Diese Informationen sind in den Übersichten zu den (Charakter-)Zügen zu finden.

Der Charakter verfügt über den Kraft-Bonus von 1; das Gesamtergebnis der Probe ist 8. Dies ist ein anteiliger Erfolg. Der Spieler muss einen Effekt auswählen, der den Erfolg schwächt. Denkbar wäre die Galgenfrist („Temporary reprieve“), die zwar für den Moment Erfolg verspricht, allerdings das Abschalten der Gerätschaft nicht permanent macht. Der Charakter hat lediglich Zeit gekauft.

Beispiel 2 - Züge auf Familienebene Ein Spieler hat sich für das Familien-Spielbuch („Family playbook“) der Gesetzgeber des Ödlands („The Lawgivers of the Wasteland“) entschieden. Damit kann er den Familien-Zug des Ohrs am Boden („Ear to the ground“) nutzen. Innerhalb einer anderen, fremden Gesellschaft ermöglicht dieser es, dass eine Probe auf den Einflussbereich abgelegt wird. Je nach Art des Erfolgs kann die Familie so herausfinden, wo diese Gesellschaft ihr Versteck hat, wer ihre Verbündeten sind, wie gefährlich sie ist und was sie derzeit plant. Der Wurf gestaltet sich wie folgt:

Da breite Teile der Zivilisation in diesem Heimatland den Untergang überlebt haben, verfügen die Gesetzesgeber des Ödlands über einen Einfluss von 1. Es werden zwei W6 gerollt: Eine 4 und eine 5. Es entsteht ein finaler Wert von 10. Die Gesetzesgeber lernen damit drei Informationen hinsichtlich der oben benannten Beispiele.

Vom Haben und Wollen Eine exakte Auflistung von Inventar entfällt in Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition. Es wird davon ausgegangen, dass jede Familie etwa genug von allem hat, um zu überleben. Einige Dinge sind im Überfluss („Surplus“) vorhanden und können im Handel eingesetzt oder anderweitig abgegeben werden. Andere Dinge werden benötigt („Needs“). In diesem Kontext ist die Stimmung der Familie („Mood“) wichtig – sie indiziert das allgemeine Wohlgefühl der Familie. Der Wert der Stimmung berechnet sich aus der Relation von Überschüssen und Bedürfnissen. Er ist möglichst hoch zu halten, da so Vorteile zu erringen sind. Ein niedriger Wert hingegen bringt Nachteile mit sich.

Es kommen noch abstrakte Werte wie Handelsverträge („Treaties“), Technologie („Tech“) und Informationen („Data“) hinzu. Während besondere technische Gerätschaften sowie Informationen über das Ödland gesammelt werden können, um einen späteren Vorteil zu erbringen, ermöglichen Handelsverträge es, anderen Familien einen Gefallen abzuverlangen.

Die Ausrüstung einer Familie („Gear“) richtet sich nach den Vorgaben aus dem Familien-Spielbuch. Insgesamt gibt es sechs Kategorien, so u.a. das Waffenarsenal („Armoury“) und Fahrzeuge („Vehicles“). Möchte ein Spieler seine Figur auf der Charakterebene ausstatten, so zehrt diese von der vorhandenen Ausstattung seiner Familie.

Der Zahn der Zeit Wichtige Entscheidungen und Herausforderungen („Trials“) laufen über weite Zeitspannen, sogenannte Zeitalter. Ist eine solche geschafft und haben die Familien sich weiterentwickelt, leitet der Spielleiter ein neues Zeitalter ein und bewegt sich einige Jahre in die Zukunft. Hierbei reflektiert er die Entwicklung der dazwischenliegenden Jahre. Es gibt hierbei keine festgelegte Anzahl von Jahren, denkbar sind wenige Jahre, eine Genration oder ein Jahrhundert. Der Spielleiter orientiert sich hier an neuen Herausforderungen, die er zu bespielen plant.

Spielvorbereitung Zu Beginn des Spiels einigen sich die Spieler auf die Art des Szenarios bzw. auf ein sogenanntes Heimatland („Homeland“). Es werden drei grundsätzliche Heimatländer vorgestellt, welche allerdings modifiziert oder gar vermischt werden können. Je nach Art bieten sich unterschiedliche Familien mit stark variierenden Ideologien zum Spielen an.

Ruinen („Ruins“)

Die Welt, die den Spielern und ihren Familien voraus ging, erinnert an unsere heutige und wird vor allem Neulingen in diesem System empfohlen. Die Vorstellung, dass unsere moderne Zivilisation verfallen ist und zum Überleben ihr Gerippe geplündert wird, bildet die Spielgrundlage.

Echos („Echoes“)

Die Kulisse für "Echoes" bilden über ein Ödland verstreute Technologieartefakte. Die Welt vor dem Untergang war von technischen Wundern und Merkwürdigkeiten geprägt. Als Referenzen werden im Regelbuch u. a. Fallout und Horizon: Zero Dawn genannt.

Spiegel („Mirrors“)

Das dritte und letzte Homeland beschreibt eine Welt, die sich jenseits jedweder Normalität bewegt:  Mutanten und/oder Aliens existieren, es gibt magische oder telepathische Kräfte und seltsame Technologien ermöglichen Zeit- oder gar Dimensionsreisen. Als Beispiele dienen hier u. a. Terminator und The Planet oft the Apes.

Im Anschluss entscheidet sich jeder Spieler für eine Familie, die er oder sie darstellen möchte. Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition bietet insgesamt elf unterschiedliche Familien an, deren Grundlagen in den Familien-Spielbüchern zusammengefasst sind. Details zum Erstellen einer Familie sind unter dem Punkt „Familien- und Charaktererschaffung“ zusammengefasst.

Stehen die Grundlagen der Familien fest, wird das gewählte Szenario konkretisiert. Die Beantwortung der Fragen, wie die Welt war, bevor sie zu dem wurde, was sie nun ist und welche Technologien sie definierte, sind hierbei maßgebend. Natürlich sollten sich die Spieler auch Gedanken darüber machen, wie es zum Untergang der damaligen Welt kam.

Sind die benannten Grundprämissen festgelegt, erstellt jeder Spieler einen Charakter. Dieser begleitet den Spieler durch das erste Zeitalter und weist, wie bereits die Familie, spezielle Züge auf, die das Repertoire an Handlungsmöglichkeiten erweitern.

Neben den Würfeln werden weitere Dinge benötigt, ehe das Spiel beginnen kann: Jeder Spieler verfügt über ein Familien- und ein Charakter-Spielbuch („Family and Character playbook“) sowie die Übersicht über die grundlegenden Züge („Basic moves handout“). Alle Spieler verfügen über die gleiche Heimat, alle Informationen hierzu liegen demnach für alle offen einsehbar parat („Homeland sheet“).

Der letzte Schritt der Spielvorbereitung ist es, das erste Zeitalter zu beginnen.

Familien- und Charaktererschaffung Die Familien- und Charaktererschaffung unterliegt keinem Zufallsprinzip – es werden keine Würfel zur Generierung benötigt. Da alle Möglichkeiten innerhalb des Buches aufgelistet sind und den Spielern Kopien über die grundlegenden Züge ebenso wie über die Beschaffenheit der auswählbaren Familien und Charaktere vorliegen, ist die Charaktergestaltung zugänglich. Die Spieler müssen lediglich eine Auswahl von verschiedenen Möglichkeiten treffen und erschaffen so eine Familie bzw. einen Charakter. Das Powerlevel ist aufgrund des empfindlichen Gleichgewichts von Überschüssen und Bedürfnissen moderat und bedarf zur Steigerung im Laufe der Zeitalter viel Arbeit und auch Glück.

Generierung einer Familie Die Erstellung einer Familie beginnt mit der Auswahl eines Familien-Spielbuchs. Es schließt sich die Festlegung von Attributen, Traditionen etc. an. Auch Ressourcen und Kampf- sowie Verteidigungstaktiken sind festzulegen. Jede Familie weist eigene Zusammenstellung der wählbaren Aspekte bzw. Vorteile („Assets“) auf. Diese stehen im Einklang mit der individuellen (Über-)Lebensweise der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Die Schritte zur Familienerschaffung gestalten sich wie folgt:

Auswahl eines Familien-Spielbuchs Definition der Attribute Benennung der Traditionen Auswählen der Wahrzeichen Erzählen der Geschichte Vorstellung der Lehre/Doktrin Festlegung des Lebensstils Auflistung der Ressourcen (Überfluss, Bedürfnisse) Auswahl der Vorteile und Züge

Es folgen Beispiele für ausgestaltete Familienkonzepte:

Beispiel 1 -  Tech, Tech und nochmals Tech

Charakterbögen aus den Handout Sheets am Beispiel des "Synthetic Hive". Das Familien-Spielbuch der synthetischen Wabe („The Synthetic Hive“) wird innerhalb des Grundregelwerks als das vielleicht außergewöhnlichste Familienkonzept beschrieben. Es handelt sich hierbei um eine Spezies künstlicher Intelligenz in Form von modernen Maschinen. Technologie ist ihr größtes Interesse. Charaktere, die dieser Familie angehören, sind (in Teilen oder ganz) künstliche Lebensformen. Ihre Lebensweise und somit auch ihre Stärken und Schwächen richten sich nach ihrer Heimat und der darin beinhalteten Infrastruktur der Stromversorgung.

Beispiel 2 – Aus der Tiefe Die Pioniere der Tiefe („Pioneers of the Depths“) sind amphibische Kreaturen bzw. aquatische (möglicherweise genetisch modifizierte) Lebensformen oder Unterwassercyborgs. Sie sind anders als die Trockenländer und müssen sich demnach sehr auf die Charaktere verlassen, die in der Welt jenseits des Meeres agieren können. Wird das Heimatland von Flüssen, Seen oder sogar Meeren dominiert, ist der Einfluss der Pioniere größer.

Generierung eines Charakters Die Erstellung eines Charakters gestaltet sich ähnlich wie die einer Familie. Im ersten Schritt wird ein Charakter-Spielbuch gewählt. Dieses stellt die Grundlage des Charakters da; im entfernteren Sinne ist es eine Art Klasse/Profession. Im Anschluss werden die Attribute ausgewählt und mit den Boni der Familie zusammengerechnet. Aspekte des Aussehens sind in jedem Charakter-Spielbuch hinterlegt. Die Hintergrundstory und die Ausrüstung werden festgelegt und es kann aus einer Auswahl von Zügen gewählt werden. Weitere Besonderheiten – beispielsweise loyale Verbündete oder eine verbesserte Agilität – sind von Charakter zu Charakter unterschiedlich. Auch weitere Definitionen von Fähigkeiten/Eigenschaften sind individuell gehalten. Interessant ist an dieser Stelle auch die Schadenübersicht (“Harm boxes“) – das Erleiden von Schaden hat je nach Charakterart andere Auswirkungen.

Beispiel 1 -  Der Überlebenskünstler Der Überlebenskünstler hat vieles gesehen und noch viel mehr durchlebt. Das hat ihn zu jemandem gemacht, der für die Erreichung seiner Ziele und der seiner Familie brutal und direkt vorgeht. Denkbar wäre ein Agent, dessen primäres Ziel des Beschützens einer oder mehrerer Personen ist, oder ein Rebell, der in der momentanen Entwicklung seiner Familie Gefahr sieht, und sie auf den richtigen Weg zu führen versucht.

Beispiel 2 – Menschmaschine Die Maschine verfügt über einen künstlichen Körper, weist allerdings einen eigenständig denkenden Verstand auf. Ein mögliches Charakterkonzept wäre ein Abgesandter, der für Expeditionen ausgewählt wird, deren Regionen für organisches Leben nicht ausgelegt sind. Ein anderes Beispiel wäre der Außenseiter, der Erfahrungen gesammelt hat, die die Möglichkeiten eines organischen Verstandes überschreiten – dieses Wissen bereichert den Charakter, schottet ihn aber auch ab.

Generierung eines Schnellcharakters Schnellcharaktere („Quick Characters“) erfüllen eine unterstützende Funktion Sie werden dann erstellt, wenn der Spieler eine spezielle Handlung ausgespielt wissen möchte, in die andere Hauptcharaktere aber nicht involviert sind. Eine andere Möglichkeit ist, sie zu erstellen, wenn einer der Spielercharaktere verstirbt, der Spieler selber aber die aktuelle Expedition weiter begleiten möchte. Sie basieren auf einer vereinfachten Version der Charakter-Spielbücher.

Erscheinungsbild Sowohl das Cover des Regelwerks als auch die Seiten selbst werden von warmen Braun- und Orangetönen dominiert. Ein Großteil der enthaltenen Artworks geben den Blick frei auf die Welt, wie sie in Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition sein kann. Die Darstellung von Überlebenden im postapokalyptischen Szenario findet zumeist im vordergründigen Abschnitt der Bilder statt; der Hintergrund wird von beeindruckenden Landschaften und/oder drohenden Gefahren wie fremdartigen Kreaturen eingenommen. Neben diesem wiederkehrenden Motivaufbau gibt es jedoch auch andere Illustrationen, die die Eintönigkeit unterbrechen.

Die insgesamt 305 Seiten lassen sich aufgrund des aufgeräumten Seitenlayouts und der abwechslungsreichen Textgestaltung gut lesen. In Ergänzung zum Inhaltsverzeichnis stellen der enthaltene Index sowie das Glossar beim Zurechtfinden im Regelwerk eine große Hilfe dar. Dies vor allem deswegen, weil Verweise auf andere Abschnitte bzw. Seiten im Buch rar gesät sind. Ein Problem, welches beim ersten Lesen sehr tiefgreifend ist – ein Verstehen der eingangs erfassten Basisregeln ist demnach schwerlich ohne umfangreiches Blättern und Suchen möglich.

Fazit Zusammenfassend lässt sich Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition als ein erfrischend anderes postapokalyptisches Rollenspiel mit narrativem Schwerpunkt beschreiben. Der Wechsel von Charakter- auf Familienebene und zurück ermöglicht es, Geschehnisse innerhalb der Spielwelt von verschiedenen Standpunkten aus zu erleben und zu beeinflussen. Die Langfristigkeit von Entscheidungen im Spiel gewinnt besonders an Wert und das Überleben im Ödland wird zur Aufgabe ganzer Generationen.

Der hier gewonnene Ersteindruck basiert auf der Lektüre des Regelwerks, auf der beispielhaften Generierung mehrerer Familien- und Charakterkonzepte sowie auf dem Ausprobieren einiger systemtypischer Proben. Dank der vorhandenen Übersichten der möglichen Züge und der Einfachheit des Würfelsystems ist die Regelbasis sehr zugänglich. Dies gilt auch für die Familien- und Charaktergenerierung,

Negativ fallen die oftmals fehlenden internen Verweise innerhalb des Regelwerks aus Zwar wird dieses Manko durch Inhaltsverzeichnis, Index und Glossar abgefangen, bereitet jedoch vor allem beim ersten Lesen Schwierigkeiten. Obwohl die Gestaltung des Regelwerks elegant ist und zum Lesekomfort beiträgt, erweckt die Nutzung sehr ähnlicher Bildmotive den Eindruck von Eintönigkeit.

Insgesamt stellt Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition ein solides Rollenspielkonzept mit einer guten Portion Abwechslung dar. Die Vermittlung der simplen Regelbasis ist innerhalb des Regelwerks nicht optimal geregelt, erschließt sich demjenigen, der bereit ist, sich auf die Spielwelt einzulassen jedoch mit etwas Mühe. Ein Aufwand, der sich für so manch einen interessierten Überlebenskünstler lohnen könnte.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
Legacy: Life Among the Ruins 2nd Edition
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Darranis - An Adventure Pack for Earthdawn: The Age of Legend
Verlag: Vagrant Workshop
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/30/2018 03:53:57

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/22/ersteindruck-earthdawn-the-age-of-legend-darranis-abenteuer-in-der-handelsstadt/

Der erste Ergänzungsband für Earthdawn: The Age of Legend wirft einen genaueren Blick auf den Ort Darranis. Nach der Plage blühte die Stadt durch Handel und Handwerk auf, doch unter der Oberfläche schwelen die Konflikte, die Barsaive bis heute heimsuchen, im Kleinen weiter.

2016 erschien im Verlag Vagrant Workshop das narrative Earthdawn: The Age of Legend  als Alternative zu den offiziellen Regeln dieses Klassikers aus den 90ern, die inzwischen in der vierten Edition vorliegen. Als erster Ergänzungsband wird nun der Ort Darranis, der schon seit den Anfangszeiten von Earthdawn seinen festen Platz auf der Karte der Provinz Barsaive hat, mit Leben gefüllt.

Inhalt - über Darranis Darranis präsentiert ein umfassendes Paket für Abenteuer in dieser Stadt. Auf 15 Seiten erhält der Leser zunächst einen Überblick über den Ort: Als Zusammenschluss mehrerer Weiler unter der Führung des Dorfes Darranis überdauerte das gleichnamige Kaer ohne große Zwischenfälle die jahrhundertelange Plage durch die Dämonen. Erst nach der Rückkehr an die Oberfläche, als in den Ruinen der alten Heimstatt die Stadt neu errichtet wurde, begann ihr rasanter Aufstieg: Strategisch günstig am Schlingenfluss auf halber Strecke zwischen dem Zwergenkönigreich Throal und dem Bannsee gelegen, ist sie der wichtigste Umschlagplatz zwischen den Handelskarawanen und Flussschiffen. Zudem haben in der Stadt zahlreiche Brauereien ihre Geheimnisse über die Plage hinweg bewahren können und genießen in der ganzen Provinz Barsaive einen guten Ruf.

Abgerundet wird der Überblick noch mit einer knappen Beschreibung der wichtigsten Geschäfte und Örtlichkeiten von Darranis sowie deren bedeutendsten Bewohnern, dem Stadtrat. Etwas irritierend ist, dass bei den Plätzen ein Name zweimal vergeben ist: So ist Ksarkeni einmal die Besitzerin der größten Stallungen der Stadt, eine Seite weiter führt sie einen ausgezeichneten Alchimistenladen.

Die Illustrationen greifen nicht nur den Stil früherer Publikationen auf, sondern sind ihnen zu Teil auch entnommen Den meisten Platz nehmen aber drei Abenteuer ein, die jeweils 12 bis 14 Seiten in Beschlag nehmen. Alle Szenarien folgen dabei demselben Aufbau und präsentieren zunächst Hintergrund und Zusammenfassung der Handlung, um anschließend die einzelnen Szenen des Abenteuers zu detaillieren. Eine ausführliche Gliederung nimmt den Spielleiter dabei behutsam an die Hand: Lernt dieser zunächst den Aufbau der jeweiligen Szene sowie deren Themen und Stimmung kennen, hilft der Abenteuerband durch Beschreibung der Ereignisse hinter den Kulissen und Problembehebung („Troubleshooting“), die Szene auf dem geschilderten Weg zu halten. Abschließende Bemerkungen über die Folgen des Abenteuers und mögliche Fortsetzungen sowie die Beschreibungen der wichtigsten NSC runden das Bild ab. Letztere beschränken sich auf kurze Charakteristiken und einen kleinen Werteblock – für ein so regelleichtes System wie Earthdawn: The Age of Legend also vollkommen angemessen.

Das erste Szenario „Grass Widows“, so benannt nach den „Graswitwen“ genannten Frauen, die mit ihren Kindern auf den Feldern zurückbleiben, während ihre Männer für Wochen mit den Karawanen unterwegs sind, beschreibt den Konflikt zwischen den Arbeitern und den Handelsherren. Dadurch dass die Kaufleute ihre Tagelöhner nur nach abgeschlossenen Handelsreisen bezahlen, benötigen deren zurückgebliebene Familien für ihren Unterhalt schon bald Vorschüsse auf kommende Anstellungen und schlittern so unweigerlich in die Abhängigkeit der Schuldenfalle. Das Szenario bietet mit diesem Thema der modernen Sklaverei eine interessante Neuinterpretation der verpönten Versklavung durch das theranische Imperium, die doch eigentlich in Barsaive abgeschafft sein sollte. Auch präsentiert sich das Abenteuer sehr ergebnisoffen und stellt gekonnt beide Seiten der hitzigen Diskussion dar: Auf der einen Seite die Familien, die ums Überleben kämpfen und sogar gewillt sind in Streik zu treten, auf der anderen Seite die Kaufleute, die die vereinbarten Löhne erst nach erfolgreichem Geschäftsabschluss auszahlen wollen. So liegt es tatsächlich an den Adepten, auf welche Seite sie sich schlagen wollen – und welche zukünftigen Feinde sie sich so vielleicht machen.

Stimmungsvolle Bilder machen die Lektüre zu einem angenehmen Erlebnis Das zweite Szenario „Tainted Goods“ verläuft da schon geradliniger: Nachdem ein anständiger Bürger von Darranis aus heiterem Himmel seine eigene Familie abschlachtet, liegt die Vermutung der Korrumpierung durch einen Dämonen nahe. So gilt es für die Helden herauszufinden, wie der Tote unter diesen verderblichen Einfluss gelangt ist und den Handlanger des Dämons aufzuhalten. Nur dies sei gesagt: das Titelbild von Darranis beantwortet genau diese Fragen. Die einzelnen Schritte der Nachforschung sind übersichtlich beschrieben, ein Schritt führt zwangsläufig zum nächsten, so dass die Spieler kaum in einer Sackgasse landen können. Aber auch wenn der Übeltäter schließlich entlarvt wird, ist die Bedrohung damit immer noch nicht gebannt: Der Dämon im Hintergrund kann schließlich immer noch seine Fäden ziehen.

Noch geradliniger ist das letzte Abenteuer „Ale Run“, bei dem die Adepten ganz klassisch eine Karawane gen Zwergenkönigreich Throal begleiten sollen. Die Brauerei der Drolkmas möchte eine neue Biersorte dort feierlich vorstellen, allerdings legt ein Konkurrent großen Wert darauf, dass diese Lieferung nicht ankommt. Statt aber einfache Banditen anzuheuern (auch wenn die Adepten auf ihrem Zug auch solchen begegnen werden), bedient man sich eines dekadenten throalischen Adligen, der das neue Gebräu unbedingt als erster probieren möchte. So heißt es, vorsichtig vorzugehen, möchte man keinen Skandal in throalischen Adelskreisen provozieren – was dann aber auch schon ein mögliches Folgeszenario wäre.

Darranis, eine Karte der Stadt Alle drei Abenteuer in Darranis bleiben auf den ersten Blick merklich bodenständig und könnten eigentlich sogar mit geringer Eigenarbeit in andere Rollenspielwelten adaptiert werden. So hätte ich persönlich mir auch einen etwas weitschweifigeren, wahrhaft heroischen Ansatz gewünscht; tatsächlich zeigen die drei Szenarien aber ihre wahre Stärke in den kurzen Absätzen zu möglichen Fortsetzungen. Denn insgesamt präsentieren sie allesamt einen überzeugenden Einblick in die wirklich großen Themen von Earthdawn: Die Sklaverei, die das Theranische Imperium immer noch anwendet, die anhaltende Bedrohung durch die Dämonen und die Intrigen von Adel und Geldadel, die im Hintergrund die Fäden zu ziehen versuchen. Mit den möglichen Folgeabenteuern liefert Darranis einen soliden Grundstock, um diese Motive des Settings gebührend zu erkunden. Allerdings wird dies erfahrenen Earthdawn-Liebhabern wohl leichter fallen als Spielleitern, die mit The Age of Legend ihre ersten Schritte in die Welt von Barsaive wagen.

Da ein Abenteuer aber auch passende Helden braucht, wird Darranis abgerundet durch ein letztes Kapitel mit vier Beispielcharakteren. Je zwei Seiten pro Figur geben neben den eigentlichen Spielwerten Einblick in deren Herkunft, Motivation und Beziehungen zu wichtigen NSC. Die Charaktere decken zudem ein gutes Spektrum an Disziplinen und Earthdawn-typischen Hintergründen ab: Zwergenkrieger Dreizahn Grimbeard fremdelt als ehemaliger Soldat noch mit den Freiheiten eines Abenteurers, während Menschenzauberin Fina dem Regime der Familie Denairastas in Iopos entkommen konnte, um nun selbst möglichst viel von den arkanen Künsten zu lernen. Als Beispiel für die neue Rasse der Jubruq, halb Mensch oder Ork und halb Elementargeist, dient die Troubadourin Kidaia Windwhisper. Die ehemalige Sklavin aus Himmelsspitze ist auf der Suche nach ihrem Vater, während Orkdieb Koldar the Black genug Gold erbeuten will, um sich eine Familie leisten zu können.

So bietet Darranis ein umfassendes Paket, um Earthdawn: The Age of Legend auch am Spieltisch mit Leben zu füllen. Mit der Beschreibung des Hintergrunds, sorgfältig ausgearbeiteten Abenteuern und vorgefertigten Charakteren erhalten sowohl Spieler als auch Spielleiter alles nötige, um in die Welt von Barsaive einzutauchen. Dennoch kratzen der Ort Darranis und die dortigen Szenarien nur an der Oberfläche der großen Themen, die dieses Setting ausmachen, so dass gerade Einsteiger in The Age of Legend oder auch den großen Bruder Earthdawn 4e dem Darranis-Band das meiste abgewinnen dürften.

Erscheinungsbild Wie schon der Regelband Earthdawn: The Age of Legend setzt auch dieser Abenteuerband auf ein ungewöhnliches Quadratformat von 21,6 x 21,6 cm. Auch das Layout folgt dem vorigen Buch mit zweispaltigem Satz und großzügigen Überschriften, die die Lektüre sehr erleichtern. Der vollfarbige Hintergrund in dezenter Pergamentoptik und die schmückenden Randornamente sind unaufdringlich und hübsch anzusehen.

Das Titelbild eines trollischen Waffenhändlers, der in einem der Abenteuer eine wichtige Rolle spielt, ist sehr ansprechend geraten, auch die eine Seite einnehmende Karte der Stadt Darranis weiß zu gefallen. Ansonsten gibt sich das Innenleben des Bands aber eher spärlich: Auf 70 Innenseiten kommen gerade einmal 13 Abbildungen, von denen viele auch sichtlich aus älteren Editionen von Earthdawn übernommen wurden. Schade eigentlich, denn obwohl die Auswahl insgesamt stimmig ist, wird hier die Chance vertan, aus dem Ort Darranis und seinen Besonderheiten auch optisch etwas wirklich Eigenes zu machen.

Für diese Rezension lag mir die PDF-Version von Darranis vor. Lesezeichen fehlen völlig, dafür ist das Inhaltsverzeichnis angenehm mit Verknüpfungen auf die entsprechenden Seiten versehen. Auch Ebenen fehlen in der PDF-Fassung, so dass man bei eigenem Druck einiges an Tinte verbrauchen wird. Wer ein ordentliches Buch sein eigen nennen möchte, der muss auf den Print-on-Demand-Service  von DriveThruRPG zurückgreifen, wo ein Softcover in Standard- und Premiumdruck angeboten wird. Nach Erfahrung mit anderen Rezensionsexemplaren, die mir Vagrant Workshop via DTRPG zur Verfügung gestellt hat, glänzt der Premiumdruck mit wesentlich kräftigeren Farben als in der Standardvariante,

Fazit Darranis schafft es, einen umfassenden Überblick über die gleichnamige Handelsstadt, ihre Bewohner und die dortigen Abenteuermöglichkeiten zu schaffen. Neulinge in der Welt von Earthdawn, die erst über das regelleichte The Age of Legend mit diesem Setting in Berührung gekommen sind, erhalten in dem Band alles Nötige, um etliche Spielabende zu füllen.

So stimmig die Beschreibungen und die Abenteuer aber sind, so kratzen sie doch bewusst nur an der Oberfläche der Konflikte, die die Provinz Barsaive prägen: Sklaverei, die Gräuel der Dämonen, die Intrigen der Handels- und Adelshäuser. Mit dieser bodenständigen Präsentation wendet sich Darranis merklich an Einsteiger in die Welt von Earthdawn; wer aber schon mit den anderen Editionen dieses Rollenspielklassikers vertraut ist, wird hier wenig von deren Potential für legendäre Abenteuer finden.

Dennoch ist das Gesamtpaket von Darranis durchaus stimmig und ein wirklich gelungener erster Ergänzungsband für The Age of Legend, der auch zu einem guten Preis zu haben ist. Fans von Earthdawn sollten auf jeden Fall einen Blick in diesen Quellenband werfen, der einen guten Auftakt auf dem Weg zur eigenen Legende darstellen kann.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Darranis - An Adventure Pack for Earthdawn: The Age of Legend
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Cogs, Cakes & Swordsticks Collected Edition
Verlag: Modiphius
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/26/2018 06:58:00

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/19/rezension-cogs-cakes-and-swordsticks-modiphius-steampunk-im-teeladen/

Luftschiffpiraten! Dampfcomputer! Abenteuer, Intrige und poliertes Messing – wer gelegentlich davon träumt, als Steampunkheld oder -heldin den Tag zu retten, aber rechtzeitig zum Tee wieder zu Hause zu sein, kann sich mit Cogs, Cakes & Swordsticks (Modiphius) viktorianisch vergnügen.

Die „collected edition“ des Rollenspiels aus der Feder der britischen Autorin Lynne Hardy enthält das Grundregelwerk und den Quellenband Atlantis: City in the Clouds mit je einem Abenteuer.

Die Spielwelt Die Spielwelt von Cogs, Cakes & Swordsticks (CC&S) ist der Inbegriff eines Steampunk-Settings: Wir befinden uns in einer leicht abgewandelten Version des viktorianischen Englands beziehungsweise des britischen Empires. Dort hat, nach der Erfindung der sogenannten „Babbage-Maschine“ durch den Ingenieur Charles Babbage (1791-1871) und die Mathematikerin Ada Lovelace (1815-1852), die Digitalisierung bereits im Dampfmaschinenzeitalter eingesetzt. Diese Maschinen, quasi in einer Art Lochkartensystem betriebene Computer, haben Sklavenarbeit und Arbeiterausbeutung so gut wie obsolet gemacht, und Telegrafenleitungen sowie dampfbetriebene Luftschiffe verbinden die Welt.

Die politische Landschaft der Welt im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, dem Zeitabschnitt, der als Rahmen für das Spiel vorgesehen ist, sieht indes ziemlich ähnlich aus wie in der realen Geschichte: Das britische Kolonialreich erstreckt sich über ein Viertel der Erde, beherrscht von der gütigen Königin Viktoria. Auf dem europäischen Kontinent ist gerade der deutsch-französische Krieg vorbei, und die USA beginnen ihren Aufstieg zur mächtigsten Nation der Welt. Gut, über dem Atlantik schwebt, dank modernster Luftkissenfahrzeugtechnik, eine gigantische, dampfbetriebene Maschinenstadt unter britischer Flagge, und die noch jungen nordamerikanischen Nationen USA und Kanada liefern sich einen Wettlauf zum Mond. Aber irgendwas ist ja immer.

Tatsächlich ist die Spielwelt im Grundregelwerk nur in sehr groben Zügen beschrieben, drei Zeitleisten informieren über die für das Setting wichtigsten Ereignisse in der Wissenschafts-, Sozial- und Militärgeschichte, komplementiert mit Zeitleisten der realen Welt zur Ergänzung und zum Vergleich. Es ist alles sehr ähnlich – aber eben nicht ganz. Bei der Beschreibung liegt der Fokus eindeutig auf Großbritannien und Amerika. Ein Publikum außerhalb der englischsprachigen Welt hatte die Autorin offenbar nicht im Sinn. Das macht aber weiter nichts. Schließlich gibt es kaum einen klassischeren Rahmen für ein Steampunk-Abenteuer als das viktorianische England. Im Quellenband Atlantis – City in the Clouds wird die besagte Luftkissenstadt über dem Ozean näher beschrieben. Dazu gibt es auch eine erläuternde Karte und genauere Informationen zu ihrer Geschichte, die insbesondere für das beigefügte Beispielabenteuer hilfreich sind.

Abgesehen davon muss ein potenzieller Spielleiter, der nicht an den vorgefertigten Abenteuern interessiert ist, im Zweifelsfall etwas mehr eigene Recherche oder Kreativität einsetzen, denn viel Hintergrundmaterial bietet das Büchlein nicht.

Die Regeln Das erklärte Ziel von CC&S ist, dass man es auch spontan im Teeladen, mit nichts weiter als Stift, Papier (ersatzweise Servietten), einem sechsseitigen Würfel (ersatzweise Zuckerstückchen mit aufgemalten Punkten) und reichlich Kuchen spielen kann. In diesem Sinne ist das Regelsystem betont einfach gehalten: Jede Fähigkeits- oder Wissensprobe wird mit dem Wurf eines einzelnen W6 gegen eine bestimmte Schwierigkeitsstufe (2 bis 9) abgelegt. Dazu zählt der Spieler eine passende Fähigkeit seines Charakters zu seinem Würfelergebnis, was einen zusätzlichen Bonus von +1 bis maximal +3 Punkten ergibt. Ist der Wert erreicht oder übertroffen, gilt die Probe als geschafft.

Das Regelsystem ist betont einfach. Im Kampf würfeln die Parteien gegeneinander. Wer das höhere Ergebnis erzielt, gewinnt. Eine Variante dieser Regel ist, jeden Treffer als Verletzung des Gegners zu werten. Verletzungen setzen sämtliche Fähigkeitsboni um 1 Punkt herunter – sobald auch der höchste davon bei 0 angekommen ist, wird der Charakter bewusstlos und bedarf dringend medizinischer Hilfe.

Außerhalb dieses wirklich sehr lockeren Rahmens setzt das System auf narrative Lösungen. Dabei darf man CC&S durchaus im Genre Pulp ansetzen: Die Anleitungen für den Spielleiter erinnern daran, dass eine kreative Problemlösungsidee oder ein heldenhafter Einsatz eines Charakters immer mit einer gewissen wohlwollenden Aussetzung der Ungläubigkeit seitens der Spielleitung zu betrachten ist, denn schließlich geht es ja darum, gemeinsam Spaß zu haben. Zusätzlich gibt es nur noch eine einzige Regel: Eine geworfene 1 bedeutet immer Probleme, selbst, wenn die Probe damit geschafft wurde. Auch hier gilt: Es geht nicht darum, der Gruppe Steine in den Weg zu legen, sondern darum, die Geschichte spannender und dramatischer zu machen.

Charaktererschaffung Einen richtigen Charakterbogen, wie aus anderen Spielsystemen bekannt, hat Cogs, Cakes & Swordsticks eigentlich nicht. Jeder Charakter hat drei herausstechende Eigenschaften, hier Attribute genannt: Eine im mentalen Bereich, „Cogs“ (zu Deutsch „Zahnräder“), eine im sozialen „Cakes“ („Kuchen“), und eine im physischen, „Swordsticks“ („Stockdegen“) – den drei Aspekten, nach denen auch das ganze System benannt ist. Diese Eigenschaften entsprechen einer Gruppe an zusammenhängenden Fähigkeiten, sozusagen einem Fachgebiet, das sich aus dem Hintergrund des Charakters ergibt. Ein Luftschiffpilot etwa müsste sich mit Navigation und Kartographie auskennen, aber auch Ahnung von Meteorologie und Luftkissenfahrzeugtechnik haben.

Es gibt keinen klassischen Charakterbogen. Eines dieser drei Fachgebiete wird zum primären Attribut des Charakters erklärt, der damit einen Bonus von +3 auf Proben erhält, die nachvollziehbarerweise in diesen Bereich fallen. Für die beiden anderen Attribute ist der Bonus +2 in Situationen, die ihre Fachgebiete betreffen. Proben auf Aktivitäten, die überhaupt nicht dem Hintergrund des Charakters entsprechen, erhalten pauschal einen Bonus von +1. Es gibt keine feste Liste an Attributen im Regelbuch, nur eine lange Liste an Vorschlägen. Spieler sind ausdrücklich aufgefordert, sich eigene, möglichst aussagekräftige Namen für Attribute auszudenken, die genau zu ihrem Charakter passen.

Überhaupt ist der wichtigste Punkt an der Charaktererschaffung, eine gute Idee zu haben. Nicht unbedingt etwas für Spieler, die viel „Hilfestellung“ bei der Entwicklung eines Charakterkonzeptes brauchen.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht Die Regeln sind, wie schon erwähnt, sehr einfach zu verstehen und brauchen nach einem ersten Durchlesen des Buches wenig weitere Erklärungen. Das gleiche gilt für die Spielwelt: Außer ein paar historischen und technischen Veränderungen gibt es ohnehin keine genauen Beschreibungen im Buch. Das bedeutet allerdings auch, dass die Spielleitung sich Szenarien und Hintergründe im Allgemeinen selbst ausdenken muss. Zwar sind einige mögliche Nichtspielercharaktere schon vorgesehen, aber die eignen sich nicht für jedes Szenario.

Was eigene Abenteuer angeht gilt also: Hier ist Kreativität gefragt! Schauplatzbeschreibungen, Kartenmaterial (mit Ausnahme einer schematischen Darstellung der schwebenden Stadt Atlantis) und umfangreiche Hintergrundinformationen sucht man vergebens. Das muss natürlich kein Nachteil sein. Anders als ihre viktorianischen Ladies zwängt die Welt von CC&S die Spielleitung nicht in ein Korsett. Das knapp gehaltene Regelwerk eignet sich vor allem für spontane Runden und Kurzabenteuer, längere und kompliziertere Kampagnen würden hingegen enormen Arbeitsaufwand erfordern.

Spielbarkeit aus Spielersicht Auch für Spieler gilt, wie schon erwähnt: Eigeninitiative und Kreativität sind Trumpf. Wer mit dem Genre Steampunk generell nichts anfangen kann, oder Schwierigkeiten hat, ein für sich passendes Charakterkonzept zu finden, ohne Vorschläge aus Regelbüchern zu konsultieren, wird hier auf Probleme stoßen. Natürlich gibt es dafür eine große Menge an Inspirationen aus Literatur, Film und TV, auf die man bei einer kreativen Durststrecke zurückgreifen kann. Sollte auch das nicht weiterhelfen, stehen vorgefertigte Charaktere im Buch, die sich sowohl als SC wie NSC verwenden lassen. Abgesehen von der Charaktererschaffung liegt das größte Konfliktpotential wohl darin, welche Situationen in welche Fachgebiete der Charaktere fallen. Hier muss im Ernstfall der gesunde Menschenverstand entscheiden und ein für alle vertretbarer Konsens gefunden werden. Es handelt sich eindeutig um kein System für Personen, die Rollenspiel als Kampf der Spielleitung gegen die eigene Gruppe auffassen!

Spielbericht Um die Grundidee des Spiels, dass man jederzeit auch spontan im Teeladen eine Runde ausrufen könnte, auf die Probe zu stellen, habe ich mich mit einer Gruppe von Freunden in einem solchen getroffen, um das vorgefertigte Abenteuer „A Bit of a Do“ (Britisches Understatement für, in etwa: „eine wilde Party“), eine Krimigeschichte um die Entwendung eines Artefakts aus dem British Museum, zu spielen. Obwohl wir noch keine etablierte Gruppe waren, und keiner der Spieler das System vorher kannte, hatten wir in Windeseile die Regeln geklärt und fünf Charaktere erstellt. Das Abenteuer stellte sich als überraschend gut durchdacht heraus und führte zu einem unterhaltsamen Nachmittag.

Die Auflösung ließ die Gruppe allerdings etwas ratlos zurück: Obwohl die Charaktere alles „richtig“ gemacht hatten, entkam der Gegner und das eigentliche Rätsel blieb (vorerst) ungelöst. Die Regeln lassen sich hingegen auch im Spiel recht gut anwenden. Hier gilt: Beschreibung schlägt Auswürfeln. Sparsam eingesetzt können Würfelproben das Spiel spannender machen, allzu oft erschienen sie mir als Spielleiterin allerdings nicht sinnvoll.

Erscheinungsbild

Die Sammeledition aus Grundregelwerk und Quellenband hat insgesamt 99 Seiten im A4-Softcoverformat. Im Inneren wird der Fließtext immer wieder durch kleine, comicartige Illustrationen aufgelockert, die aber mehr der Verzierung als der Veranschaulichung dienen.

Das Schriftbild ist übersichtlich gestaltet, auf der letzten Seite befindet sich ein Index und auf der ersten dankenswerterweise eine Inhaltsangabe, die beide enthaltenen Bände und das Zusatzmaterial (Listen mit als Beispielcharakteren ausgearbeiteten historischen Persönlichkeiten und vorgeschlagenen Attributen) berücksichtigt.

Fazit Das Setting von Cogs, Cakes & Swordsticks ist sehr nahe an die Geschichte der realen Welt angelehnt, mit nur wenigen, für Steampunk typischen Veränderungen, etwa dem Siegeszug des Lochkartencomputers. Die Regeln sind einfach genug, um sie einer Gruppe aufgeschlossener Spieler in weniger als zehn Minuten verständlich darzulegen, und für die Charaktererschaffung braucht es kaum mehr als eine witzige Idee. Aufgrund des extrem abgespeckten Würfelsystems lässt es sich erwiesenermaßen auch problemlos auf einem mit Teekannen vollgestellten Cafétisch spielen. Die Kehrseite dieser Einfachheit ist, dass die Regeln nicht besonders tiefgründig sind.

Kämpfe werden entweder sehr schnell ausgewürfelt oder narrativ entschieden, so wie auch viele andere komplexe Probleme besser rollenspielerisch als mit Würfelwürfen gelöst werden. Zudem ist die Spielwelt zu weiten Teilen nur rudimentär ausgearbeitet. Freunde des Genres, die vor Ideen für Abenteuer in einem Steampunk-Setting nur so sprühen, dürfte das allerdings kaum stören. Sie können sich im Rahmen der groben Richtlinien kreativ ausleben. Das System eignet sich für Spielleiter zudem auch ausgezeichnet für spontane Runden ohne viel Vorbereitung, selbst mit Neulingen. Ob im Teeladen oder nicht: CC&S ist ein kleines, feines Rollenspiel ohne Gedöns. Mindestens für Fans eindeutig empfehlenswert.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Cogs, Cakes & Swordsticks Collected Edition
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Earthdawn (4. Edition) - Travar - Die Stadt der Händler (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/20/2018 08:33:06

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/18/ersteindruck-travar-stadt-der-haendler/

Die Welt von Earthdawn unterscheidet sich deutlich von generischen Fantasy-Settings. Auch Travar, eine Stadt, die ganz im Zeichen des Kommerz steht, bildet hier keine Ausnahme und hält für abenteuerlustige Adepten besondere Herausforderungen bereit. Sie können nämlich als Champions in einem jährlichen Wettkampf die Herrscher der Stadt mitbestimmen.

Jeder Rollenspieler, der schon einmal mit der Welt von Earthdawn in Kontakt gekommen ist, wird festgestellt haben, dass viele vorgefertigte Meinungen über Fantasywelten nicht mehr haltbar sind, sobald man sich nach Barsaive aufmacht. Menschen sind keine dominante Spezies mehr, Elfen sind alles andere als rein und erhaben und Magie funktioniert auf sehr ungewöhnliche Art und Weise.

Wenn man sich den vorliegenden Quellenband zur Stadt Travar ansieht, wirkt die beschriebene Stadt auf den ersten Blick geradezu langweilig normal, jedenfalls gemessen an dem ungewöhnlichen Setting, in dem sie verortet ist. Beim weiteren Lesen stellt sich aber schon bald der Eindruck ein, den Earthdawn so oft hervorruft: Travar ist einzigartig und steckt voller ungewöhnlicher Ideen.

Damals und heute - Geschichte der Stadt

Das Quellenbuch beginnt mit zwei Kapiteln zur vergangenen und jüngeren Geschichte des Ortes, an dem Travar gelegen ist. Tatsächlich beginnt die Erzählung zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine Siedlung dieses Namens existiert.

Nachdem die Vorgeschichte und die Gründung der Stadt beschrieben wurden, widmet sich der Text im Anschluss vor allem der Weise, wie die Stadt die Plage überstanden hat. Dabei wird das Verhältnis Travars zu den Theranern erklärt und beschrieben, wie die Grundsteine für die spätere Gesellschaftsordnung der Stadt gelegt wurden.

Im folgenden Kapitel wird die Gegenwart der Stadt beleuchtet, die Kultur und der Lebensstandard ihrer verschiedenen Bewohner. Wichtige Gesetze finden ebenso Erwähnung wie die Bedeutung der verschiedenen Passionen, gottähnlicher Wesenheiten, für die Stadt.

Die Kapitel sind grundlegend gut strukturiert, eine Zeittafel zur Übersicht hätte aber geholfen, um sich als Leser schnell zu orientieren.

Die Reichen und Mächtigen – Jede Menge Fraktionen Die nun folgenden vier Kapitel widmen sich den verschiedensten Machtgruppen, die entweder innerhalb der Stadt Einfluss ausüben oder von außerhalb mit Travar in Beziehung stehen. Den Beginn machen mit den Magistraten, der Gemeinschaft der Fünf und der Stadtwache drei wichtige Gruppen, die die Ordnung der Stadt repräsentieren.

Im Anschluss werden alle großen Handelshäuser der Stadt beschrieben. Dieses Kapitel ist umfangreich geraten, wird Travar doch nicht umsonst als „Stadt der Händler“ bezeichnet. Jede der fünf merkantilen Familien wird mit eigenen Zielen und Methoden beschrieben. Zusätzlich werden wichtige Mitglieder noch einmal gesondert und mit Spielwerten vorgestellt.

Musste man als Spielleiter bei den bisherigen Fraktionen schon gut überlegen, welche Informationen den Spielern zugänglich sein sollten, wird es im nächsten Kapitel richtig heikel. Die fünf Geheimgesellschaften Travars dürften Charakteren nicht ohne weiteres bekannt sein. Auch hier werden Agendae und wichtige Mitglieder der einzelnen Organisationen vorgestellt.

Den Abschluss der vier themenverwandten Kapitel machen die auswärtigen Beziehungen Travars. Hier werden nacheinander alle großen Reiche und Fraktionen von Barsaive abgehandelt und auf ihr Verhältnis zur Stadt der Händler hin untersucht. Teilweise sind die Werte relevanter NSCs gleich mit angegeben.

Die vier Kapitel lesen sich sehr interessant, leider ist es aber schwierig, schnell und gezielt bestimmte Informationen zu einer Fraktion zu finden. Hier hätten Infoboxen mit den wichtigsten Eckdaten sehr geholfen.

Die kreisrunde Stadt – Travars Örtlichkeiten und Umgebung Nachdem die Bewohner der Stadt ausgiebig vorgestellt wurden, nutzt das Quellenbuch die nächsten zwei Kapitel dazu, wichtige Orte und Gebäude Travars zu beschreiben. Zunächst werden verschiedene Gebäude und Plätze innerhalb der Stadtmauern abgearbeitet. Die Orte finden sich auf der nummerierten Karte wieder, die den hinteren Inneneinband ziert.

Im Anschluss wird das direkte Umland der Stadt beschrieben. Dabei finden zunächst Ansiedlungen wie Zeltstadt Erwähnung. Danach geht es in die nahegelegene Wildnis, vor allem die verheerten Brachen werden eingehend vorgestellt.

Wahlkampf – Das etwas andere Turnier Travar wird von einem Triumvirat aus Magistraten regiert. Diese Magistraten wiederum erhalten ihren Titel, indem sie einmal jährlich Champions im von der Gemeinschaft der Fünf ersonnenen Wahlkampf für sich antreten lassen.

Dieser Wettkampf übertrifft dank der Magie Barsaives jedes klassische Gladiatorenspektakel und jedes Turnier. Ein klarer Fall, dass die Teilnahme für Spielercharaktere ein großartiges Abenteuer sein kann.

Deshalb widmet sich ein komplettes Kapitel dem Wahlkampf. Einem interessierten Spielleiter werden hier Werkzeuge und Ideen an die Hand gegeben, um ein magisches Turnier zu entwerfen, dass mit den verschiedensten exotischen Disziplinen aufwartet.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Champions müssen eine Art überdimensionierten Eierlauf absolvieren. Schwierig wird der Wettkampf durch einen Hindernisparkour und die Tatsache, dass die Drachenechsen in den großen Eiern kurz davor sind, zu schlüpfen. Da sich innerhalb des Settings die Form und die Disziplinen des Wettkampfes jährlich ändern, kann in einer langen Kampagne sogar durchaus mehrfach am Wahlkampf teilgenommen werden, ohne dass es langweilig wird.

Das ganze Kapitel strotzt vor ungewöhnlichen Ideen und atmet den Geist von Earthdawn. In anderen Fantasywelten wäre eine Stadt, deren Herrscher durch Arenakämpfe an die Macht kommt, durchaus vorstellbar. Travar geht aber einen Schritt weiter und inszeniert eine Art hochmagische American Gladiators-Show. Und diese Bezeichnung ist als Kompliment zu verstehen. Der Wahlkampf verspricht jede Menge Spaß für Spieler und Spielleiter gleichermaßen.

Geschichten über Geschichten – Abenteuer in Travar Eigentlich beginnt das nun folgende Kapitel schon viel früher. In allen vorherigen Kapiteln finden sich immer wieder Infoboxen, in denen kurze Abenteuerideen zu den beschriebenen Themen präsentiert werden.

Darauf aufbauend werden Ideen präsentiert, wie eine ganze Kampagne Travar als Ausgangspunkt nutzen kann. Es werden gleich mehrere Grundgerüste für mögliche Abenteuer beschrieben, jeweils mit möglichen Fortsetzungen.

Nimmt man all diese Vorschläge zusammen, findet jeder interessierte Spielleiter hier ein Füllhorn von Ideen für eigene Geschichten. Ein derart großes Angebot an Inhalt, geliefert über die reinen Informationen zur Stadt, ist vorbildlich.

Ein bisschen von allem Das letzte Kapitel des Buches versammelt verschiedene Elemente, die für sich genommen nicht umfangreich genug sind, um ein eigenes Kapitel zu rechtfertigen. Den Anfang machen diverse Gegenstände, manche davon magisch, jeweils mit Beschreibung und Spielwerten versehen.

Besonders die Fadengegenstände fallen hier auf, so wie in jedem Earthdawn-Produkt. Diese magischen Gegenstände bringen ihre eigene Geschichte mit, die nachvollzogen werden muss, um die Kräfte des Gegenstandes nutzbar zu machen.

Danach folgen noch lokale Kreaturen, jeweils mit Spielwerten versehen, um sie direkt einsetzen zu können. Hier soll vor allem die Flugratte erwähnt werden, einfach weil die Idee so wunderbar ist.

Die Plage und ihr dämonischer Einfluss haben in Travar Tauben und Ratten zum ultimativen urbanen Parasiten verschmolzen. Die Bewohner der Stadt werden die Viecher partout nicht los, aber allgemein sind sie harmlos. Selten habe ich eine Kreatur gesehen, die so wunderbar geeignet sein dürfte, um für Atmosphäre im Spiel zu sorgen.

Erscheinungsbild Optisch kann man Travar nichts vorwerfen. Die schwarz-weißen Illustrationen sind schön anzusehen und haben einen sehr einheitlichen Stil. Qualitativ gehören sie sicher nicht zum Besten, was man in der Szene findet, aber es fällt auch nichts negativ auf. Die zweifarbige Stadtkarte im Inneneinband gefällt mir besonders.

Das Layout ist angenehm, Textpassagen werden immer wieder durch Bilder und Infokästen aufgelockert. Fehler sind nur sehr selten zu finden.

Wenn bestimmte Elemente des Inhalts gesucht werden, hilft ein dreiseitiger Index am Ende des Buches.

Bonus/Downloadcontent Bisher ist kein zusätzlicher Content für den Quellenband verfügbar.

Fazit Mit dem Städteband zu Travar bekommen Spieler wie auch Spielleiter eine umfassende Sammlung an Informationen zu einem interessanten Schauplatz an die Hand. Jeder Aspekt des Ortes wird in eigenen Kapiteln abgehandelt, der Aufbau der Stadt, ihre Geschichte und ihre Politik sowie ihre diversen Bewohner werden vorgestellt.

Besonders angenehm fällt auf, dass überall im ganzen Buch immer wieder Hinweise eingestreut werden, wie die einzelnen Bestandteile von Travar als Aufhänger für Abenteuer genutzt werden können. Spielleiter können mit dieser Fülle an Ideen und dem speziellen Kapitel zu Abenteuern in der Stadt problemlos eine Kampagne aufziehen, die komplett innerhalb der Stadtmauern stattfindet.

Ein Abenteuer der besonderen Art bietet Travar in Form des Wahlkampfs. Diese Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten publikumswirksam zu präsentieren und gleichzeitig politische Entwicklung voranzutreiben, wird vermutlich nicht jedem gefallen, passt aber hervorragend in das ungewöhnliche Setting von Earthdawn.

Auch wenn die Fließtexte des Quellenbandes sich sehr angenehm lesen, bilden sie doch den einzigen wirklichen Kritikpunkt des Bandes. Beim eiligen Lesen fällt es häufig schwer, essentielle Informationen schnell aufzufinden. Hier wären ergänzende Info-Kästen hilfreich gewesen, in denen eine kurze, prägnante Auflistung der relevanten Eckdaten zu finden ist.

Diese kleine Schwäche trübt den guten Gesamteindruck aber nur unwesentlich. Travar wird für einen angemessenen Preis mit einer riesigen Fülle an Informationen präsentiert, oft auch gleich mit dem Hinweis, wie diese Informationen im Spiel für Spaß sorgen. Wer Earthdawn mag, kann hier bedenkenlos zugreifen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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Die vergessenen Chroniken
Verlag: Kendel Ventonda
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/13/2018 05:16:49

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/13/ersteindruck-die-vergessenen-chroniken-schoene-neue-welt/

Die eigene Welt gestalten, neue Regeln erschaffen, bestehende Welten verändern oder erweitern: Das alles ist Teil des Rollenspiels, gehört zum Reiz des Hobbys, dazu fühlt man sich ermutigt. Und manchmal entstehen daraus sogar ganz eigene Systeme wie Die vergessenen Chroniken, das wir uns näher angeschaut haben.

Verschiedene Gruppen spielen das gleiche Rollenspiel auf unterschiedliche Arten und Weisen. Einige Regeln funktionieren vielleicht nicht so gut und man lässt sie weg, oder das Bedürfnis, einen nicht beschriebenen Teil der Spielwelt genauer abzubilden, sorgt dafür, dass man sich etwas ausdenkt. In einigen Fällen reicht das Dehnen der Grenzen aber nicht aus. Dann muss etwas Neues her, das macht viel Spaß und noch mehr Arbeit. Kendel Ventonda hat aus der Idee seiner eigenen Welt ein Fantasy-Regelwerk gemacht, es in Form gegossen und verlegt.

Die Spielwelt Die vergessenen Chroniken spielt in Verej'ka, einer mystischen Welt mit wenig Landmasse. Fünf Kontinente und fünf Meere verteilen sich darauf. Eine alte Legende beschreibt die Vorzeit dieser Welt, in der die Götter bis zu ihrem Sturz über die Welt herrschten. Ihre gewalttätige Entmachtung ließ die Äther frei, wodurch sich die menschliche Welt veränderte.

Die Äther Um die Zusammenhänge zu verstehen, muss man die Äther verstehen. Das Werk beschreibt die Äther als „Alles und Nichts“. Eine Art zusätzliches, nicht fassbares Element, das Einfluss auf jedes Lebewesen hat und nach der Götterdämmerung unter anderem auch zu neuen Rassen führte.

Verej'ka Die Spielwelt wird im Allgemeinen gut und ausführlich beschrieben, so erfährt man etwas über die drei Metaebenen Kamah, Rudah und Arudah. Die Metaebenen beschreiben den Kreislauf des Lebens in Verej'ka: Im Kamah findet das Leben statt, vielleicht am ehesten als weltliche Ebene zu verstehen. Parallel dazu befindet sich das Rudah, in das die Verstorbenen kommen. Dort werden sie Teil eines Kollektivs der freien Äther. Manche können diese zweite Ebene sogar wahrnehmen, während sie im Kamah leben, wie die Amari in ihren Träumen. Die dritte Metaebene, das Arudah, betreten Teile der freien Äther aus dem Rudah, um ins Kamah wiedergeboren zu werden.

Darüber hinaus gibt es auch Informationen über die besondere Ausrichtung der Himmelsrichtungen und Wissenswertes über den Kontinent Aporue selbst zu erfahren.

Dieser Kontinent ist im Grunde kein Bestandteil des Grundregelwerks, erscheint allerdings zusammen mit der bereits in Arbeit befindlichen Erweiterung. Aporue steht im Zentrum der Spielwelt und ist als einziger der fünf Kontinente genau definiert. Der Detailgrad ist sehr hoch und es werden wichtige Personen, Kulte und Gruppen vorgestellt. Transportmittel, Währung und Religion spielen eine Rolle. Eine kleine Passage über Moral und Ethik sowie Sprachen und technologische Neuerungen wie das Telefon, vervollständigen das Bild.

Der Ansatz, eine Welt offen zu gestalten, sodass die spielenden Gruppen die restlichen vier Kontinente selbst erdenken können, ist ein zweischneidiges Schwert. Gedacht ist es, dass Anfänger sich an die Vorgaben halten und erfahrene Spieler den Freiraum nutzen und sich entfalten können. Das zeigt sich auch darin, dass Spielleiter ermutigt werden, neue Rassen zu erschaffen, wenn sie dies möchten. Auf der anderen Seite sind allzu offene Konzepte anfällig dafür, ungewollt verzerrt zu werden und machen Erweiterungen nur schwerlich möglich.

Die Rassen Neben einer eigens erdachten Welt weicht man auch bei den Bewohnern von ausgetretenen Pfaden ab. Nicht etwa Elfen, Orks, Trolle und Zwerge erwarten einen, sondern für Kenner des Fantastischen eher außergewöhnliche Lebewesen. Es gibt zwölf unterschiedliche Rassen, jede Rasse hat eigene Vorteile und Besonderheiten. Außerdem kommen je zwei besondere Stämme vor, die weitere Varianz einbringen.

Wir stellen hier die jeweiligen Grundtypen der Rassen vor. Die zusätzlichen Stämme haben ihre eigenen Merkmale und besonderen Befähigungen.

Die älteste Rasse bilden die Menschen. Im Gegensatz zu den, durch die Äther veränderten, neuen Rassen, haben sich die Menschen nicht verändert. Sie können aber Lebewesen in der Umgebung durch die Äther erfühlen.

Tierähnliche Rassen Eine große Gruppe bilden die verschiedenen tierähnlichen Rassen. Darunter fallen die Ailure, ein katzenartiges Volk, das sich etwas zurückzieht und eigene Rituale pflegt. Sie können Stürze aus großer Höhe besser abfedern als andere Rassen.

Auch die Lapis'Dian sind eine durch die Äther entstandene Tierform. Sie kommen in unterschiedlichen Formen vor und sind aus den Amphibien hervorgegangen. Die Nähe zu Wasser ist all diesen Varianten gleich und in der Nacht können sie sich schwebend fortbewegen.

Die Lumbré sind Hundeartige, die teils Einzelgänger sind, aber meistens in starker Verbundenheit zusammenleben. Ihre lange Schnauze schenkt ihnen einen sensiblen Geruchssinn. Die Meymun, deren Vorfahren wie bei den Menschen die Primaten sind, unterscheiden sich dennoch stark von ihren vermeintlichen Verwandten. Fell bedeckt ihren Körper und sie fühlen sich eher in der Wildnis wohl. Sie sind besonders gute Kletterer und geschickte Schleicher, weil sie auch vierbeinig laufen können.

Die Orney waren einst Diener der Götter, doch müssen sie seit deren Sturz auf der Erde wandeln. Sie ähneln Vögeln und können ihre Flügel zum Gleiten nutzen. Die Vorfahren der schuppenbedeckten Ronfaure sind Reptilien und Kaltblüter. Durch ihre Anpassungsfähigkeit können sie sich besonders gut verstecken und tarnen. Die letzte Form der Tierartigen bilden die Vapine, scheue Wesen mit langen Löffeln. Diese gewähren ihnen ein besonders gutes Gehör.

Ausgefallene Rassen Kommen wir zu den ganz ausgefallenen Rassen. Die Nachfahren derer, die vom Himmel fielen, sind die Amari. Ihre Hautfarbe ist auffällig und von einer Art Maserung durchzogen, die pulsieren und sich verändern kann, und ihre Augen besitzen keine Iris. Nachts kann ein Amarus einen allwissenden Mentor um Rat bitten, warum ist unbekannt.

Zum Leben erwachte, und in menschenähnliche Form gebrachte Pflanzen, sind die Klant. Die exorbitante Vielseitigkeit der Flora findet sich in ihnen wieder. Ihre Physiognomie ist ebenfalls besonders, denn sie können Photosynthese betreiben und sogar wortwörtlich Wurzeln schlagen.

Die leichenblassen Vegetarier mit schwarzen Augen sind die Okandra. Sie essen kaum Fleisch, weil sie durch den Konsum Erinnerungen und Gefühle dieses Lebewesens nacherleben. Wenn es nötig ist, kann diese Fähigkeit aber auch zum eigenen Vorteil genutzt werden.

Noch eine Spur seltsamer sind die Ruah. Aus den Erinnerungen Verstorbener formten sich Lebewesen, die in Kristallen lebten. Sie sind Nebelgestalten, die spezielle, ihre neblige Gestalt zusammenhaltende, Roben bewohnen, um sich in der Welt zu bewegen. Für eine kurze Zeit können sie diese verlassen und ungehindert durch Objekte und Lebewesen schweben, doch nicht mit ihnen interagieren.

Natürlich gibt es Spannungspunkte zwischen den Völkern, Eigenarten und Fähigkeiten, die Auswirkungen auf das Rollenspiel haben. Einige bevorzugen die Wildnis und andere die Stadt, jede Rasse hat andere Hintergründe und kulturelle Gepflogenheiten. Der Ansatz ist gut und interessant, gerade für jene, die abseits des klassischen Konzepts – Mensch, Elf, Zwerg – Neues suchen.

Weiteres Für jeden Abenteurer ist Ausrüstung wichtig. Hier bleibt es relativ klassisch, denn neben alltäglichen Dingen und scharfen Schwertern gibt es auch magische Artefakte mit ganz besonderen Fähigkeiten.

Ein Abschnitt mit Gegnern, der im Inhaltsverzeichnis auftaucht, war in der vorliegenden Version nicht enthalten und konnte bis zum Erscheinungstermin des Artikels nicht beschafft werden.

Die Regeln Erklärtes Ziel des Regelwerkes ist es, Einsteiger und erfahrene Spieler anzusprechen. Ersteres könnte mit den ziemlich kurzen Regeln gelingen.

Das System nutzt sowohl sechsseitige Würfel als auch Prozentwürfel. Letztere werden für Tabellen verwendet oder um festzustellen, welche Auswirkungen Verletzungen haben. Die sechsseitigen Würfel sind für Proben reserviert. Jede vier, fünf und sechs stellt einen Erfolg dar und es handelt sich um explodierende Würfel, das bedeutet, jede sechs darf nochmal gewürfelt werden.

Im Grundlegenden gibt es zwei Proben: Attributsproben und Fertigkeitsproben. Attributsproben werden bei generellen Handlungen verlangt, wie beim Verrücken einer Kiste. Die Höhe des Attributs bestimmt die Anzahl der Würfel, und der vom Spielleiter geheim gehaltene Schwierigkeitsgrad zwischen eins und zehn stellt dabei die Erfolgsschwelle dar.

Fertigkeitsproben funktionieren nach dem gleichen Konzept und stellen eine spezialisierte Handlung dar. In besonderen Fällen können beide Formen kombiniert werden. Jemand, der eine Probe auf Schwimmen ablegen muss, sich dabei aber durch schwieriges Gewässer mit vielen spitzen Felsen bewegt, sollte z.B. eine besonders hohe Geschicklichkeit besitzen. Solch ein Fall erlaubt die Nutzung beider Werte, um die Herausforderung abzubilden und den erhöhten Schwierigkeitsgrad bewältigen zu können.

Erhält man nicht einen einzigen Erfolg, ereignet sich ein fataler Fehlschlag und es passieren schlimme Dinge. Auch Kämpfe funktionieren nach diesem Prinzip.

Kämpfe Kämpfe gestalten sich ebenso einfach. Initiative ist ein fixer Wert, errechnet aus Wahrnehmung und Geschick. Angreifer und Verteidiger würfeln eine vergleichende Probe und die überzähligen Erfolge des Attackierenden werden von den Trefferpunkten abgezogen. Magie und Talente werden ähnlich gehandhabt.

Dazu gibt es Wechselwirkungen zwischen den Elementen, sodass beispielsweise Talente, die Feuerschaden verursachen, gegen Wasser schwächer, aber gegen Eis stärker sind. Sogar für die Reise und spezielles Gefolge, wie einem Wirt, der in jeder Reisegruppe gut aufgehoben ist, gibt es Regeln und Hinweise.

Insgesamt ist das Regelsystem unkompliziert und einfach zu verstehen, doch etwas unstrukturiert geordnet. Zwar befinden sich die Passagen zu den Regeln alle in relativer Nähe, doch versteht man einiges aus dem vorderen Teil erst, wenn man weitergelesen hat.

Charaktererschaffung

Auf der Webseite findet man einen gut funktionierenden Charaktergenerator. Die Kurzform der Charaktererstellung in Die vergessenen Chroniken ist: Wähle eine von zwölf Rassen, verteile 36 Punkte auf Attribute und 40 auf Fertigkeiten, investiere 12 Ausbildungspunkte in Talente und berechne den Rest – fertig. Es gibt keine Option, einen Charakter vollständig auszuwürfeln. Natürlich sollte gerade die erste Erschaffung mit mehr Sorgfalt vorgenommen werden und dauert am längsten. Bevor man eine Rasse wählt, sollte man zum Beispiel alle kennengelernt haben.

Attribute und Fertigkeiten Die Attributswerte bewegen sich zwischen eins und zehn bzw. zwölf, wobei jede Rasse nur ein Attribut hat, das den Maximalwert erreichen kann, und ein anderes, das maximal auf acht steigen darf. Zusätzlich erhält der Charakter bei der Rassenwahl auf zwei Fertigkeiten Bonuspunkte und eine besondere Befähigung. Hat man eine Rasse gewählt, die Attribute verteilt, dabei muss jedem wenigstens ein Punkt zugewiesen werden, und sich die besondere Befähigung notiert, ist dieser Schritt abgeschlossen.

Die nächste Etappe sind die Vorzüge und Makel. Darunter fallen Beidhändigkeit, ein robuster Magen oder Farbenblindheit. Es dürfen maximal drei Vorzüge und drei Makel gewählt werden und viele setzen gewisse Werte in einem Attribut oder einer Fertigkeit voraus. Die Auswahl ist ausgewogen und hat neben Klassikern auch ausgefallenere Auswahlmöglichkeiten zu bieten.

Fertigkeiten wie Alchemie oder Tierkunde sind mit einem Attribut verknüpft, was für deren Weiterentwicklung wichtig ist. 40 Punkte können auf 19 Fertigkeiten verteilt werden. Hier definiert man Stärken und Schwächen des Charakters.

Charakterhintergrund Daraufhin widmet man sich der Geschichte. Der leere Korpus wird mit einem Hintergrund versehen, der den Geburtsort, besondere Merkmale und auch familiäre Umstände umfasst. Es gibt teils Vorschläge und Würfellisten zur Unterstützung.

Einen großen Teil nehmen die Talente ein. Verschiedenen Kategorien zugeordnet, gibt es dutzende Auswahlmöglichkeiten. Von Nah- und Fernkampftalenten über weiße oder schwarze Magie bis zu ganz eigenen Kreationen wie die Atemgabe, mit der man Gegenstände beleben kann, findet sich hier für jeden etwas.

Die finanziellen Mittel werden übrigens gewürfelt, was durch den Glückswert beeinflusst wird und eine große Varianz zur Folge hat. Das kann man gut finden, aber eventuell ergeben sich daraus auch Probleme wie Neid innerhalb der Gruppe.

Jetzt trägt man alles auf dem übersichtlichen Charakterbogen ein und ist bereit loszulegen. Möchte man jede Fertigkeit und jedes Talent vor der Erschaffung lesen und sich über alle Rassen informieren, hat man 100 Seiten vor sich und es dauert entsprechend lange. Mit einer gewissen Idee für einen Charakter kann man aber schon beim ersten Mal in weniger als 30 Minuten einen ausgearbeiteten Charakter parat haben.

Erscheinungsbild Die vergessenen Chroniken ist hell und einladend gestaltet und macht einen guten ersten Eindruck. Es gibt einige Illustrationen, die eine stilistische Richtung der Spielwelt vorgeben und durchaus liebevoll, doch teils zu selten, gesetzt sind. Einige Stellen des Buches sind reiner Text und es fehlen die visuellen Umbrüche.

Der Kontinent Aporue ist in einer schönen, ganzseitigen Illustration dargestellt und auch der Charakterbogen, ein Kalender und einige andere Dinge wurden dem Spieler bebildert an die Hand gegeben.

Das Inhaltsverzeichnis ist lang, es umfasst vier Seiten und könnte durch einen angeschlossenen Index etwas entschlackt werden. Hilfreich ist hingegen das Glossar, in dem die wichtigsten Begriffe erklärt werden.

Insgesamt lesen sich die Texte solide, doch fehlt ihnen die professionelle Hand. So findet man an mancher Stelle Fehler im Satz wie unglückliche Zeilenumbrüche oder fehlende Leerzeichen.

Unangenehm aufgefallen sind die ganzseitigen Tabellen der Talente, welche nicht gleich ausgerichtet sind, sondern beständiges Drehen des Buches während der Lektüre verlangen.

Bonus/Downloadcontent Auf der Webseite zum Rollenspiel gibt es sowohl einen Charaktergenerator als auch einen Lootgenerator. Beides funktioniert gut, ist gratis und für den einen oder anderen eine sinnvolle Erweiterung.

Fazit Während der Lektüre von Die vergessenen Chroniken fällt einem schnell auf, dass die Inhalte mit einer starken Detailverliebtheit und einem klaren Ziel entstanden sind: Eine Welt für Spieler von Spielern sollte entstehen und klassische Elemente durch Neues ersetzt werden. Vieles ist sehr durchdacht und man kann ungewöhnliche Ansätze finden, die interessant und ansprechend wirken.

Der Vorteil, den eine eigens erschaffene Welt bringt, ist die Option auf Unbekanntes. Der Nachteil ist, dass man sich als Leser viel Wissen aneignen muss und nicht auf bekannte Konzepte zurückgreifen kann. Die Macher sind sich dessen bewusst und Elemente mit Wiedererkennungswert sollen dabei unterstützen. Das gelingt an manchen Stellen besser, an anderen nicht so gut.

Auch der online verfügbare Lootgenerator erleichtert den Spielfluß. So gehen einige Begriffe auf bekannte Dinge zurück, wie der Stamm Aquira, welche Raubvögeln wie Adlern aus den Bergen ähneln. Aquila ist das lateinische Wort für Adler und recht ähnlich. Dann wiederum muss man viele Apostrophe in Kauf nehmen, die sich einem gar nicht erschließen, wenn man einen Lapis'Dian spielt. Letztendlich muss verstanden werden, wie die Äther von den Bewohnern Verej'kas wahrgenommen werden und auf die Welt wirken, was zuweilen recht kompliziert sein kann.

Detaillierte Beschreibungen und offene Gestaltungsmöglichkeiten wechseln sich in Die vergessenen Chroniken ab. So sollen alle Spielstile bedient werden, doch fehlt es der Spielwelt dadurch an einer gewissen Belastbarkeit.

Einfach zu erlernende Regeln Die Regeln sind einfach zu erlernen und funktionieren in der Form gut, so der erste Eindruck. Auch Einsteiger haben sicherlich keine Probleme damit, die Erfolgschancen bei Proben sind ordentlich und die explodierenden Würfel bringen das Element der Überraschung mit sich. Dort liegt aber auch eine Schwäche. Viele Proben sind schlicht zu einfach und es fehlt an Herausforderungen. Im Kampf ist gerade durch die explodierenden Würfel jedes Ergebnis denkbar, was zu seltsamen Ausgängen führen kann.

Die Gestaltung ist ansprechend, wenngleich auch nicht auf dem Niveau eines professionellen Verlages. Hier gilt zu beachten, dass das Werk im Selbstverlag entstanden ist. Macht man sich dies bewusst und kann mit ein paar Schönheitsfehlern leben, hat man sicherlich Freude am Regelwerk.

Mit rund 40 Euro für die Druckausgabe ist diese durchaus bezahlbar und hält für Individualisten einiges bereit.



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Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden (German)
Verlag: Vagrant Workshop
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/12/2018 06:54:02

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/06/rezension-earthdawn-zeitalter-der-legenden-ein-einfacher-weg-nach-barsaive/

Seit über zwanzig Jahren lockt die Welt von Earthdawn, um nach der Verheerung durch die Dämonen zurückerobert zu werden. Earthdawn – Das Zeitalter der Legenden verheißt dabei eine regelleichte Alternative zum Original – hält es dieses Versprechen?

Schon 2016 erschien das narrative Earthdawn: The Age of Legend auf Englisch beim Verlag Vagrant Workshop (Link). Im Kern basiert es auf dem frei verfügbaren Freeform/Universal (FU) von Nathan Russell, erweitert diesen aber um diverse Elemente, die typisch für Earthdawn sind. 2018 liegt nun beim deutschen Pendant ProIndie auch die übersetzte Fassung vor. Das ursprüngliche Earthdawn liegt derzeit in seiner 4. Edition vor und erscheint sowohl auf Englisch bei Fasa Games als auch auf Deutsch bei Ulisses Spiele.

Die Spielwelt Zum Einstieg wird der Hintergrund der Welt von Earthdawn auf wenigen Seiten kurz und bündig vorgestellt. Durch den Anstieg des Magieniveaus war es den sogenannten Dämonen möglich, die Barriere zwischen Astralraum und physischer Welt zu durchdringen, so dass sich die Bewohner der beschriebenen Provinz Barsaive für Jahrhunderte in unterirdischen Kaers verstecken mussten. Nun ist diese Plage vorbei und man kehrt an die Oberfläche zurück. Das Zeitalter der Legenden ist angebrochen, in dem die letzten Dämonen vertrieben werden und man die alte Heimat endgültig zurückerobert.

Das Vorstellungskapitel beschränkt sich auf einen groben Überblick. Die einzelnen Rassen der sogenannten Namensgeber erhalten jeweils einen eigenen Absatz; das Konzept der beruflichen Disziplinen, in denen Charaktere ihre intuitiv magischen Fertigkeiten erlernen, wird nur knapp angesprochen. Zur Magie werden die wichtigsten Stichworte beschrieben: Der Leser erfährt von der Bedeutung von Namen und magischen Mustern sowie den astralen Ebenen jenseits der physischen Welt oder Blutmagie. Magische Fäden, eigentlich ein Herzstück der klassischen Regelfassung von Earthdawn, kommen nicht vor. Auch die Plage durch die Dämonen wird nur kurz zusammengefasst, ebenso beschreibt ein kurzer Text samt einer Übersichtskarte aller wichtigen Orte die Lande der Provinz Barsaive. Leser, die mit Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden erstmals mit diesem Hintergrund in Berührung kommen, können dessen Potential zwar gut erfassen, werden aber zahlreiche Lücken selbst füllen müssen.

Dafür stellt der Band ein Beispielsetting im Kleinen vor: Das gesetzlose Dorf Spencer Hill in den Kaukaviabergen lockt Abenteurer wegen seiner alten Minen mit dem magischen Metall Orichalcum. Neben kurz umrissenen wichtigen Orten, wie den Tavernen oder einem Geisterfelsen, sind auch die wichtigsten Personen des Ortes knapp beschrieben.

Leser, die ihr Wissen um die Welt von Earthdawn vertiefen wollen, finden im Anhang einen ausführlichen Überblick aller bisherigen Publikationen, die im englischen Original und in deutscher Übersetzung erschienen sind. Diese sind sortiert nach der jeweiligen Edition und übersichtlich unterteilt in Regelwerke, Quellenmaterial und Abenteuer.

Die Regeln Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden basiert auf dem narrativen Grundgerüst seiner Vorlage Freeform/Universal. Kern ist hier der sogenannte Chancenwurf. Ist das Resultat einer Aktion unklar, so stellt der betreffende Spieler eine geschlossene Frage, die sich mit Ja oder Nein beantworten lässt; so etwa „Schaffe ich es, die steile Stadtmauer zu erklimmen?“ oder „Kann ich den orkischen Plünderer einschüchtern?“ Anschließend würfelt er mit seinem sechsseitigen Hauptwürfel, um die Antwort darauf zu bestimmen. Entscheidend sind die Höhe des Wurfs und ob das Ergebnis gerade oder ungerade ist:

6 Ja, und… 5 Nein, aber… 4 Ja… 3 Nein… 2 Ja, aber… 1 Nein, und…

Allein dem Spielleiter obliegt es, das Ergebnis eines Wurfs zu deuten und die Geschichte am Spieltisch entsprechend weiterzuspinnen. Er selbst stellt weder Fragen über einen Aktionsausgang, noch würfelt er.

Damit aber das Resultat aber nicht völlig willkürlich von nur einem Würfel abhängt, können Spielleiter und Spieler im Vorfeld Modifikatoren hinzufügen. Bonuswürfel erhält man beispielsweise, wenn man eine passende Fertigkeit (z. B. Springen oder Einschüchtern) vorweisen kann, ein Talent (die Sonderfertigkeiten der Charaktere) einsetzt oder die Situation einfach günstig ist. Maluswürfel können durch kompetente Gegner, deren Fertigkeiten oder ungünstige Umstände vergeben werden.

Vor dem eigentlichen Wurf werden die Bonus- und Maluswürfel gegeneinander aufgerechnet, so dass – wenn überhaupt – nur eine von diesen beiden Würfelarten übrig bleibt. Jedes Ergebnis von 5 oder 6 auf einem solchen Würfel zählt als ein [+] bzw. [-] und ändert das Ergebnis entsprechend:

Genau ein [+] erhöht ein ungerades zum nächsthöheren geraden Ergebnis, macht also aus einem „Nein“ ein „Ja“. Genau ein [-] senkt ein gerades zum nächstniedrigeren ungeraden Ergebnis, macht also aus einem „Ja“ ein „Nein“. Ein zweites [+] beziehungsweise [-] fügt dem Ergebnis ein weiteres „und…“ hinzu, weitere [+] und [-] bleiben ohne Effekt.

Das klingt in der Zusammenfassung zunächst arg abstrakt, insbesondere der Wechsel ungerade/schlecht und gerade/gut macht beim ersten Lesen einen unnötig umständlichen Eindruck. Ein Beispiel macht aber deutlich, dass die Abwicklung in der Praxis tatsächlich schnell vonstattengeht.

Das Zeitalter der Legenden verwendet geschlossene Fragen, um Aktionen abzuhandeln. Eine solche kann nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Für den orkischen Kundschafter Kres’Ket stellt sich die Frage „Kann ich meinen Verfolgern entkommen?“ Durch seine Disziplin des Kundschafters erhält er einen Bonuswürfel, einen weiteren durch seine Ortskundigkeit und einen dritten durch die verwinkelten Gassen der Stadt. Der Spielleiter vergibt einen Maluswürfel, da seine Verfolger Spürhunde dabeihaben. Gegeneinander aufgerechnet verbleiben zwei Bonuswürfel, die Kreis‘Kets Spieler zusätzlich zum Hauptwürfel werfen darf.

Sein Ergebnis ist eine wenig ermutigende 5 auf dem Hauptwürfel (Nein, aber…) sowie eine 5 und eine 2 auf den Bonuswürfeln, also ein [+]. Dieses [+] macht aus der 5 eine 6, das endgültige Ergebnis lautet also „Ja, und…“.

Bei ungünstigen Bedingungen kann der Spielleiter als Konsequenz Zustände und Wunden vergeben. Charaktere halten mehrere davon aus, bei zukünftigen Proben können diese Effekte der Grund für Maluswürfel sein.

Zusätzlich verfügen Charaktere über Karmapunkte, die sie zur Verbesserung ihrer Chancen einsetzen können. Für einen Karmapunkt erhält man einen Bonuswürfel, darf den gesamten Wurf neu würfeln oder aktiviert die Sondereffekte von Talenten, Zaubern oder legendären Gegenständen. Neues Karma erhält der Spieler für gutes Rollenspiel, eine freiwillige Wunde durch sogenannte Blutmagie vor einer Probe, oder indem sein Nachteil (dazu mehr bei der Charaktererschaffung) ausgespielt wird und ihm Ärger einbringt. Einmal pro Spieltag kann ein Charakter auch ein Karmaritual durchführen, das sogar seinen gesamten Vorrat wieder auffüllt.

Talente sind besondere Fähigkeiten, die einem Charakter von seiner Disziplin verliehen werden. So kann ein Tiermeister mit den Tieren sprechen, ein Schamane mit seiner Umgebung verschmelzen oder ein Schütze die Reichweite seines Schusses erhöhen. Dabei wird unterschieden zwischen Aktionen, die einen eigenen Chancenwurf benötigen, und Unterstützung, die einfach nur einen Bonuswürfel für eine anstehende Probe vergeben.

Auch das Wirken von Zaubersprüchen bedarf grundsätzlich eines Karmapunkts und einer Probe. Zudem kann man die Kraft einiger Sprüche erweitern: Ist die Wirkungsdauer oder der Wirkungsbereich nur mit einem X angegeben, so kann der Spieler diese erhöhen, indem er Karma einsetzt oder zusätzliche Runden zur Vorbereitung verstreichen lässt. So kann der feurige Drachenatem eines Elementaristen plötzlich alle Gegner in Sichtweite betreffen, oder die magischen Kiemen eines Schamanen verbleiben bis zum Ende einer Szene.

Regeln für Spruchmatrizen aus dem originalen Earthdawn, die einerseits die Verfügbarkeit von Zaubern limitieren, andererseits aber sehr zum Flair des Settings beitragen, sind in Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden nicht vorhanden. Für die englische Version wurden diese allerdings als Alternativregel nachgereicht (Link).

Die Regeln schlagen dabei einen guten Spagat zwischen schlanken, erzählerischen Regeln und konkreten Sonderfertigkeiten und Zaubern. Das Gefühl der Welt von Earthdawn wird dadurch gut transportiert; die Beschreibungen der Talente und Sprüche sind trotz ihres Umfangs schlicht genug gehalten, um dem narrativen Mechanismus aus Freeform/Universal nicht im Weg zu sein.

Charaktererschaffung Der Bau einer eigenen Figur geht recht schnell vonstatten. Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden unterscheidet vier Kreise, die die Erfahrung des Charakters widerspiegeln, und man kann problemlos schon auf einem höheren Kreis anfangen. Am Anfang steht die Wahl des Konzepts, das die Spezies und die Disziplin bestimmt. Das Regelwerk bietet fünfzehn Berufungen, die in drei Obergruppen zusammengefasst sind: Krieger wie der Luftpirat oder der Schwertmeister, Wanderer wie der Dieb oder der Waffenschmied, und Zauberer wie Elementarist oder Schamane.

Jede Disziplin hat für jeden Kreis des Könnens eine bestimmte Anzahl von Talentoptionen, von denen einige nur einer Disziplin zur Verfügung stehen, andere hingegen mehreren. Durch die Namensgeber-Spezies erhält der Charakter noch eine Bonuseigenschaft, wie den Echsenschwanz der T’skrang oder die Flügel der Windlinge. Die ausgewählte Disziplin bestimmt, welche der mannigfaltigen Sonderfertigkeiten in Form von Talenten oder welche Zaubersprüche die Figur wählen kann.

Die nächsten beiden Schritte bestimmen frei formulierte Schlagworte und –sätze, auf deren Basis man im Spiel Bonuswürfel für Proben ergattern kann. Für die Antriebe des Charakters muss der Spieler seine Antworten auf die vier Fragen „Woher stammst Du?“, „Was willst Du?“, „Was hindert Dich?“ und „Was wirst Du tun?“ finden. Die Eigenschaften werden mit den vier Schlagworten Körper, Persönlichkeit, einem Vorteil und einem Nachteil festgelegt.

Mit seinen Beziehungen darf ein Spieler auch drei Figuren definieren, die die eigene Runde bereichern sollen und als Aufhänger für kommende Abenteuer dienen können: einen Freund, einen Feind und einen neutralen Kontakt.

Danach darf der Spieler für seinen Charakter eine bestimme Anzahl Talente abhängig vom Erfahrungskreis aus der entsprechenden Liste auswählen. Einen Teil davon darf er zudem als Disziplintalente kennzeichnen, die bei Einsatz in einer Probe einen automatischen Bonuswürfel vergeben. Statt eines Talents dürfen die magisch begabten Disziplinen je einen Zauberspruch aussuchen.

Dazu kann man, auch hier abhängig vom Erfahrungskreis, eine bestimmte Anzahl von Fertigkeiten bestimmen. Eine Fertigkeit muss dabei eine Kunstfertigkeit wie Tätowieren oder Poesie sein – durch sie beweist man anderen, dass man nicht von Dämonen besessen ist – die anderen sind frei wählbar. Eine genaue Auswahlliste gibt es nicht, hier kann ein Spieler frei entscheiden.

Mit langwierigen Ausrüstungslisten halt sich Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden nicht auf, nur besondere Gegenstände sind einen Eintrag auf dem Charakterbogen wert. Tatsächlich verfügt sogar jede Figur zu Spielbeginn über einen legendären Gegenstand mit einer Vorgeschichte und einer selbst definierten Sondereigenschaft.

Zuletzt bestimmt man das Karma und die Anzahl der maximal verkraftbaren Wunden des Charakters. Während Ersteres nur vom Erfahrungskreis abhängt, kommt bei Letzterem auch die gewählte Disziplin ins Spiel. Krieger halten grundsätzlich am meisten aus, Zauberer am wenigsten.

Dank der narrativen Natur der Vorlage Freeform/Universal geht die Charaktererschaffung flott vonstatten. Ein Spieler muss sich vor allem Gedanken über das Konzept und die Eigenheiten seiner Figur machen. Nur die Einarbeitung in die Effekte der zahlreichen Talente und Zaubersprüche mag etwas länger dauern, bis ein Spieler eine für ihn zufriedenstellende Wahl getroffen hat.

Spielbericht Im Rahmen der Rezension der englischen Ausgabe Earthdawn: The Age of Legend haben wir Teilzeithelden auch einmal für mehrere Sitzungen das System ausprobiert und in einem Spielbericht (Link) zusammengefasst.

Erscheinungsbild Die Optik von Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden macht einen sehr guten Eindruck. Wie auch die englische Fassung präsentiert sich der Band in einem handlichen Quadratformat von 21,6 x 21,6 cm. Der Text ist zweispaltig gesetzt und mit großzügigen Überschriften versehen, so dass man sich bei der Lektüre gut zurechtfindet. Mehrere Anhänge vereinfachen zudem die Verwendung dieses Regelbandes: Auf einen Charakter- und Settingbogen folgt eine Liste aller bisherigen Earthdawn-Veröffentlichungen über alle Editionen, um den Hintergrund weiter vertiefen zu können. Eine Kurzfassung der Regeln fasst alle Mechanismen und Stichworte übersichtlich zusammen, enthält aber einige Details wie Zustände oder Wunden nicht. Ein ausführlicher Index schließt das Buch ab.

Der zweispaltig gesetzte Text, großzügige Überschriften, ausführliche Anhänge und das handliche Quadratformat machen visuell einen sehr guten Eindruck. Der Band ist vollfarbig gehalten und enthält neben einem dezenten beigen Papierhintergrund auch schmückende Randornamente, die den Lesefluss nicht stören. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Illustrationen in einem mesoamerikanischen Stil gehalten sind, für die das Titelbild ein gutes Beispiel ist. So erhält die Welt von Earthdawn ein individuelles Aussehen, das dem Setting zusätzliches Flair verleiht.

Die PDF-Version des Regelbands besitzt nur rudimentäre Lesezeichen für jeden Kapitelbeginn. Dafür punktet die digitale Fassung mit ausgiebigen Verknüpfungen: Jeder einzelne Seitenverweis, sei es im Index oder im Fließtext, führt sofort auf die entsprechende Seite. Das würde ich mir so von mehr digitalen Rollenspielwerken wünschen. Die PDF-Version umfasst allerdings keine Ebenen, so dass man bei eigenem Druck einiges an Tinte verbrauchen wird.

Dank DriveThruRPGs Print-on-Demand-Service gibt es auch die Möglichkeit Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden in gedruckter Fassung zu erstehen. Zur Auswahl stehen Soft- und Hardcover sowie Standard- und Premiumdruck. Das mir zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar, ein Premium Softcover, besticht durch hervorragende Druckqualität und satt leuchtende Farben. Gerade Letztere habe ich bei der sogenannten Standardqualität als eher stumpf wahrgenommen. Dieser sichtbare Unterschied mag auch den Aufpreis von 10 USD rechtfertigen.

Bonus/Downloadcontent Auf der Internetseite von Pro-Indie Workshop zu Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden werden neben einem kurzen Beispiel-PDF für einen Blick ins Buch sämtliche Bögen – Charakter, Setting, Gegenspieler und Vehikel – zum Download angeboten. Auch eine Zusammenfassung der Regeln ist dort zu finden.

Fazit Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden hält sein Versprechen, Abenteuer in der Provinz Barsaive mit einem zugänglichen und schnell erlernbaren Regelsystem zu erleben. Gerade für mich persönlich war das umständliche Würfelsystem des Originals stets ein Stolperstein, der hier gut umgangen wird. Dennoch sind typische Elemente, die Earthdawn auszeichnen, so etwa die Disziplinen und ihre magisch-intuitiven Fertigkeiten, ansprechend eingearbeitet.

Auch die optische Präsentation ist hervorragend, man merkt sofort, dass hier langjährige Liebhaber von Earthdawn am Werk waren. Nur ein Element bleibt auf der Strecke: Die faszinierende Hintergrundwelt dieses Spiels, die in meinen Augen seine größte Stärke ist, wird nur äußerst knapp angedeutet und kann dessen Faszination kaum vermitteln. Veteranen von Earthdawn sollten auf jeden Fall einen Blick auf Das Zeitalter der Legenden werfen; Neulingen in diesem Setting könnte sich aber dessen wahrer Reiz nur durch diese Lektüre womöglich nicht erschließen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Earthdawn: Das Zeitalter der Legenden (German)
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Zwölfgötter-Vademecum (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 07/12/2018 06:51:28

https://www.teilzeithelden.de/2018/07/03/rezension-zwoelfgoetter-vademecum-e-pluribus-unum/

Zwölf Bände sind bisher erschienen, von denen jeder einem der alveranischen Zwölfgötter und ihren Kirchen gewidmet ist. Das dreizehnte Vademecum beschäftigt sich nun nicht mit ihrem namenlosen Gegenspieler, sondern mit dem Bund des Wahren Glaubens, der die Zwölfe in ihrer Gesamtheit verehrt. Eine nützliche Spielhilfe für Das Schwarze Auge?

Seit dem Ende des Ersten Zeitalters residieren in der himmlischen Festung Alveran zwölf Götter, welche von dort aus ihre Macht über die Bewohner Deres – bei Das Schwarze Auge die Bezeichnung für die gesamte Welt – ausüben. In jedem Zeitalter sollen die Herren Alverans wechseln, worüber die Gelehrten im Spiel freilich noch diskutieren. Für unsere Tage gilt, dass jene Götter in Alveran sitzen, die vom alten aventurischen Kaiser Silem-Horas in einer Vision als solche erkannt wurden.

Der Bund des Wahren Glaubens folgt den Lehren der Prophetin Illumnestra, die ebenfalls die wahre Anordnung der Götter erkannte und verkündete. Mit ihren Jüngern gründete sie Mantrash’Mor, das Hauptkloster dieses Ordens, der in bisherigen Veröffentlichungen nur spärlich beschrieben wurde. Dies ändert sich nun, denn das Zwölfgötter-Vademecum widmet sich dem Bund in allen Details.

Zwölfgötter – Zwölf Kapitel Die Anzahl der Kapitel steht ganz im Einklang mit der Zahl der Götter in Alveran: Zwölf sind es, ergänzt um einen irdischen Hintergrundteil. Wie auch bei den anderen Bänden aus der Vademecum-Reihe handelt es sich um eine Spielhilfe, die so geschrieben und gestaltet ist, als würde sie aus der Spielwelt selbst stammen – mit Ausnahme eben jenen Hintergrundteils.

Der Leser soll das Gefühl haben, es sei ein kleiner Begleitband, wie er jungen Mitgliedern des Ordens gereicht wird. Verfasst von einem älteren Mitglied, gedruckt in einer kleinen Manufaktur des Horasreichs, an dessen Rand der Orden seinen Hauptsitz hat. Dementsprechend wirkt der Stil des Vademecums etwas oberlehrerhaft, was in diesem Zusammenhang aber durchaus passt.

Praios’ Ordnung, Rondras Stärke und Efferds Weite

Efferds Weite In den ersten drei Kapiteln geht es um Struktur, Ziele und Verbreitung des Ordens. Ebenso wird die Geschichte des Ordens kurz umrissen und jeder der Zwölfgötter sowie die sechs anerkannten Halbgötter Aves, Ifirn, Kor, Nandus, Swafnir und Ucuri kurz dargestellt. Jedwede Erhebung anderer Wesenheiten wie Horas, Sumu, Levthan, Simia oder Marbo in halbgöttliche oder gar göttliche Gefilde ist für den Bund ein Ausdruck von Verblendung und wird entsprechend geächtet. Dementsprechend war es ihm auch ein Dorn im Auge, als Kaiser Hal sich selbst zum Halbgott ernennen ließ.

Dennoch gibt es Wesen göttlichen Ursprungs, die als Alveraniare und Heilige durchaus gewürdigt werden dürfen, aber eben nicht als göttergleiche Wesen betrachtet werden. Insgesamt wird der Orden in diesen und anderen Punkten erstaunlich tolerant dargestellt. Zwar nimmt er seinen missionarischen Auftrag sehr ernst, will diesen aber nicht durch Übereifer und Ignoranz gefährden.

Neben diesem Missionsbewusstsein ist es auch der Auftrag, die Gläubigen in ganz Aventurien vor ihren religiösen Feinden zu schützen, der die Bundesmitglieder dazu bringt, die schützenden Klostermauern zu verlassen. In Mantrash’Mor im liebfeldischen Yaquirbruch, in der horasischen Stadt Belhanka, in der tobrischen Residenzstadt Perainefurten und im garetischen Marano befinden sich die klösterlichen Zentren des Bundes, wenngleich letzteres sich noch im Aufbau befindet.

Travias Familie, in Borons Reich Vergangenes und Hesindes Weisheit

Travias Familie Auch die Ausbildung innerhalb des Ordens wird ausführlich thematisiert. Wer ein Mitglied jenes Bundes spielen möchte, der den Glauben an die Zwölfgötter fördert und schützt, bekommt also ausreichend Material, um seiner Spielfigur einen stimmigen Hintergrund zu verpassen. Sei es als profaner Missionar auf Wanderschaft oder als Geweihter eines der Zwölfe, der erst im Nachhinein zum Bund des Wahren Glaubens gefunden hat.

Die ausführliche Beschreibung der Geschichte des Bundes hat fast schon etwas von der Veröffentlichung der Historie einer Geheimgesellschaft. Dabei ist der Blick auf die aventurische Geschichte aus der Sicht des Bundes natürlich etwas sehr auf die Kirchen der Zwölfgötter fokussiert, dadurch aber auch erfrischend übersichtlich.

Dass der Bund des Wahren Glaubens eigene Artefakte hat, war dem Autor dieser Zeilen neu, gibt der Organisation aber noch ein Stück mehr Fleisch auf die erzählerischen Rippen. Gold wert sind die drei Gebete, die sich an alle Zwölfgötter gleichzeitig richten. Hier hätte meinetwegen noch etwas mehr eingebaut werden können, um den zwölfgöttlichen Alltag etwas auszubauen.

Firuns Stärke, Tsas Erneuerung, Phexens Schläue

Tsas Erneuerung Dem Bund des Wahren Glaubens mangelt es nicht an Akteuren und wichtigen Personen. Im Kapitel unter Firuns Namen sind sie versammelt und geben das im Orden vertretene Spektrum gut wieder. Vom besonnenen Missionar bis zum eifrigen, fast schon fanatischen Wanderprediger ist alles vertreten, um dem Orden ein Gesicht zu geben.

Auch von den aktuellen Herausforderungen des Bundes wird berichtet. Vom Sternenfall, von der Expansion des Rastullah-Glaubens, aber nur wenig von den Hinterlassenschaften der Heptarchen im Osten. In diesem Punkt wird deutlich, dass der redaktionelle Fokus bei Das Schwarze Auge nicht länger auf dem Kampf gegen Borbarads Erben liegt, wenngleich dieser Aspekt natürlich auch angesprochen wird, insbesondere bei der Beschreibung des Klosters in Tobrien – der Schwerpunkt liegt aber inzwischen offenbar woanders.

Wer sich übrigens fragt, wie der Bund mit dem Spagat zwischen allen zwölf Kirchen klarkommt, wird im Kapitel zu Phex fündig. Da die einzelnen Kirchen der Zwölfgötter einander teilweise nicht sonderlich leiden können – wie zum Beispiel die Diener des Meeresgottes Efferd und des feurigen Schmiedegotts Ingerimm –, blicken einige mit Skepsis auf die vereinende Arbeit des Bundes. Dieser steht allen Kirchen aber natürlich positiv gegenüber und versucht sich als, möglicherweise ungebetener, Streitschlichter an allen Ecken und Enden, was ein schöner Abenteueraufhänger sein kann.

Peraines Saat, Ingerimms Schaffenskraft und Rahjas Leidenschaft

Ingerimms Schaffenskraft Die zwölfgöttliche Mission ist eine der wichtigsten Aufgaben des Bundes und wird darum auch sehr ausführlich beschrieben. In den letzten drei Kapiteln lässt das Vademecum seine Muskeln als vermeintliches Ingame-Buch spielen. Die Vorstellung, wie ein junger Missionar in einer heiklen Situation ins Buch schaut, um dort einen rettenden Vorschlag zum Umgang mit Ungläubigen zu finden, macht direkt Lust, mit dem Vademecum in der Hand eine solche Figur zu spielen.

Was in den Kapiteln zur Mission allerdings auch deutlich wird, ist der Ansatz, den Bund des wahren Glaubens bloß nicht zu fanatisch zu inszenieren. Gerade im Umgang mit Rastullah-Anhängern wird zu Toleranz und Freundschaft aufgerufen, was sich mit einigen anderen Passagen beißt. Sicher, ein gutgläubiger Missionar mag in Rastullahs Frauen auch Aspekte der Zwölfgötter wiedererkennen, aber meinetwegen hätte man den expansionsfreudigen Monotheismus der Novadis gerne als einen der gefährlichsten Gegenspieler darstellen können.

Nicht, dass man mich hier falsch versteht. Im realen Leben sehne ich keinen Religionskrieg herbei und hoffe auch, dass Aventurien davon verschont bleibt, aber wenn eine kleine Gruppe mal etwas fanatischer und engstirniger ist, verleiht das dem Spiel sicher etwas mehr Flair, als wenn alle sich völlig tolerant liebhaben. Wer mag, kann aber natürlich auch einen fanatischen Anhänger der Zwölfe spielen.

Erscheinungsbild Wie alle anderen Bände aus der Vademecum-Reihe ist auch das Zwölfgötter-Vademecum als Ingame-Buch gestaltet. Zur Verarbeitung kann ich leider nichts sagen, da mir nur ein PDF zur Rezension vorlag. Layout und Illustrationen sind aber gut gelungen. Bis auf eine Ausnahme: Warum ausgerechnet bei den Vakatseiten für spielereigene Notizen relativ dunkle Vignetten in die Seitenmitte gesetzt wurden, kann ich nicht nachvollziehen. Hier wären blanke Seiten praktischer gewesen.

Fazit Wer ein Mitglied im Bund des Wahren Glaubens spielen möchte, kommt um das Zwölfgötter-Vademecum nicht herum. Die wesentlichen Hintergründe, um solch eine Spielfigur auszugestalten, werden in diesem Band anschaulich und unterhaltsam dargestellt. Auch ein Spielleiter, der diese Organisation in einem seiner Abenteuer auftauchen lassen möchte, kann diesem Band sicher was abgewinnen.

Der dickste Wermutstropfen ist allerdings, dass es das Buch nur in Kombination mit einem Schuber gibt, in den sich die anderen zwölf Bände aus dieser Reihe stellen lassen. Dadurch steigt der Preis nicht nur enorm im Vergleich zu den anderen Bänden. Auch die oben genannte Zielgruppe wird dadurch nicht erreicht, sondern in erster Linie nur Sammler, die gerne alle Vademecum-Bände in einem hübschen Schuber haben möchten. Schade.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 06/28/2018 10:17:50

https://www.teilzeithelden.de/2018/06/25/rezension-starfinder-pathfinder-goes-space-deutsche-ausgabe/

Starfinder – Das ist Pathfinder als Science-Fiction-Rollenspiel, und doch wieder nicht. Das ist Golarion in einer fernen Zukunft, und doch wieder nicht. Das sind Elfen und Goblins im Weltall, und doch wieder nicht. Das ist ein eigenständiges Spiel, und doch wieder nicht.

Auf über 500 Seiten präsentieren sich Regeln und eine Spielwelt, die viel von Pathfinder weitergeführt, dabei aber eigenständige Entwicklungen vorgenommen haben.

Die Spielwelt Die Spielwelt von Starfinder schließt an Pathfinder an, bleibt dort aber nicht stehen. Auf die Hintergrundwelt Golarion wird regelmäßig Bezug genommen, auch wenn diese selbst nicht mehr existiert. Sich selbst definiert als Spiel als Science-Fantasy, was eine treffende Beschreibung ist: Die gut ausgearbeitete Hintergrundwelt von Pathfinder hat vom Pseudomittelalter den Weg in die Zukunft geschafft und dabei ihre Fantasy-Elemente behalten. Göttliche und Arkane Magie blieben in ihrer vollen Macht, wenn auch unter anderen Namen, erhalten und wurden wie selbstverständlich mit den Science-Fiction-Elementen verbunden, so dass ein von der Göttin Iomedae inspirierter Streiter mit einem geheiligten Plasma-Gewehr bewaffnet untoten Aliens gegenübertreten kann.

Diese Verknüpfung durchzieht mit unterschiedlichen Schwerpunkten das gesamte Setting; so kann man sowohl als Mensch, Insektoid und Reptiloid auf einem kleinen Erkundungsschiff im Stil der Fernsehserie Firefly als Glücksritter die Raumhäfen des bekannten Alls ansteuern, was die Science-Fiction-Elemente betont, als auch als Xenodruide, Technomagier und Ordensritter die Ruinen eines finsteren Tempels auf einem unbekannten Mond erkunden, was die Fantasy-Elemente betont. Das Nebeneinander und Miteinander von Magie und Technik wurde gründlich in den Blick genommen.

Bedrohungen und Konflikte, um die sich die Spielercharaktere kümmern können, reichen von soziokulturellen Auseinandersetzungen über die Rechte von Androiden und Robotern bis hin zu mehreren den Kosmos verschlingenden Mächten, welche die Großen Alten des Cthulhu-Mythos freundlich erscheinen lassen. Ein paar große Mysterien wie das Fehlen der Geschichte mehrerer Jahrtausende in Büchern, Datenbanken und Erinnerungen oder das Verschwinden des Planeten Golarion in dieser Intervall genannten Zeit runden das Bild ab.

Zum einen wird das Golarion-System mit seinen vielen Planeten deutlich beschrieben, ebenso etliche weitere Planeten, zum anderen steht eine ganze Galaxis unerforschter Systeme zur Verfügung, so dass man sowohl ausgearbeitete offizielle Gebiete bespielen kann, als auch als Spielleiter eigene Sternenimperien in einem bisher unbekannten Teil der Galaxis einführen kann.

Die Regeln Grundsätzlich werden die Pathfinder-Regeln verwendet. Mit einem W20 plus relevante Werte und Boni ist ein Mindestwert zu erzielen, um die Aufgabe zu schaffen; dabei ist gerade auf den unteren Stufen der Zufallsfaktor ausschlaggebender als die Kompetenz des Charakters. Wenn man eine entsprechend ansteigende Menge an Erfahrungspunkten angesammelt hat, steigt man eine Stufe auf, was zu einigen feststehenden Verbesserungen, wie dem Ansteigen von Grundangriffsbonus und Rettungswürfen, und einigen wählbaren, wie Talente und besonderen Fähigkeiten, führt. Der Kampf findet rundenweise auf einem 1,5-Meter-Raster statt.

Dennoch gibt es klare Abweichungen vom bekannten Pathfinder-Regelwerk: Wird jemand z. B. „auf dem falschen Fuß“ erwischt, erhält er pauschal einen Malus von -2 auf seine Rüstungsklasse anstatt, wie bei Pathfinder, den Geschicklichkeitsbonus zu verlieren. Die Größenklassenmodifikatoren wurden abgeschafft und damit auch die Unterscheidung zwischen Angriffsbonus und Kampfmanöverbonus. Die Fertigkeitenliste wurde angepasst, viele Wissensfertigkeiten zusammengefasst, neue Fertigkeiten wie z. B. Computer oder Steuerung hinzugefügt und einige wie z. B. Reiten abgeschafft.

Bei den Magieregeln fällt auf, dass keine der beiden zauberkundigen Charakterklassen ihre Zauber vorbereiten muss und dass im Grundregelwerk nur Zauber bis zum 6. Grad enthalten sind, was allerdings bis Stufe 16 ausreichend ist.

Für eindeutige Science-Fiction-Elemente wurden neue Regeln erschaffen, speziell Raumschiffe und Raumkampf erhalten ein eigenes Kapitel. Letzterer findet auf einem Sechseck-Raster statt, die Ausrichtung der Schiffe spielt ebenso eine Rolle wie die Menge der Felder, die man vor der nächsten Wende zurücklegen muss; insgesamt gibt es große Ähnlichkeit zum Luft- und Raumkampf bei Battletech, wenn auch Trefferzonen nicht berücksichtigt werden. Dogfights, bei denen man durch geschickt geplante Flugmanöver seine Bugkanone auf die geschwächten linken Seitenschilde des Gegners ausrichten muss, werden grundsätzlich abgebildet.

Aber das geschieht bei weitem nicht so souverän, wie es bei den erprobten Bodenkampfregeln der Fall ist. Als Brückencrew gibt es auf einem mittelgroßen Schiff viele verschiedene Aufgaben zu erledigen, so dass im Kampf gegen eine Staffel Raumjäger jeder Spielercharakter die Chance auf einen sinnvollen Beitrag hat, wenn auch das Gewicht der einzelnen Rollen sehr unterschiedlich ist. Auch die Raumschiffkonstruktionsregeln erinnern an Battletech.

Eine große Umstellung ist das Schadenssystem der Charaktere: Bevor der Schaden von den Trefferpunkten abgezogen wird, wird er zunächst von den Ausdauerpunkten abgezogen, die sich viel schneller regenerieren als die Trefferpunkte; so ist der Charakter nach dem Kampf schon nach kurzer Zeit wieder einsatzfähig. Unter null fallen die Trefferpunkte nicht, stattdessen wird man ab null Trefferpunkten bewusstlos und verliert jede Runde sogenannte Reservepunkte, die auch für viele andere Zwecke verwendet werden können.

Alles in allem beschränkt sich die Mathematik des Regelwerkes auf zweistellige Zahlen und die Addition und Subtraktion derselben. Komplex werden die Regeln vor allem durch die taktischen Möglichkeiten in Kämpfen.

Charaktererschaffung Bei der Charaktererschaffung baut man den Charakter aus drei vorgefertigten Elementen zusammen: Volk, Charaktermotiv und Klasse. Während die Klasse vor allem definiert, was der Charakter kann, definiert die Motivation, was er damit will. Die Klasse des Soldaten ist ein eindeutiger Kämpfer. Kombiniert man dies mit dem Charaktermotiv des Geistlichen, ergibt sich ein religiöser Ordenskrieger, der für seinen Gott in die Schlacht zieht. Wählt man stattdessen das Charaktermotiv des Söldners, ist er eben ein harter Kämpfer, der seine Muskeln gegen Credits feilbietet. Durch diese Kombinationsmöglichkeiten kommt Starfinder mit nur sieben Charakterklassen aus: Agent (Schurke), Aspirant (Druide oder Kleriker), Gesandter (Barde), Mechaniker (neu), Solarier (Mönch oder Paladin), Soldat (Barbar oder Kämpfer) und Technomagier (Hexenmeister oder Magier).

An Völkern stehen neben Menschen noch sieben Alienvölker zur Wahl, von denen einige wie die Laschuntas schon aus Pathfinder bekannt sind, sowie die regulären Grundvölker aus Pathfinder, die aber insgesamt im Setting eine klar nachgeordnete Rolle spielen. Die Elfen z. B. verlassen ihren Kontinent auf Castrovel so gut wie gar nicht. Der Fokus liegt klar auf Science Fiction: Laschuntas mit Antennen, insektoide Schirren, reptiloide Vesken, vierarmige Kasathas, rattengestaltige Ysokis sowie Androiden bilden neben den Menschen den Kern der Völker.

Wie bei Pathfinder hat man die Wahl, Attribute wie Stärke oder Intelligenz auszuwürfeln oder eine bestimmte Anzahl Punkte darauf zu verteilen, allerdings wird bei Starfinder das Verteilen der Punkte als Normalfall dargestellt. Zunächst hat man in jedem Attribut einen Wert von 10, verteilt dann die Boni und Mali aus Volk und Charaktermotiv darauf und darf anschließend 10 Punkte frei verteilen, aber keinen Wert über 18 heben. Dadurch wird die Wahl des richtigen Volkes für eine Klasse weniger notwendig, denn selbst mit dem Volksmalus von -2 kann man im Schlüsselattribut seiner Klasse auf 18 kommen, wenn man alle 10 freien Punkte dorthin legt.

Insgesamt zielen alle Optionen der Charaktererschaffung klar auf Abenteurer ab, so dass man vom Gesichtspunkt der Spieleffektivität aus wenig falsch machen kann; selbst ein Veske mit -2 Intelligenz kann ein hervorragender Technomagier mit Intelligenz 18 sein. Das taktische Element, das die übrigen Regeln durchzieht, findet sich auch hier.

Erscheinungsbild Mit über 500 Seiten in einem DIN A4 ähnlichen Format ist Starfinder ein großes und schweres Buch. Das Layout ist klar und übersichtlich, das Buch vollständig in Farbdruck mit hochwertigen Bildern gehalten. Zwar werden die Regeltexte nur gelegentlich durch Bilder, dafür aber des Öfteren durch gut abgesetzte Textkästen aufgelockert. Doppelseitige Bilder zu Beginn jedes Kapitels vermitteln einen intensiven Eindruck vom Setting und machen Lust, darin zu spielen. Die Schrift ist gut lesbar, auch wenn die Buchstaben teilweise etwas größer hätten sein dürfen

Bonus/Downloadcontent An Downloads gibt es bisher nicht viel, lediglich ein ausfüllbarer Datenbogen und ein paar Karten zu einem Abenteuerpfad sind auf der Verlagsseite vorhanden.

Fazit Starfinder führt das, was Pathfinder begonnen hat, weiter in die Zukunft und ins Weltall weiter. Sowohl Hintergrund als auch Regeln stehen auf dem Fundament von Pathfinder, beides wird aber selbstständig weitergedacht. Viele Änderungen, speziell bei Charaktererschaffung und Steigerung, aber auch bei den Regeln zu Kampf und Schaden, beseitigen unnötige Zufallsfaktoren, ersparen zusätzliche Würfelarbeit und entschlacken durch Vereinheitlichung viele Abläufe.

Wer Pathfinder kennt, wird sich sofort einfinden, wer es nicht kennt, erhält mit Starfinder ein Regelwerk, das klar und anschaulich alle Regelaspekte erläutert. Wer taktische Optionen bei Charaktererschaffung und Spielablauf mag, wird bei Starfinder genau das finden. Dies ist zudem gut durchdacht, da nun seit D&D 3 ca. 18 Jahre praktische Anwendung und Verbesserung desselben Regelsatzes ins Land gegangen sind. Mit jeder Überarbeitung sind mehr und mehr Schwächen beseitigt worden, Starfinder ist nun die vierte Inkarnation dieser Regeln. Soziale Auseinandersetzungen, Darstellung einer emotionalen Zerrissenheit des Charakters und profane Aktivitäten wie interstellarer Handel und Zollschranken wird man jedoch vergebens suchen. Das taktische, actiongeladene Element der Spielercharaktergruppe steht klar im Zentrum.

Die Regeln für Raumgefechte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Im Spieltest hat sich gezeigt, dass Starfinder dort, wo es auf Pathfinder und D&D 3 mit ihren etlichen Jahren der praktischen Spielentwicklung zurückgreift, diese Höhe auch praktisch halten kann, aber dort, wo neue Wege beschritten wurden, vor allem beim Raumkampf, massiv an Spielspaß und Spannung verloren gehen. Auf einer im Prinzip leeren Hexmap zu versuchen, sich an den beschädigten Schildsektor des Gegners zu heften und diesen gleichzeitig davon abzuhalten, dasselbe zu tun, bietet, da alle Felder auf der Karte gleichwertig sind und es weder Deckung noch Weghindernisse gibt, zu wenige taktische Optionen. Der Kampf zieht sich in die Länge, die verschiedenen Positionen auf der Brücke beschäftigen die Spieler nicht gleichwertig: Der Bordschütze würfelt sich in ewig wiederholender Abfolge einen Wolf, der Rest darf mal kurz würfeln, um einen kleinen Bonus zu verschaffen, und langweilt sich ansonsten.

Der Hintergrund ist durch seine übernatürlichen Bedrohungen aus Hölle und Abyss, diabolischen Kirchenordensschiffen, untoten Flotten und einer biosphärenverschlingenden Schwarmflotte sehr düster angelegt, umso düsterer, je weiter der Fokus der Handlung gesetzt wird. Eine lockere Heiterkeit ist eher bei einem begrenzten Fokus möglich, wenn man mit Weltraumgoblins um Bergungsrechte eines beschädigten Frachters wetteifert. Man muss sich klar zwischen episch und heiter entscheiden.

Knapp 60 EUR sind schon eine Stange Geld, viele Grundregelwerke kosten weniger, aber dafür erhält man ein optisch ansprechendes und umfangreiches Buch, das taktisches Rollenspiel in einer tendenziell düsteren Science-Fantasy-Welt mit erprobten und gut durchdachten Regeln liefert; abgesehen vom absolut enttäuschenden Raumkampf. Wer das taktische Element mag und Raumkampf verzichtbar findet, wird das Geld gut investiert sehen, wer jedoch mit einem futuristischen Dungeon Crawl auf einem Rechteckraster durch den Gefängnistrakt eines abgestürzten Schlachtkreuzers und dem Bonussammeln bei Ausrüstung und Talenten wenig anfangen kann oder großer Fan von Raumkämpfen ist, wird vermutlich enttäuscht sein.

Wichtig ist, dass Starfinder als Spiel letztlich unabhängig von Pathfinder dasteht. Zwar erleichtern Pathfinder-Regelkenntnisse den Zugang, doch sind die Regeln in Starfinder vollständig, eigenständig und verständlich erläutert.

Die Rezension basiert sowohl auf der Lektüre des Regelwerkes, als auch auf der Anwendung von Charaktererschaffung und Raumschiffbau sowie einem Spieltest, bei dem gezielt die neuen Regelelemente angespielt wurden



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
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