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CTHULHU: Allein gegen die Dunkelheit
Verlag: Pegasus Press
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 09/19/2020 15:36:03

https://www.teilzeithelden.de/2020/08/06/rezension-cthulhu-allein-gegen-die-dunkelheit/

Allein gegen die Dunkelheit ist ein Abenteuer, das allein bestanden werden muss. Ein tödliches Mysterium wartet darauf, enthüllt zu werden, während fanatische Kultisten und undurchsichtige Attentäter dies verhindern wollen. Die Teilzeithelden haben die Reise angetreten und in uralten Stätten unaussprechliche Schrecken erblickt.

1985 erschien die Originalversion von Alone Against the Dark, einem Solo-Abenteuer für das Horror-Rollenspiel Cthulhu, das vor einigen Jahren überarbeitet und nun unter dem Titel Allein gegen die Dunkelheit auf Deutsch aufgelegt wurde. Die Jahreszahl macht deutlich, dass eine Überarbeitung nötig war, um den Staub abzuputzen. Viel wurde allerdings nicht verändert. Spricht dies für die Qualität des Abenteuers?

Endlose Möglichkeiten? – Der Inhalt Allein gegen die Dunkelheit ist nicht wie die meisten anderen Solo-Abenteuer und ihnen in manchen Punkten doch sehr ähnlich. Vier vorgefertigte Charaktere liegen bei, wobei festgelegt ist, dass man in Arkham, einer fiktiven Stadt in Neuengland, mit Dr. Louis Grunewald startet. Scheitert er im Laufe des Spiels, kommt sein Freund Ernest Holt zum Einsatz, nach ihm die Reporterin Lydia Lau, danach ihr Verlobter, der Navy-Matrose Devon Wilson. Dadurch kommt eine Dynamik in den Verlauf des Abenteuers, die weiter unten beispielhaft dargestellt werden soll. Ansonsten wird die Geschichte so erzählt, wie man es aus den alten Abenteuer-Spielebüchern kennt: Du nimmst den linken Gang? Dann lies bei X weiter. Gehst Du in den rechten Gang, dann blättere zu Y.

Grunewald bekommt ein Telegramm von einem Freund, der in Athen Ärger mit dem Gesetz bekommen hat und nun um Hilfe bittet. Offenbar hat er versucht, etwas aus dem dortigen Museum zu entwenden. Grunewald fackelt nicht lange und beschließt, mit dem Schiff nach Athen zu reisen. Vorab müssen jedoch einige Vorkehrungen getroffen werden. An diesem Punkt fällt bereits die nächste Besonderheit des Abenteuers auf: Es können unterschiedliche Orte in Arkham besucht werden, an denen, je nach aktueller Uhrzeit und Datum, verschiedene Ereignisse möglich sind. Neben den Spielwerten von Dr. Grunewald muss also auch der Kalender gepflegt werden.

Arkham ist noch verhältnismäßig übersichtlich. Spätere Schauplätze wie Athen und Kairo bieten viele Optionen, bei denen die weitere Entwicklung stark vom Datum abhängt. Der Kalender beginnt am 1. September 1931 und kann bis zum 31. Dezember 1931 verwendet werden, wobei im Hintergrund Ereignisse geschehen, welche die Optionen an manchen Schauplätzen verändern.

Beispiel gefällig? Dr. Grunewald startet in Arkham und reist über Boston und New York nach Athen, um dort seinen Freund aus dem Gefängnis zu holen. Da das Abenteuer an einem Dienstagabend startet und das Schiff erst am Samstag ablegt, ist noch etwas Zeit, um in Bibliotheken und Museen ein paar Informationen einzuholen.

Die Fahrt nach Athen dauert neun Tage, die mit Aktivitäten wie Bridge, Bord-Kino, Tennis oder Cocktails verplant werden können. Je nachdem, was ausgewählt wurde, hat man die Chance auf besondere Ereignisse. In diesem Durchlauf sorgt die Auswahl jedoch dafür, dass nichts Spektakuläres passiert, auch wenn Dr. Grunewald offenbar verfolgt wird.

In Athen stellt er schließlich fest, dass sein Freund einem alten Kult und einem besonderen Artefakt auf der Spur war, das sich nun im Museum von Kairo befindet. An dieser Stelle soll nicht zu viel von der Handlung verraten werden, aber tatsächlich schafft Dr. Grunewald es dank Würfelglück und viel Vorsicht, bereits in Kairo die Gefahr abzuwenden. Ein Großteil des Abenteuers bleibt wegen des erfolgreichen Ausgangs also unerforscht. Laut Einleitung ist dies allerdings auch ein sehr unwahrscheinliches Ergebnis.

Tun wir also so, als hätte der Doktor es nicht geschafft: Drei Tage später bricht Ernest Holt, der bereits erwähnte Freund von Grunewald, aus New York auf. Laut Kalender legt praktischerweise noch am gleichen Tag das Schiff nach Athen ab. Holt erlebt die gleiche neuntägige Reise, auch wenn dieses Mal die Freizeit anders verplant wird und deswegen schnell zu erkennen ist, dass Attentäter auf ihn lauern.

Doch es ist noch Mitte September und Holt hat in Kairo die gleichen Möglichkeiten wie vor ihm Grunewald. Grundlegende Änderungen, so ist den Beschreibungen zu entnehmen, finden erst einige Wochen später statt. Warum also nicht mit Holt ein bisschen unbekümmerter die Umgebung erkunden? Doch auch damit scheint noch nicht alles gesehen. Weitere Durchläufe müssen her, um zu erfahren, wie die Geschichte einen an die bereits in den Handouts sichtbaren Schauplätze wie Bremen oder in eine alte Pyramide führt. Einige Spielstunden später wird dies jedoch klarer.

Allein gegen die Dunkelheit in einer offenen Welt Dieses Solo-Abenteuer erfordert von den Spieler*innen eine Menge Buchführung. Uhrzeit und Datum müssen nachgehalten werden, ebenso wie die Ausrüstung. Der Sinn vieler Schauplätze erschließt sich erst, wenn man andernorts einen Hinweis darauf erhalten hat. In der Einleitung wird sogar davor gewarnt, einen Ort ohne triftigen Grund aufzusuchen. Andererseits sollte man diese Warnung nicht zu sehr beherzigen, denn wer nicht erkundet, der verpasst auch viel. Das Abenteuer kann dadurch ins Stocken geraten.

Teilweise stößt man nur scheinbar willkürlich auf erhellende Hinweise. In Athen hängen einige Ereignisse zum Beispiel stark von der Wahl des Taxi-Fahrers ab. Trifft man im oben beschriebenen Abschnitt während der Schifffahrt aus dem Bauch heraus bestimmte Entscheidungen, tappt man lange Zeit im Dunkeln. Schlägt eine Probe zur Einschätzung des Gegenübers während eines Gesprächs fehl, verpasst man interessante Dialog-Optionen.

Diese Punkte machen Allein gegen die Dunkelheit etwas sperrig. Auch ist es nicht, wie viele zeitgenössische Solo-Abenteuer, für Einsteiger gedacht. Eine grundlegende Kenntnis des Cthulhu-Regelsystems wird vorausgesetzt. Die Fertigkeiten der vier vorgefertigten Charaktere können verbessert werden. Zwar gibt es Tipps, welche Fertigkeiten gesteigert werden sollten, aber keine Erklärungen dazu, was sie genau bewirken.

Bestimmte Fertigkeiten sind für das Bestehen des Abenteuers unabdingbar. Wer sie nicht auf dem Charakterbogen findet und es versäumt, sie zu aktivieren, findet sich irgendwann in einer ausweglosen Situation wieder. Immerhin hat man mit dem nächsten Charakter die Möglichkeit, dies auszugleichen. Außerdem gibt es einen Schnitzer bei Allein gegen die Dunkelheit: Es wurde vergessen, die (bitter nötigen) Glückspunkte bei den vorgefertigten Charakteren zu vermerken, obwohl deren Gebrauch in den einleitenden Regeln ausführlich erklärt wird. Diese können natürlich aber auch selbst ausgewürfelt werden.

Ein karges Abenteuer – Das Erscheinungsbild Allein gegen die Dunkelheit besticht durch ein sauberes Schriftbild und eine sparsame Illustration. Wie bei vielen Solo-Abenteuern ist es nachzuvollziehen, warum auf allzu deutliche Szenen weitestgehend verzichtet wird. Wer ganz am Anfang noch unbefangen durch die Abschnitte blättert, soll schließlich nicht bereits den Endkampf erblicken.

Das Wichtigste funktioniert tadellos: Die Orientierung beim Blättern von Abschnitt zu Abschnitt klappt dank gut lesbarer Zahlen und einer sauberen Struktur ohne Probleme. Da häufig wieder zu einem Ausgangspunkt zurückgeblättert muss, hilft es zudem, dass auch die Zahlen der Abschnitte, von denen man gerade gekommen ist, vermerkt sind.

Ein verstaubtes Mysterium – Das Fazit Im Jahr 1985 mögen die Ideen in Allein gegen die Dunkelheit noch frisch und unverbraucht gewirkt haben. Heutzutage tragen sie allein jedoch nicht mehr durch die altbackene Geschichte, bei der nur selten Spannung oder gar Horror aufkommen. Stattdessen kann das Abenteuer durch seinen verschrobenen Charme und den detailverliebten Simulationscharakter überzeugen.

35 Jahre nach Erstveröffentlichung wäre anstelle des oberflächlichen Aufpolierens eine grundlegende Überarbeitung wünschenswert gewesen. Zwar besitzt das Abenteuer noch immer eine beachtliche Spieltiefe, da viele Stationen mehrfach besuchbar sind und je nach Situation neue Möglichkeiten bieten. Die Aufbereitung ist aber sehr trocken, sachlich und bis auf einige Ausnahmen nur wenig atmosphärisch.

Allein gegen die Dunkelheit ist nichts für jene, die einen entspannten und unkomplizierten Abend mit einem Solo-Abenteuer verbringen wollen. Vielmehr werden jene angesprochen, die sich gerne über den ganzen Schreibtisch ausbreiten und in der vielschichtigen Handlung versinken möchten.

Selten gab es in einem Abenteuer dieser Art so viel zu entdecken, auch wenn die Zugänglichkeit mitunter durch die groben Spielmechanismen eingeschränkt wird. Wer diese Herausforderung annimmt, kann jedoch Schritt für Schritt mehr erfahren, was schließlich auch einen gewissen Reiz ausmacht. Allein gegen die Dunkelheit ist ein Mysterium, dass sich nicht leicht enthüllen lässt.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
CTHULHU: Allein gegen die Dunkelheit
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DSA5 - Aventurisches Herbarium (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 04/25/2020 05:59:47

https://www.teilzeithelden.de/2020/04/14/rezension-dsa5-aventurisches-herbarium-ahorn-algen-und-alraunen/

Manche Helden sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, marschieren über Feld und Wiese und hinterlassen unzählige totgetretene Pflanzen. Damit ist jetzt Schluss, denn das kürzlich erschienene Aventurische Herbarium lenkt den Fokus auf die teilweise einzigartige Pflanzenwelt Aventuriens. Welche Schätze und Gefahren verbergen sich wirklich in der Wildnis?

Die Natur ist die beste Apotheke.

(Sebastian Kneipp, Naturheilkundler 1821–1897 n.Chr.)

Das Aventurische Herbarium möchte mit den Sammelbegriffen „Pflanzen“ und „Wildnis“ endlich aufräumen und einen „Baukasten für die Bepflanzung […] Aventuriens“ bieten. Damit reisende Helden nicht mehr nur die Schatten am Wegesrand im Dornendickicht sehen, sondern auch das Dornendickicht selbst wahrnehmen.

Meine Reise führt mich daher am heutigen Tage nach Retogau im Mittelreich, wo mich Baron Zordan Fuxfell zu einem Umtrunk erwartet. Der folgende Dialog schildert die ersten Eindrücke über das neue Regelerweiterungswerk und seinen Umgang und Nutzen am Spieltisch.

Inhalt Teilzeithelden: Euer Wohlgeboren, vielen Dank, dass Ihr meiner Anfrage zu einem Treffen stattgegeben habt. Wie ich in meinem Schreiben bereits kundgetan habe, interessiere ich mich in erster Linie für das Buch, welches Ihr kürzlich erworben habt. Ich möchte meinen, dass Ihr damit einer der ersten Adligen des Reiches seid, die das neue Aventurische Herbarium in Händen halten. Erlaubt mir die Frage, was Euch dazu bewegt hat, das Werk zu erwerben.

Fuxfell: Werter Herr Redakteur, nichts anderes als die Neugier trieb mich an. Wie Ihr seht, pflege ich eine gut sortierte Bibliothek, und da es mir derzeit an abenteuerlichem Exkurs mangelt, sah ich es als meine Pflicht, den staubigen, leeren Flecken des Regals dort links ebenfalls mit Büchern zu füllen.

Teilzeithelden: Aber warum dann gerade das Herbarium, warum nicht etwas über Staats- oder Fechtkunst?

Fuxfell: Das Herbarium mag auf den ersten Blick unwichtig erscheinen. Auch ich habe über die Jahre erst lernen müssen, welche Schätze die Natur uns an die Hand gibt. Was der eine als nutzloses Unkraut sieht, kann für den anderen eine lebensrettende Medizin sein. Das Herbarium vereint das Wissen der Naturkundler und Gelehrten der Heilkunst und bietet einen hervorragenden Überblick über mehr als 60 Pflanzen. Zudem liefert es eine Menge nützlicher Rezepte, Hinweise zur Alltagsarznei und zum alchimistischem Wirken.

Teilzeithelden: Euer Wohlgeboren empfindet das Werk also als übersichtlich?

Fuxfell: In der Tat. Der Aufbau mit je einer Pflanze pro Seite ist ebenso gelungen wie die Kategorisierung der einzelnen Pflanzentypen (Heilpflanzen, Giftpflanzen, Pflanzen mit physischer Wirkung, Pflanzen mit psychischer Wirkung, Nutzpflanzen, wehrhafte Pflanzen und übernatürliche Pflanzen).

Kapitel 1 – Aventurisches Herbarium vs. Herbarium Aventuricum Teilzeithelden: Schauen wir uns das Werk doch einmal aus der Nähe an!

Der Seitenaufbau enthält zu jeder vorgestellten Pflanze ein Zitat (Ingame-Text) und eine ausführliche Beschreibung. Zudem beinhaltet es einen optisch hervorgehobenen Bereich mit den wichtigsten Angaben zur jeweiligen Pflanzenart (Verbreitung, Bestimmungsschwierigkeit, Wirkung, Preis, Haltbarkeit, etc.). Darüber hinaus gibt es für jedes Gewächs eine Rubrik „Was weiß mein Held über …“, welche in drei (Qualitäts-)Stufen das (Helden-)Wissen über das Gewächs erläutert.

Fuxfell: Werter Herr Redakteur, vergesst nicht die Illustrationen zu jeder Pflanze!

Teilzeithelden: Vielen Dank für den Hinweis, auf das Erscheinungsbild des Werkes werde ich später noch eingehen, aber Ihr habt selbstverständlich Recht.

Ich würde gerne zur Veranschaulichung ein paar beispielhafte Gewächse des Werkes umreißen, wenn es Euer Wohlgeboren erlaubt. Und ich sehe just, dass Ihr in eurer Bibliothek auch das ältere Werk Herbarium Aventuricum (aus der DSA3-Box Drachen, Greifen, Schwarzer Lotos) besitzt, welches wir zum Vergleich heranziehen könnten.

Fuxfell: Wohlan, so soll es sein. Da, nehmt Ihr das neue Werk, und ich schlage im älteren nach und ziehe einen Vergleich. Schwebt Euch bereits ein Kraut vor Augen, dessen wir uns für den Vergleich bedienen können?

Teilzeithelden: Das Wirselkraut ist allgemein bekannt und dürfte in beiden Werken vorkommen, und auch die Alraune halte ich für eine sinnvolle Wahl.

Die Beschreibung des Wirselkrautes beginnt mit zwei Zitaten, welche die heilende Wirkung des Krautes aufgreifen, sowie die zwergische Abneigung gegen das Kraut.

Fuxfell: Hier ebenso.

Teilzeithelden: Es folgt eine Beschreibung des Aussehens der Pflanze, ihrer Verbreitung in Aventurien und ihrer Verwendbarkeit.

Fuxfell: Hier ebenso.

Teilzeithelden: Im hervorgehobenen Kasten auf der rechten Seite werden die wichtigsten Informationen (Werte) des Krautes zusammengefasst und übersichtlich dargestellt. Darunter befinden sich auch Hinweise auf die Rezepturen und den Einsatz als Arznei.

Fuxfell: Hier ebenso.

Teilzeithelden: Zuletzt folgt eine Beschreibung des Bekanntheitsgrades in der Rubrik „Was weiß mein Held über Wirselkraut?“

Fuxfell: Hier nicht.

Teilzeithelden: Wir stellen also fest, dass sich das neue Werk nicht unwesentlich vom älteren unterscheidet.

Fuxfell: Das möchte mir nicht in den Sinn kommen. Wohlan, wir haben zwar des Heilungskrautes Seiten verglichen, mitnichten jedoch andere Seiten. Auch sind zwar Zitate vorhanden, doch sind es andere und vor allem neuere Erkenntnisse. Sehet zum Beispiel: Das erste Zitat zum Wirselkraut, welches aus dem „Folianth der Kreutherkunde“ stammt, ist aus dem Jahre 1042 BF und somit aktuell.

Zudem habe ich eben im neueren Werke quergelesen und musste feststellen, dass es zwar weniger Pflanzen enthält, aber dafür einige neue Entdeckungen hinzugekommen sind. „Wandermoos“, „Schwarmschwamm“ oder „Krakenseerose“ sind mir beispielsweise bis dato gänzlich unbekannt gewesen. Wo das ältere Werk nur nach Heil-, Gift- und profanen Pflanzen unterschied, bringt die Typisierung und zugehörige Symbolik dem neuen Werk und dem eiligen Leser auch einen schnellen Überblick über den Nutzen einer Pflanze. Ich halte dies hesindegefällige Werk daher doch für um einiges informativer.

Teilzeithelden: Ich stimme Euer Wohlgeboren zu. Der Umfang des neuen Werkes mag ein klein wenig geringer sein, aber die Inhalte wiegen diesen Umstand über alle Maßen auf.

Wenden wir uns doch unserem zweiten Vergleichsobjekt zu, der Alraune. Und lasst uns diesmal die Bücher tauschen, damit wir verschiedene Sichtweisen berücksichtigen. Hier finde ich im älteren Werk ebenfalls ein Zitat und einen ähnlichen Aufbau wie zum Wirselkraut, mit Beschreibungstext und allen wichtigen Informationen.

Fuxfell: Hier ebenso, wenngleich ich erwähnen muss, dass der Alraune im zweiten Kapitel ebenfalls einige Zeilen dargebracht wurden. Lasset uns daher die Alraune und das zweite Kapitel, welches sich den Rezepturen widmet, eingehender studieren.

Kapitel 2 – Rezepte

Teilzeithelden: Hier nützt der Vergleich zum älteren Werk nicht mehr viel, da die Kapitel sich zu sehr voneinander unterscheiden. Ich fasse aber gerne das zweite Kapitel des neuen Aventurischen Herbariums zusammen, sodass wir im Anschluss einen Blick auf die Alraunen werfen können.

Das Kapitel widmet sich in der Tat den Rezepten. Sowohl den pflanzlichen als auch den alchimistischen wurde dabei Platz eingeräumt, und auch hier greift die Typisierung, welche bereits bei der Einteilung der Pflanzen zu finden ist. Insgesamt sind auch hier über 60 Salben, Tinkturen, Gifte und Elixiere zu finden. Einen ganz eigenen Platz – von immerhin sieben Seiten – nimmt dabei der „Alraunige Homunculus“ ein.

Fuxfell: Mich deucht, hier hat Hexenwerk in das Buch Einzug gehalten. Nicht, dass ich etwas gegen Hexen hätte, doch scheint mir der Homunculus fast ebenso gefährlich wie einige der aufgezählten Gifte und alchimistischen Tinkturen. Wenngleich das putzige Kerlchen sicherlich ein lustiger und hilfreicher Weggefährte sein könnte. Wir bewegen uns wohl in einer nebligen Zone mit diesem Buch, nicht wahr? Nun ja, solange das Buch keine einwandfreie Thesis mitliefert, wird es wohl nicht indiziert werden, und Phex sei Dank habe ich ohnehin noch nie einen Praioten in meiner Bibliothek sitzen gehabt.

Teilzeithelden: Ich enthalte mich lieber eines Kommentares dazu. Was hält Euer Wohlgeboren denn vom dritten Kapitel?

Kapitel 3 – Regeln und Tabellen Fuxfell: Zum einen bin ich darauf erpicht, die beschriebenen Landschaften alsbald wieder zu bereisen, zum anderen entzückt es mich zu sehen, wie detailliert die Flora der aventurischen Regionen beschrieben wurden. Ach, fürwahr, ich kann einiges davon bestätigen, habe ich doch viele der Länder in früheren Jahren bereist.

Die Beschreibungen der Landschaftstypen geben ein stimmiges Bild wieder. Nehmt doch nur beispielsweise die „Mittelländischen Wälder“, jenes Waldland, welches sich jenseits von Gareth erstreckt, oder den Farindel im albernischen Land. Der Herr von Blautann hat seinen Namen nicht von ungefähr, und ich erinnere mich gut an Rotbuchen, Lindenbäume und Rosskastanien, zwischen denen wir unsere Lager aufschlugen. Haselnüsse oder Himbeeren dienten uns als Nahrung, und hätte Alberik die roten Beeren des „Ingerimmsglöckchen“ nicht rechtzeitig erkannt, hätte sich Sigfried sicherlich daran vergiftet.

Aber ich schweife in alte Erinnerungen ab. Um Eure Frage zu beantworten, ich halte große Stücke auf das dritte Kapitel. Es beschreibt nicht nur die landschaftlichen Begebenheiten, sondern beinhaltet auch ein großes Sammelsurium an nützlichen Thematiken wie die Kräutersuche, die Haltbarmachung, den Umgang mit Alltagsarzneien und die Gefahren der Sucht.

Teilzeithelden: Nicht zu vergessen den Grundsatz der alchimistischen Äquivalenz.

Fuxfell: Wie wahr, Herr Redakteur, eine Studie der alchimistischen Gelehrten zur Eigenschaft und Sympathetik der Elemente. Sehr von Interesse für eine neue Sichtweise auf die metaphysischen Gesetze und die fundamentale kosmische Ordnung, welche gerade nun in der Zeit des Sternenfalls von äußerster Relevanz sein könnte, wenn Ihr mich fragt. Was mir überdies nicht in den Kopf will, sind die vielen „Fokusregeln“ und regeltechnischen „Werte“, von denen auch Ihr heute schon mehrfach spracht. Welche Zeitung schickte euch noch gleich?

Während der Redakteur versucht, dem Herrn Baron die irdische Welt etwas näher zu bringen, und im Werk noch nach einem Heilmittel für Corona sucht, könnt ihr, liebe Leserinnen und Leser, noch etwas über das Erscheinungsbild erfahren und im Fazit die Zusammenfassung unseres Dialoges lesen.

Erscheinungsbild Das Aventurische Herbarium besticht vor allem mit seinen hervorragenden Illustrationen. Nicht nur das gelungene Titelbild von Nele Klumpe ist ein Hingucker, sondern auch die vielen verschiedenen Innenillustrationen können sich sehen lassen. Die detaillierten Beschreibungen der Pflanzen wurden von den Künstlern nahezu perfekt in ihren Bildern umgesetzt.

Das Buch besticht aber auch durch eine gute Lesbarkeit und Übersichtlichkeit, welche hauptsächlich dem strukturierten Seitenaufbau geschuldet ist. Dass sich viele Informationen an verschiedenen Stellen wiederholen, kann man zu Gunsten der schnellen Informationsfindung ignorieren.

Fazit Mit dem Aventurischen Herbarium bringt Ulisses nach der Fauna (Aventurische Tiergefährten, wir berichteten) nun auch die Flora an den Spieltisch. Frei nach dem Motto: Weg vom „Ihr stapft durch die albernische Heide“ hin zum „Das Jasalinkraut verleiht der sonst eher kargen Landschaft aus vereinzelt stehenden Erlen ein paar purpurne Tupfer.“

Das Erweiterungsregelwerk überzeugt mit tollen Illustrationen und einer Reihe hilfreicher Fokusregeln für das Spiel mit diversen Pflanzentypen. Nicht nur für den kräutersammelnden Heiler, sondern auch für alle anderen Charaktere lässt sich Aventurien vollkommen neu entdecken. Alchimistische Tinkturen für den Gelehrten, Gifte für die dunklen Seiten in uns, gefährliches Pflanzenwerk wie die „Disdychonda“ für den wagemutigen Kämpfer oder die Erschaffung eines alraunischen Homunculus als magisches Wirken – hier ist für wirklich jeden etwas dabei. Fokusregeln zur Haltbarmmachung, zur Kräutersuche, zum Umgang mit Süchten oder zur Verwendung von Alltagsarzneien sind nur einige der lohnenswerten Inhalte.

Der Preis des Werkes wirkt zwar verhältnismäßig hoch, ist aber bei der Vielzahl an Illustrationen und dem Umfang von 160 Seiten gerechtfertigt. Lasst nicht zu, dass euch die Wildnis von diesem Werk trennt. Stiefel geschnürt und auf zum Händler des Vertrauens marschiert! Aber Obacht: Unter manchem Stiefel klebt vielleicht das Potenzial für ein Abenteuer, man muss sich nur seiner Umwelt bewusst werden und nachschauen.



Wertung:
[5 von 5 Sternen!]
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Shadowrun: Blackout
Verlag: Pegasus Press
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 04/25/2020 05:58:47

https://www.teilzeithelden.de/2020/04/24/rezension-shadowrun-blackout-wenn-runner-wieder-kurzwelle-nutzen/

Als Runner ist man Chaos gewohnt: Kein Plan überlebt den Feind. Auf einen Blackout sind sie von allen Bevölkerungsgruppen daher noch am besten vorbereitet: magische Bedrohungen, technisches Versagen, politische Umbrüche und eine zusammenbrechende Gesellschaft. Blackout hat alle Zutaten für einen großen Haufen Drek und verfraggt viel Spaß.

Blackout ist ein Quellenbuch, in dem es um (in der Shadowrun-Zeitlinie) aktuelle Ereignisse in den UCAS, speziell in Detroit, geht. Motor City hat ähnliche Probleme, wie Chicago sie vor einigen Jahren hatte: Insektengeister, kurz: Bugs.

Auf viele Details wurde im Folgenden verzichtet, um den Inhalt nicht zu stark vorwegzunehmen. Neben dem hier Erwähnten gibt es einige Wendungen und Ereignisse, die ungenannt bleiben, um das Erlebnis der Eigenlektüre nicht zu schmälern.

Inhalt Am 30. Juli 2080 startete Ares „Operation Lettisches Gambit“, bei der ein riesiger Insektenschwarm, der im Untergrund Detroits nistet, angegriffen und vernichtet werden sollte. Dieser Schwarm war mindestens so groß wie der in Chicago, wenn nicht größer. Damien Knight hatte mit Hilfe eines totgeglaubten Bugexperten herumexperimentiert und das Ergebnis, die „Alphas“, zusammen mit seinen Truppen auf den Schwarm gejagt – natürlich alles unter einem Vorwand.

Ohne zu sehr auf die Details einzugehen: Es lief nicht wie erhofft. Die Firewatch-Heldin Colonel Anne Ravenheart verhinderte mit ihren irregulären Truppen Schlimmeres, aber bei weitem nicht alles. Die Irregulären bestehen aus Soldaten, Zivilisten und einer ordentlichen Menge an Shadowrunnern. Nun ist Detroit ein Kriegsgebiet mit Insektengeistern, wildgewordenen Alphas und noch einem großen Haufen anderer Probleme.

Kleines Wörterbuch für Shadowrun in alphabetischer Reihenfolge:

Ares Macrotechnology (kurz: Ares): Einer der „Die Großen Zehn“ genannten Megakonzerne und damit eines der mächtigsten Unternehmen der Welt. Vorstandsvorsitzender ist Damien Knight, Hauptsitz lag bis 2080 in Detroit.

Aztechnology (Aztec): Ein weiterer Megakonzern der Großen Zehn.

CAS: Steht für „Confederation of American States“, einer der neuen Staaten auf dem nordamerikanischen Kontinent.

Cyberware: Anorganische, technische Augmentierungen, die Körperfunktionen ersetzen und/oder verbessern. Darunter Cyberaugen, ganze Arme oder kosmetische Veränderungen.

DeeCee: Hauptstadt der UCAS, hieß bis 2024 Washington D.C.

Drek: Runner-Slang für „Scheiße“.

Firewatch: Elite-Spezialeinheit von Knight Errant und Ares zur Bekämpfung von Insektengeistern und deren Nestern.

GridLink: In Verbindung mit GridGuide ein flächendeckendes Verkehrsleitsystem, das autonomes Fahren, Verkehrsüberwachung und einiges mehr ermöglicht. Die zumeist elektrischen Fahrzeuge laden sich über die im Boden eingelassenen Elemente automatisch während der Fahrt auf.

Insektengeister (Bugs): Besondere Form von Geistern, die einen Wirtskörper besetzen und seit den Vorfällen in Chicago (Bug City) gehasst und gejagt werden.

Knight Errant: Steht für „Knight Errant Security Services“, privater Sicherheitsdienst, Polizeidienstleister und Privatarmee von Ares.

Konzerngerichtshof: Das mächtigste Gremium der Welt, gesteuert durch die Großen Zehn.

Matrix: Weltweites Computernetzwerk, mit dem eigentlich alles verbunden ist – auch deine neue Outdoor-Jacke. Es gibt AR- und VR-Optionen.

NAN: Steht für „Native American Nations“, ein indianischer Nationenbund im nordwestlichen Teil des nordamerikanischen Kontinents.

Shadowrunner (kurz: Runner): Namensgebende Auftragskriminelle.

StarKafé, Stuffer Shack & Taco Temple: Bekannte Läden in der Welt von Shadowrun.

UCAS: Steht für „United Canadian and American States“, einer der neuen Staaten auf dem nordamerikanischen Kontinent.

verfraggt: Runner-Slang für „verdammt“ oder „verflucht“.

Glühend heiß werden die Geschehnisse von Runnern in den für Quellenbüchern typischen Matrix-Chatrooms und Downloads geschildert. Dazu kommen lückenhafte Berichte aus der Stadt und dem ganzen Land, die dann kommentiert und eingeordnet werden. Erinnerungen an die Insektenplage in Chicago oder die Vorfälle in Boston drängen sich auf.

Blackout befasst sich mit den Vorfällen zwischen Juli 2080 und März 2081, wobei der Abenteuerband 30 Nächte und 3 Tage die Vorfälle zu einer kleinen Kampagne in Toronto aufarbeitet. Lest dazu nächsten Monat unsere Rezension!

Der Strip-Club „Platinum Troll Girls“ spielt eine wichtige Rolle in Detroit.

Marv, der Besitzer des Strip-Clubs, zählt zu den einflussreichen Personen der Stadt. Was in Detroit begonnen hat, hat Auswirkungen auf die gesamten UCAS und darüber hinaus: St. Louis, Atlanta und auch Québec, Toronto und weitere Gebiete sind betroffen, doch Detroit bildet den Mittelpunkt von Blackout – dort hat alles begonnen. Besonders der Strip-Club Platinum Troll Girls von Ex-Runner Marv wird Schaltzentrale der Irregulären, die versuchen, die Stadt zu retten und dabei nicht von Ares-Truppen erschossen zu werden.

Für Runner gibt es gute Arbeit: Erhalt der gesellschaftlichen Ordnung und zivile Hilfe auf der einen, Kopfgelder oder die persönliche Bereicherung auf der anderen Seite. Blackout schafft hier ein Füllhorn an Möglichkeiten. Doch der große Knall steht noch bevor.

Während das UCAS-Militär die gesendeten Hilfstruppen unter mysteriösen Umständen verliert (Stichwort „Chiark“), geht die UCAS-Regierung einen monumentalen Schritt: DeeCee beendet seine Beteiligung an den Business Recognition Accords (BRA). Als Begründung sind die Verstöße „von Ares Macrotechnology im Besonderen und dem Konzerngerichtshof im Allgemeinen“ gegen mehrere Artikel der Übereinkunft angegeben. Damit entzieht die UCAS allen Konzernen ihre Exterritorialität im Regierungsgebiet.

Kopfgelder versprechen hohe Profite.So muss man sich den „Chiark“ wohl vorstellen. Dieser Austritt ist ein gigantischer Knaller und verändert das Leben in den UCAS nachhaltig. Jedes Konzerngelände ist nach den BRA exterritoriales Gebiet – das zählt auch für jeden Stuffer Shack (Aztec), StarKafé (Ares) oder Taco Temple (Aztec). Die meisten Bürger sind keine Landesbürger, sondern Konzernbürger, die damit mindestens in eine ungünstige Lage geraten.

Nach Explosionen und Stromausfällen in allen Städten der UCAS steht der nordamerikanische Staat bald am Abgrund: Ein Großteil der Cyberware funktioniert nicht mehr, GridLink und fast alle lebenswichtigen Technologien von Waffen bis hin zu Türschlössern fallen aus – die gesellschaftliche Ordnung bricht zusammen. Besonders, da durch den Austritt aus den Abkommen Hilfe von außen kaum zu bekommen ist.

Ein Begriff, den man sich merken muss: UCrash! Als wären Bugs, Kriegsrecht und der Zusammenbruch eines Landes nicht genug, gibt es zusätzlich Angriffe von benachbarten Nationen wie der Republik Québec, die Ottawa angreift und einnehmen will, und den NAN, die es unter anderem auf Dakota, Kansas und drei weitere UCAS-Bundesstaaten abgesehen haben. Kentucky verlässt die UCAS und schließt sich der CAS an, Seattle und St. Louis erklären ihre Unabhängigkeit, UCAS-Vizepräsidentin spricht sich auch für eine Unabhängigkeit Kanadas aus, während Ares seinen Sitz nach Atlanta verschiebt. Die Wahlen bescheren den UCAS das erste Mal einen orkischen Präsidenten.

Der Abschnitt über Detroit wird sehr poetisch eingeläutet …… und die große Veränderung kommt mit einem Paukenschlag. Nach 51 Tagen Chaos sind weder die UCAS noch Detroit das, was sie einst waren. Gebietsverluste, der Exodus von Ares und der beschämende Wiedereintritt in die BRA hinterlassen ihre Spuren. Detroit hat sein Gesicht verändert und trägt nun den inoffiziellen Namen Motor City – man will sich von der Regierung und den Konzernen distanzieren. Der Wiederaufbau kann dauern, auch wenn es die Stadt nicht so schlimm erwischt hat wie einst Chicago. Gangs übernehmen mehr Kontrolle, Machtstrukturen haben sich verschoben und neue gebildet – eine durchaus reizvolle, wenngleich düstere Spielwelt.

Der Blackout hat weltweite Auswirkungen und einige Reaktionen aus den ADL werden auf den letzten Seiten beschrieben – ein altbekanntes und gern gesehenes Goodie der deutschen Version.

Erscheinungsbild Das Cover zeigt einen Ares-Soldaten in schwerer Panzerung und mit dicker Knarre, der mit zwei anderen Soldaten in den beleuchteten Häuserschluchten Detroits und zwischen Explosionen gegen Bugs kämpft. Für das Bild posiert er leider eher, was dem ansonsten sehr stimmigen Motiv aber nur einen kleinen Dämpfer verpasst.

Die Quellenbücher der sechsten Edition tragen neben dem Titelbild ein hellblaues Cover und sind im Innenteil hell und ansprechend gestaltet. Dass die Seitenzahlen nicht wie im Grundregelwerk oder dem Quellenband Berlin 2080 oben an den Seitenrändern stehen, sondern in den unteren Ecken, ist im direkten Vergleich ein wenig verwirrend.

Bugs in Detroit. Beim ersten Überfliegen von Blackout fiel die geringe Bilderdichte auf. Gerade in Quellenbüchern sind viele Bilder hilfreich, die gewünschte Stimmung zu transportieren. Während des Lesens ist diese Stimmung aber durch die Struktur und den sehr spannenden Inhalt dennoch hervorragend transportiert worden und es las sich alles sehr angenehm.

Manche Teile des Quellenbuchs wirken nicht nur inhaltlich wie ein Roman.Zumeist werden die Seiten aber auch ohne Bilder angenehm aufgelockert. Vor allem die Infokästen und Matrix-Kommentare lockern das Textbild auf, die Gesamtstruktur bietet noch Verbesserungspotenzial. Der Anteil an neuen und qualitativ sehr hochwertigen Bildern ist beim zweiten Blick recht hoch, was an der neuen Edition liegen könnte.

Fazit Wer Shadowrun nach 2081 verstehen will, muss dieses Buch lesen und hat Glück: Das Quellenbucht liest sich an vielen Stellen wie ein spannender, kommentierter Roman. Es werden eine ganze Menge Inhalte zum spannenden und intensiven Plot um den Blackout, der daraus resultierenden Ausnahmesituation und den politischen Umwälzungen gegeben.

Andererseits fehlen an einigen Stellen die letzten Details, um die vorgestellten Geschehnisse vollends zu erklären. Besonders die Story um den Chiark, ein Monster-Hybrid aus Gepard, Hai und Löwe, wirkt da etwas befremdlich. Inhaltlich ist Blackout aber eines der besseren Shadowrun-Quellenbüchern, die mir bisher in den Händen lagen. Auf etwas über 180 Seiten wird die Spielwelt auf den Kopf gestellt und dutzende Spielangebote gegeben, die Kanon-Spielrunden glücklich stimmen werden.

Wie so oft ist die Struktur des Buches aber problematisch: Die zwei großen Themen, der Blackout mit all seinen Facetten und die neueren politischen Fehlschläge mit den daraus resultierenden Gebietsverlusten, laufen an vielen Stellen parallel und sind zeitlich kaum zu trennen. Im Buch findet diese Trennung jedoch statt, so dass man beim Nachschlagen sicherlich einige Male hin- und herblättern muss. Ein altbekanntes Problem von Shadowrun. Das recht detaillierte Inhaltsverzeichnis erleichtert die Suche nach dem richtigen Absatz etwas.

Wie immer können wir, im Gegensatz zu den Besitzern der englischen Ausgabe Cutting Black, uns über ein paar Seiten zu den ADL freuen.

Für die üblichen knapp 20 Euro erhält der interessierte Leser ein Quellenbuch mit interessanten Inhalten und die Vorbereitung auf einen Kampagnenband, der das Hintergrundwissen in die Praxis bringen soll. Trotz kleinerer, zumeist altbekannter Schwächen, ein Must-have für Runner und jene, die es werden wollen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Shadowrun: Blackout
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ALIEN RPG Core Rulebook
Verlag: Free League Publishing
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 04/25/2020 05:57:39

https://www.teilzeithelden.de/2020/04/10/ersteindruck-alien-rpg-grundregelwerk-fria-ligan-zwischen-konzernen-und-kreaturen/

Das All ist immer ein kalter und gefährlicher Ort für die Menschen geblieben, trotz aller Bemühungen. Und wer glaubt, dass die schlechte Bezahlung der raffgierigen Konzerne das Schlimmste da draußen ist, der wird bald ein böses Erwachen erleben. Und immer daran denken: Im Weltraum hört dich niemand schreien!

Es gibt Filme, die schreien geradezu heraus, dass die Welt, in der sie spielen, so viel mehr zu bieten hat und entdeckt werden will. Die Alien-Quadrologie, die 1979 mit Ridley Scotts gleichnamigem Horrorklassiker begann, waren für mich solche Filme. Daran änderten auch die Prequels Prometheus und Alien: Covenant nichts. Umso spannender fand ich es daher, als Fria Ligan zu diesem Franchise ein Rollenspiel ankündigten. Also mal schauen, was der kalte, erbarmungslose Weltraum des Alien-Universums noch so zu bieten hat, jenseits des Xenomorphs XX121, dem titelgebenden Alien.

Kleiner Hinweis vorneweg: Der Predator taucht nicht auf und wird es auch nicht. Andere Elemente aus dem Alien vs. Predator-Franchise allerdings schon, genau wie aus dem reichhaltigen, erweiterten Universum um Alien.

Für die Rezension lag die Hardcover-Ausgabe vor.

Die Spielwelt Wie stellt sich die Welt aus den Alien-Filmen dar? Trist, menschenunfreundlich bis -feindlich und konzerndominiert. Genau dieses Gefühl fängt auch das Alien RPG ein, gleichzeitig ist die Spielwelt abwechslungsreich und interessant. Der beschriebene Jetzt-Zustand ist dabei das Jahr 2180, ein Jahr nach den Ereignissen aus Alien 3.

Cold War Reloaded… Auf politischer Ebene spiegelt die Spielwelt die Ära des Kalten Krieges wider, in der die ersten beiden Filme entstanden. Die von Menschen besiedelte Galaxis wird politisch von drei Mächten dominiert.

Die United Americas (UA) sind genau das, wonach es sich anhört: ein Zusammenschluss aus Nord-, Mittel- und Südamerika, dominiert von den USA. Sie stellen die größte Militärmacht, vor allem repräsentiert durch die Colonial Marines. Mit der UPP sind sie direkte Konkurrenten und die Lage ist angespannt.

Die Union of Progressiv Peoples (UPP) schloss sich unter anderem aus Russland und China, aber auch Staaten wie Vietnam und Deutschland zusammen, um der Macht der konzernabhängigen UA und dem 3WE etwas entgegensetzen zu können. Eine Art abgewirtschaftete Sowjetunion der Spielwelt. Technologisch steht sie hinter den anderen einen Schritt zurück, ist aber hochgerüstet.

Das Three World Empire (3WE) ist nach den drei ersten Welten der Menschheit benannt: Erde, Mars und Titan. Tonangebend sind in diesem Staat Großbritannien und Japan. Der britisch-japanische Konzern Weyland-Yutani (W-Y) verhalf ihnen zu frühen Erfolgen in der Kolonisierung, hat sie allerdings auch weitestgehend abhängig von sich gemacht.

Es gibt noch kleinere Staatsgebilde und unabhängige sowie Konzernkolonien, aber die wichtigsten staatlichen Akteure sind diese drei.

Was man nun von dieser Portierung der Kalter-Krieg-Thematik in den Weltraum halten mag, ist sicher Geschmackssache. Es funktioniert sicher, wirkt aber auch ein bisschen platt. Die UPP erfüllt schon viele Klischees. Leider wird auch die Funktion des 3WE jenseits von W-Ys politischer Heimat nicht ganz klar.

…und Hyperkapitalismus… Der Name Weyland-Yutani fiel schon oben. Dies ist der skrupellose Konzern aus den Filmen. In der Spielwelt ist es ein überaus mächtiger Mischkonzern, der selbst oder über Tochterfirmen in fast allen Bereichen die Finger hat. Die wichtigsten sind aber Terraformingtechnologie, Rüstung und Androiden. Und gerade erstere macht ihn zu einem unumgänglichen Kooperationspartner für die UA und das 3WE. Erstere nehmen das eher zähneknirschend hin, während letztere so sehr von W-Y profitieren, dass sie gar nicht daran denken, den Konzern an die Kandare zu legen. Zumindest bisher, denn W-Ys Suche nach den Xenomorphen hat einige Trümmer hinterlassen, zum Beispiel die Zerstörung der Kolonie Hadley’s Hope, die zu den UA gehörte. Auch wenn die Schuld der UPP untergeschoben werden soll, rückt W-Y als Verdächtiger mehr und mehr in den Vordergrund.

Wie in den Filmen ziehen sich auch im Buch W-Ys Machenschaften wie ein Roter Faden durch die Beschreibungen. Immer im Fokus die geheime Suche nach den Xenomorphen, die der Konzern zur Biowaffe umfunktionieren will.

Es werden noch zwei andere Konzerne näher beschrieben und insgesamt passen sie sich gut in die Stimmung der Welt ein. Tatsächlich wirken sie, trotz aller Machtfülle, wie eine zynische Fortschreibung unserer Wirtschaftswelt, statt wie überdrehte Cyberpunk-Konzerne. Unglaubwürdig ist nur, dass die Existenz der Xenomorphe wie ein offenes Geheimnis unter den Konzernen wirkt, während die Staaten scheinbar völlig ahnungslos sind.

Weil die SC genau in dieser Konzernwelt leben, gibt es ausführliche Tabellen, um für jede Art von Gruppe Aufträge zu generieren. Die sind recht umfangreich und divers, sodass SpielleiterInnen keine Probleme haben sollten, sich ein gutes Gerüst für ein Szenario zusammenzubasteln. Leider gibt es kaum Hinweise, wie man daraus auch eine Kampagne strukturieren kann.

…an der Grenze zum bewohnten Raum… Der kolonisierte Weltraum ist, ausgehend von Kernwelten, in Zonen eingeteilt. Hier ist das wenig überraschend unser Sonnensystem. Umso näher die Zone, desto entwickelter sind im Schnitt die Kolonien.

Ein Kapitel beschreibt kurz alle Zonen, ebenso wie beispielhafte Sektoren, Systeme und Planeten. Hier bekommt man eine ordentliche Auswahl, die ein gutes Spektrum an verschiedenen Kolonien abdeckt.

Der spielrelevanteste Bereich des Raums ist die Frontier. Hier ist die Expansion gerade im Gange, kriselt es politisch am häufigsten und kommt es auch zu den meisten merkwürdigen Vorkommnissen. Also genau die Art von Umgebung, um SC auf Trab zu halten. Eine interessante Mischung aus rauem Pioniergeist und wirtschaftlicher Gier.

Was mir wirklich gefallen hat, sind auch hier Tabellen, um Sternensysteme zu bauen, bis runter zu dort etablierten Kolonien inklusive Plot Hooks. Auf jeden Fall eine gute Sache, denn gerade astronomische Begebenheiten schütteln die meisten, auch ich, nicht spontan aus dem Ärmel.

…mit der Technik von gestern… Wenn in Prequels Technik gezeigt wird, die fortgeschrittener ist als in den Originalen, dann sorgt das oft für Diskussionen im Fandom. Mit dem Erscheinen von Prometheus hatte das Alien-Franchise auch so eine. Warum ich das erwähne? Weil im Buch auf genau diesen technischen Rückschritt eingegangen wird. Kurzfassung: An der Frontier muss alles günstig, zuverlässig und leicht zu warten sein. Deshalb gibt es auf einem Raumschiff wie der Nostromo altmodische Bildschirme und Tastaturen statt Holoprojektoren und Touchpads, was nicht mal unglaubwürdig ist. Bei Sachen wie dem Revival der Magnetbänder muss man dann schon schmunzeln, aber es ist ein nettes Augenzwinkern Richtung Fandom.

Soweit für mich überschaubar, taucht fast alles, was an Technik, Ausrüstung und Fahrzeugen beschrieben wird, in einem der Filme oder einem Computerspiel auf. Das ist eine gute Sache, denn es zieht einen direkt in das Setting. Einziger Kritikpunkt wäre, dass die paar Neuheiten oft keine Illustrationen haben, gerade bei den Fahrzeugen und Raumschiffen schade. Und es gibt mehrfach Erwähnungen von Technologie, mit der man Träume von Leuten im Kälteschlaf ablesen oder sogar manipulieren kann. Die ganze Thematik passt für mich irgendwie nicht ganz zum Rest, gerade wo sonst immer auf einfach gemacht wird.

…im Schatten der Xenomorphe Was ist das Entscheidende an einem Alien-Rollenspiel? Richtig, Xenomorphe! Deren Präsenz zieht sich wie ein Schatten durch das ganze Buch mit Plot Hooks en masse. Das trifft besonders auf die Beschreibungen der Systeme zu. Hier werden auch zu den Planeten aus den Filmen spannende Optionen geliefert, wie man diese ikonischen Orte verwenden kann. Zum Beispiel ist der Gefängnisplanet Fiorina 161 nach Alien 3 komplett geschlossen, die Einrichtung gilt als uninteressant und -gefährlich und steht zum Verkauf. Leider stimmt das nicht wirklich, und der Xenomorph hat etwas hinterlassen, das dem Nachbesitzer mehr als nur wahrscheinlich zum Verhängnis wird.

Natürlich haben die Xenomorphe aber auch ihr eigenes Kapitel. Zu den vielen Inkarnationen dieser Bestien, inklusive der deutlich andersartigen Neomorphe aus Alien: Covenant, findet man hier ausreichend Informationen. Auch hier gibt es leider kaum Illustrationen. Die Grundformen des Aliens mag man auch so kennen, aber mit der Form des Crushers beispielsweise wird nicht jeder gleich etwas anfangen können. Der Crusher kam nur in einem einzelnen Computerspiel vor. Über diesen Wermutstropfen hinweg ist aber cool, dass solche Varianten überhaupt aufgenommen wurden.

Dieses Kapitel enthält auch ein paar Informationen über die Engineers und andere extraterrestrische Kreaturen, um etwas außerirdische Vielfalt in die Spielrunde zu bringen.

Die Regeln Im Grunde hat man ein Pool-System, das auf dem beliebten Prinzip Attribute plus Skill basiert und nur sechsseitige Würfel verwendet. Eine geworfene 6 (bzw. das Erfolgssymbol auf dem Spezialwürfel) ist ein Erfolg. Ein Erfolg reicht, um eine Probe zu schaffen, der Rest kann für Stunts verwendet werden, die sich je nach Skill unterscheiden. Eine einfache, aber sehr funktionale Mechanik.

Man kann Würfe wiederholen, erhält dafür aber Stress. Für jeden Punkt Stress darf man einen Stress Dice hinzunehmen, der farblich abgehoben sein sollten. Wenn man mit einem Stresswürfel eine 1 (bzw. das Facehugger-Symbol auf dem Spezialwürfel) wirft, scheitert die Probe und ein Panic Roll wird nötig.

Das ist ein einfacher Wurf mit einem Sechsseiter plus dem aktuellen Stress-Level. Anschließend wird das Ergebnis mit einer Tabelle verglichen. Je höher, desto dramatischer der Effekt. Es reicht von einfachem Zähne zusammenbeißen bis hin zu Amok im Extremfall. Ich mag diese Mechanik. Sie stellt gut dar, wie Menschen im Angesicht extremen Drucks die Kontrolle über sich selbst verlieren. Und weil die Mitmenschen selten unbelastet davon bleiben, kann ein Panic Roll auch mal einen weiteren Wurf bei Umstehenden nach sich ziehen. So existiert im Spiel stets auch eine regeltechnische Gefahr jenseits der körperlichen.

Die körperliche Gesundheit kann übrigens sehr schnell dahin sein, denn Health-Punkte hat ein SC nur spärlich. Eine kurze Auseinandersetzung kann diese schnell aufbrauchen. Dann wird ein Wurf auf einer Tabelle für kritische Verletzungen gemacht. Auch hier ist ein hoher Wurf schlechter und bedeutet im schlimmsten Fall den sofortigen Tod für den SC. Und obwohl der Kampf gegen Menschen schon gefährlich genug ist, setzen die Xenomorphe noch einen obendrauf: SpielleiterInnen würfeln für sie die Angriffsart aus und je nach Ergebnis ist im Schadensfall die Art der kritischen Verletzung vorgegeben.

Tja, wenn der Xenomorph jemandem in den Kopf beißt, dann hat er dem SC eben in den Kopf gebissen!

Weil man aber nicht angegriffen werden muss, um in Gefahr zu sein, gibt es zusätzlich Regeln für fast alle anderen vorstellbaren Drangsale, von Dekompression über Nahrungsmangel bis Strahlung. Und das passt! Denn dass der Weltraum, Kolonien hin, Kolonien her, für die SC als Menschen eine lebensfeindliche Umgebung ist, gehört zu den Grundprämissen dieses Spiels.

Aber: SC sollen keine Wegwerfware sein! Es wird gerne betont, dass man selbst zwar gemütlich zu Hause sitzt, für die SC die Gefahr aber real ist. Für die SpielerInnen heißt das, keine dummen Risiken einzugehen und für die SpielleiterInnen, dass SC rohe Eier sind, die man in der hohlen Hand trägt. Wahrscheinlich fällt mal eins runter, aber provozieren muss man es auch nicht.

Raumschiffe haben ihr eigenes umfangreiches Kapitel, folgen aber dankbarerweise den gleichen Grundprinzipien an Regeln, die auch hier sehr praktisch wirken.

Charaktererschaffung Die Charaktererschaffung orientiert sich an Konzepten aus den Filmen. Diese werden durch Careers repräsentiert. Da ist eine gute Bandbreite vorhanden. Es gibt beispielsweise den Officer, den Colonial Marine oder den Company Agent.

Etwas befremdet mich allerdings die Career Kid. Natürlich hat sie mit Rebecca Jordan ein Vorbild in den Filmen, aber ein Kind in dieser Welt zu spielen, ist schon harter Tobak. Ich würde diese Rolle nicht ohne Weiteres in eine Runde aufnehmen wollen. Selbst wenn aus der Beschreibung nicht ganz hervorgeht, ob nicht doch eher ein Jugendlicher gemeint ist.

Die weitere Charaktererschaffung ist einfach. Man erhält 14 Punkte, die man auf die vier Attribute Strength, Agility, Wits und Empathy verteilen kann. Dabei darf man keines über 4 setzen, mit Ausnahme des Key Attributs, der prägendsten Eigenschaft für die Career (z.B. Wits beim Scientist).

Es folgt die Verteilung von zehn Punkten auf die zwölf Skills. Auch hier gibt es Key Skills der jeweiligen Career.

Anschließend muss man nur noch eines von drei Starttalenten wählen und ein paar Charakterdetails sowie Ausrüstung festlegen, dann hat man es schon geschafft.

Sonderregeln gibt es, wenn man Androiden spielen will. Die größten Unterschiede sind höhere Attribute, eine andere Tabelle für Critical Injuries und dass ein Androide keinen Stress bekommt. Dafür dürfen sie aber keine Würfe pushen. Insgesamt sind Androiden aber potenziell doch mächtiger als andere Charaktere, weshalb so eine Figur für die Gruppe wohlüberlegt sein sollte.

Erscheinungsbild An Erscheinungsbild und Verarbeitung gibt es bei diesem Buch nichts zu mäkeln. Der Text ist zweispaltig und wird durch reichlich Textkästen, Tabellen und ähnliches aufgelockert. Die Seiten sind in Schwarz gehalten, die Schrift und die Kästen sind weiß oder blassgrün, was prima die Stimmung der Spielwelt unterstützt. Illustrationen gibt es einige wirklich tolle. Man erkennt viel vom Design der Filme wieder und entsprechend gut trifft es auch das Flair. Nur hätte ich insgesamt gerne mehr Neues, und mehr Xenomorphe…

Bonus/Downloadcontent Es gibt u.a. Charakter- und Schiffsbögen auf der Homepage von Fria Ligan. Dort finden sich auch Karten zum Mini-Szenario Hope’s Last Day aus dem Buch. Alles gibt es im Design des Buches oder in druckerfreundlicher Variante.

Fazit Am Ende angelangt zurück zur ursprünglichen Frage: Schafft dieses Grundregelwerk eine Rollenspielwelt zu schaffen, die mehr Geschichten ermöglicht, als man aus den Filmen kennt? Ja, definitiv. Man bekommt ein hartes, aber auch unglaublich spannendes Science-Fiction-Setting, ausgestattet mit einem leicht zu erlernenden und gut geeigneten Regelsystem. Wen die Filme faszinieren, der wird an diesem Spiel seine Freude haben. Und wer mit dem erweiterten Universum des Franchise vertraut ist, der findet hier alle möglichen Referenzen und verwendetes Material. Das Ganze ist gut aufbereitet, auch wenn es an der einen oder anderen Ecke etwas hapert beziehungsweise mehr sein könnte. Wenn man dem Spiel zum jetzigen Stand einen Vorwurf machen will, dann dass es sich nicht sicher zu sein scheint, was für eine Geschichte es insgesamt erzählt. Dafür, dass Xenomorph XX121 der Unique Selling Point ist, wird sehr viel über staatliche Konflikte erzählt. Aber letztlich ist das nicht schlimm, SpielleiterInnen finden schon problemlos eine passende Nische für ihre Gruppe. Voraussetzung für jedes Spiel ist aber, dass man normale Menschen spielen will, die versuchen sich tödlichen Gefahren entgegenzustemmen, auch wenn sie eigentlich nur über die Runden kommen wollen.

Insgesamt hat das ALIEN RPG ein gutes Grundregelwerk bekommen, das eingängig zu lesen ist und genug Material bietet, um viele eigene Runden zu gestalten. Genau das, was ein Grundregelwerk meiner Meinung nach leisten soll.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
ALIEN RPG Core Rulebook
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CTHULHU: Perlentaucher vor R'lyeh
Verlag: Pegasus Press
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 03/23/2020 12:03:50

https://www.teilzeithelden.de/2020/03/16/rezension-perlentaucher-vor-rlyeh-das-beste-aus-20-jahren-cthulhu/

Das Beste aus 20 Jahren Cthulhu bei Pegasus Spiele? In einer großen Abstimmung durften die Spieler und Spielerinnen ihre Favoriten unter den zahlreichen Szenarien auswählen, die beim Verlag erschienen sind. Das Ergebnis ist Perlentaucher von R’lyeh. Die Teilzeithelden sind mit abgetaucht, um einen Blick auf die Sammlung zu werfen.

1999 begann Pegasus Spiele mit der Veröffentlichung von Produkten für das Horror-Rollenspiel Cthulhu. Wie viele seither in dem Verlag erschienen sind, wissen vermutlich nur die Großen Alten selbst. Gut, so unzählbar sind sie dann doch nicht, denn Redakteur Heiko Gill verkündet im Vorwort, dass es rund 340 sind. 34 davon schafften es in eine finale Auswertung, aus denen wiederum eine Top 10 ermittelt wurde. Die sechs besten aus dieser Liste finden sich nun in der Anthologie Perlentaucher vor R’lyeh.

Der Sänger von Dhol Dieses Szenario erschien erstmals in der ersten Ausgabe von Cthuloide Welten im Jahr 2002. Es führt die SpielerInnen im Jahr 1920 auf die norddeutsche Insel Pellworm. Autor Florian Hardt schafft es, die politisch prekären Umstände der jungen Weimarer Republik kurz und nützlich aufzubereiten. Die eigentliche Handlung dreht sich aber natürlich nicht um politische Zwistigkeiten, sondern um ein altes Geheimnis der Insel, dem die SpielerInnen auf die Schliche kommen müssen.

Dazu schlüpfen sie in die Rollen einer auf Pellworm ansässigen Familie, die selbst Teil eines Mysteriums sind, das an dieser Stelle aber nicht entschleiert werden soll. Dies aber vorab:

Bei den Spielfiguren handelt es sich größtenteils um erwachsene Mitglieder der Familie, ein achtjähriges Mädchen ist aber auch dabei, was eine besondere Herausforderung darstellen mag. Damit die SpielerInnen zudem nicht frühzeitig hinter etwaige Geheimnisse der anderen kommen, empfiehlt der Autor, die Kommunikation am Spieltisch streng In-Game zu halten.

Durch die vorgefertigten Spielfiguren und das offen gestaltete Investigativ-Szenario, das aber mit der Insel Pellworm über einen abgeschlossenen Schauplatz verfügt und zudem einer klaren Handlung folgt, eignet sich „Der Sänger von Dhol“ auch für unerfahrene SpielerInnen. Die Spielleitung hingegen muss bei einer Menge an Hintergrundinformationen die Übersicht behalten und gut vorbereitet sein. Ist dies gegeben, entfaltet sich ein atmosphärisch dichtes Szenario, das vor allem durch den persönlichen Bezug der Spielfiguren zum Schauplatz und zur Handlung an Intensivität gewinnt.

Kinder des Käfers

Howards Skizze des Riesenkäfers. Dieses klassische Investigativ-Szenario stammt von Frank Heller und erschien erstmals in dem gleichnamigen Band von 2003. Alles, was man von einem Cthulhu-Szenario erwartet, ist darin enthalten. Die Spielfiguren folgen im Jahr 1927 der Einladung einer gemeinsamen Bekannten und müssen an der US-amerikanischen Ostküste eine vermisste Person aufspüren. Dabei stoßen sie aber auf einen fremdartigen Schrecken, der sich schnell zu einer tödlichen Bedrohung entwickelt.

Dem übersichtlichen Aufbau des Szenarios stehen lange Hintergrundtexte gegenüber. Die Spielleitung muss also einiges an Lektüre investieren, um die Geschichte angemessen aufbereiten zu können. Dies lohnt sich jedoch, denn anders als bei anderen Szenarien, in denen die SpielerInnen am Ende oft mit vielen Fragezeichen zurückblieben, bietet „Kinder des Käfers“ viele Möglichkeiten, den Schleier zumindest ein Stück weit zu lüften – allerdings auf Kosten ihrer geistigen Gesundheit.

Trotz des verbraucht erscheinenden Neuengland-Settings gelingt es dem Autor, einen ungewöhnlichen Schrecken, der sogar am sterilen Spieltisch für Ekel sorgen kann, gut in Szene zu setzen. Stimmige Handouts und interessante Nichtspielercharaktere runden das Szenario ab.

Der lachende Mann

Im Haus. „Der lachende Mann“ stammt aus der Anthologie Festival Obscure, die 2005 erschien. Unter anderem inspiriert durch Victor Hugos gleichnamigen Roman und andere literarische Motive, widmet sich dieses Szenario einem alten Geheimnis, das sich um einen Jahrmarkt in der deutschen Provinz dreht.

In der Auseinandersetzung mit einem undurchsichtigen Gegenspieler entfaltet sich ein Wahnsinn, dessen Hintergründe nichts für zartbesaitete Gemüter sind. Trotz des relativ offen gewählten Schauplatzes der Kleinstadt, in welcher der Jahrmarkt stattfindet, schafft Autor Ingo Ahrens es, die Atmosphäre eines beklemmenden Kammerspiels anzudeuten. Diese Stimmung an den Spieltisch zu übertragen, mag eine größere Herausforderung darstellen, kann mit etwas Vorarbeit aber zu einer unvergesslichen Spielrunde führen.

In Scherben

Oskar Praider – Ruhe in Frieden. Dieses Szenario von Christoph Maser führt die SpielerInnen in das Jahr 1923, konkret in die Tage um den Hitlerputsch im November. Wie auch bei „Der Sänger von Dhol“ gelingt es, die politischen Umstände, auch wenn sie letztlich nur am Rande relevant für „In Scherben“ sind, gekonnt einzuflechten. Vor dem Hintergrund politischer Instabilität entfaltet sich die Ausweglosigkeit des schleichenden Wahnsinns, den das Szenario thematisiert, noch eindrücklicher.

Der Autor schlägt vor, dieses Szenario komplett ohne Würfel zu spielen. Dennoch finden sich zu den vorgefertigten Charakteren Spielwerte, wichtiger sind aber die Informationen dazu, wie sie mit der Handlung verbunden sind. Trotz dieser Vorgaben werden die SpielerInnen angehalten, das Alltagsleben ihrer Spielfiguren selbst auszugestalten.

Als Ziehkinder eines verstorbenen Industriellen entdecken die Charaktere einige verdächtige Vorkommnisse, deren Lösung sie immer tiefer in eine bedrohliche Situation führt. Im Kontext mit der intensiven Geschichte, die sich zunehmend mit den Spielfiguren verknüpft, wirkt das Szenario vielleicht etwas zu verwinkelt. Mit einer ordentlichen Vorbereitung dürfte sich gerade dadurch aber eine beklemmende Atmosphäre einstellen.

Pinselstriche

Die Jurymitglieder. In diesem Szenario, das im New York der 1920er spielt, schlüpfen die SpielerInnen in die Rollen der Jurymitglieder eines Kunstwettbewerbs. Als sich jedoch die Reihen der Jury durch mysteriöse Todesfälle lichten, beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Spielfiguren und einem zunächst unbekannten Gegenspieler.

„Pinselstriche“ ist ein übersichtliches Investigativ-Szenario, in dem die Ermittlungen die Aufmerksamkeit der örtlichen Mafia und eines knallharten Cops wecken. Dies kann schnell zu einem Strudel aus Gewalt und zunehmendem Wahnsinn führen, was „Pinselstriche“ zum potenziell actionreichsten Szenario in Perlentaucher vor R’lyeh macht.

Die Autoren Alexander Dotor und Peter Schott geben der Spielleitung alles an die Hand, um ein intensives Abenteuer in den Straßen von New York zu inszenieren, bei dem der kosmische Schrecken lange genug unentdeckt bleibt, um am Ende umso erschütternder zuzuschlagen.

Die Mutter allen Eiters

Die Mülldeponie von Arkham. Dieses klassisch aufgebaute Szenario spielt an bekannten Orten aus H.P. Lovecrafts Geschichten. In der fiktiven Stadt Arkham kommt es zu einem Mord, der die Spielfiguren indirekt betrifft und sie somit auf die Spur des Verbrechens führt. Dahinter steht natürlich ein größerer Zusammenhang, dessen Aufdeckung sie tief in den Mythos führt. Der Einstieg wirkt auf dem Papier zwar etwas konstruiert, kann mit der entsprechenden Vorbereitung aber stimmig umgesetzt werden.

Auseinandersetzungen mit Kultisten und anderen Menschen, die dem kosmischen Schrecken ignorant gegenüberstehen, sorgen für eine typisch beklemmende Atmosphäre. Dass ganz bewusst die Option eines Scheiterns im Szenario vermerkt ist, spricht für die Härte und Gnadenlosigkeit dieser Geschichte. Unterm Strich ist „Die Mutter allen Eiters“ ein gutes Cthulhu-Szenario, das all das beinhaltet, was sich unbefangene SpielerInnen unter einem Ausflug in die Welt des Mythos vorstellen dürften.

Erscheinungsbild Das Aussehen der Anthologie führt die LeserInnen ein Stück weit zurück in vergangene Editionen. Während sich heutzutage vermehrt Illustrationen in den Cthulhu-Bänden finden, sind es in den älteren Abenteuern stilvolle schwarzweiße Fotografien gewesen. In dieser Hinsicht ist es gelungen, dass trotz der vielfältigen Zusammenstellung der Szenarien ein einheitlicher Look beibehalten wurde. Die Handouts wurden überarbeitet, sodass zum Beispiel detailliertere und farbige Karten zur Verfügung stehen. Ein klares Schriftbild hilft bei der Lesbarkeit, die teils sehr lang geratenen Absätze, vor allem in den Hintergrundinformationen zu den Szenarien, sind ihr aber eher abträglich. Zur Verarbeitung des Bandes kann nichts gesagt werden, da zum Schreibzeitpunkt nur die PDF vorlag.

Fazit Das Beste aus 20 Jahren Cthulhu wurde versprochen, und genau das wurde auch geliefert. Die sechs enthaltenen Szenarien sind nicht nur ihr Geld wert, sondern auch die Zeit, die für die Lektüre eingeplant werden muss. Denn ein winziger Wermutstropfen ist es, dass man einigen der Szenarien das Alter deutlich anmerkt. Ausufernde Hintergrundinformationen, die das Lesen zwar vergnüglich machen, am Spieltisch aber nur indirekte Relevanz haben, sind heutzutage eher kompakten Übersichten gewichen, die Handlungen offener geworden.

Dennoch ist Perlentaucher vor R’lyeh eine der besten Anthologien aus dem Hause Pegasus Spiele geworden und vereint sechs einzigartige Szenarien in sich. Auf ihre jeweils eigene Weise zeichnen sie sich durch interessante Geschichten aus, die eine sehr gute Übersicht geben, was der Cthulhu-Mythos am Spieltisch hergibt. Die hochwertige Aufmachung rundet diesen Band ab, der mehrere Stunden Spielspaß – und ungeahnten Schrecken – beinhaltet. Wer bisher die Wenigsten der enthaltenen Szenarien besitzt, kann bedenkenlos zugreifen. Wer sie alle bereits in der Originalversion hat, kann tatsächlich verzichten, da sich die Überarbeitung in Grenzen hält. Schaden kann eine Neuanschaffung aber nicht.



Wertung:
[5 von 5 Sternen!]
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Earthdawn (4. Edition) - Questoren (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 03/06/2020 03:51:59

https://www.teilzeithelden.de/2020/03/04/rezension-earthdawn-4e-questoren-diener-der-passionen/

In der Welt von Earthdawn verkörpern die geheimnisvollen Passionen Ideale wie Kunst, Wachstum, Freiheit oder Heldenmut. Nun liegt erstmals ein Quellenband vor, der diese Wesenheiten in ihrer ganzen Vielseitigkeit betrachtet und dabei ausführliche Regeln für ihre Anhänger, die Questoren, bietet.

Die Passionen sind ein geheimnisvoller Aspekt der Welt von Earthdawn, der dieses Rollenspiel bereits seit seiner ersten Auflage begleitet. Das Spielerhandbuch der aktuellen vierten Edition beschränkt sich allerdings nur auf eine grobe Beschreibung dieser Wesenheiten, ihrer Ideale und ihrer Kräfte, und im Spielleiterhandbuch finden sie gar keine Erwähnung. Stattdessen werden diese mit dem Band Questoren ausgiebig beleuchtet und in die bereits komplexen Regeln von Earthdawn

Inhalt Götter und ihre Priesterschaft sind ein übliches Element im Fantasy-Rollenspiel, von dem sich Earthdawn allerdings in einigen entscheidenden Punkten unterscheidet. So sind die Passionen keine Wesenheiten, die an der Schöpfung der Welt Anteil hatten, sondern sind Manifestationen von großen Idealen. Auch gibt es keine formale Priesterweihe oder organisierte Religionen – wer sich einer Passion verbunden fühlt, kann sich frei für ein Leben als Questor entscheiden, um deren Ideale in Barsaive zu verbreiten. Dabei bleibt ein Charakter auch weiterhin ein Adept seiner alten Disziplin, und wechselt nicht etwa wie in anderen Fantasy-Rollenspielen seine Klasse. Gerade dieser Vielschichtigkeit der Passionen und ihrer Anhänger widmet der Band Questoren viel Platz, und so nehmen die Beschreibungen dieses Hintergrunds auch zwei Drittel des Buches ein.

Nun war die Welt und ihre dichte Verflechtung mit den Regeln schon immer die große Stärke von Earthdawn und kommt auch in diesem Quellenband voll zur Geltung. So sind alle Hintergrundinformationen aus der Sicht der Spielwelt beschrieben und stellen die Ungreifbarkeit der Passionen heraus. Schon die anfängliche Diskussion über ihr Wesen schafft mehr Fragen, als sie beantwortet. So hat bisher kein Gelehrter Barsaives wirklich ermitteln können, ob die Passionen aus den Emotionen der Namensgeber entsprungen sind, oder doch ältere Wesenheiten sind, die erst zu diesem leidenschaftlichen Handeln inspirieren. Auch sind die Passionen in der im Quellenband besprochenen Form einzig ein Phänomen der Provinz Barsaive, andere Reiche des theranischen Imperiums kennen ähnliche, aber von ihrer Art gänzlich andere Wesenheiten, und die Theraner selbst lehnen sie in ihrer Abgeklärtheit gänzlich ab. So bleiben die Passionen weiterhin ein großes Mysterium, das jeder Spielleiter seinen Bedürfnissen anpassen kann.

Im Anschluss wird besonders viel Raum der Beschreibung einer jeden Passion gegeben. Diese sind allerdings keine sachlichen Faktensammlungen, sondern wie so oft bei Earthdawn Gesprächsmitschriften und persönliche Erinnerungen, die die individuelle Sicht eines einzelnen Questors wiedergeben. Hier läuft der Quellenband zu seiner vollen Stärke auf, denn gängige Klischees werden gekonnt umgangen. Stattdessen wird jede Passion von einem Blickwinkel aus betrachtet, die dem Leser die vielseitigen Möglichkeiten zum Dienst an diesen Wesenheiten darlegt.

Einer der Höhepunkte in meinen Augen ist beispielsweise der Auszug aus dem Handelsbuch von Alisar, einer berühmten Questorin des Chorollis, Passion von Reichtum, Handel und Neid. Statt einfach nur einen erfolgreichen Pfeffersack zu beschreiben, der schnöden Mammon hortet, liest man, wie die Händlerin von dem kleinen Ort Averns Querung jegliche Einkünfte direkt wieder investiert. Nicht nur spannt sie so ein gewaltiges Handelsnetz, in dem zahlreiche Kaufleute in ihrer Schuld stehen, nebenbei verbreitet sie auch die Ideale ihrer Passion über ganz Barsaive.

Auch das Streitgespräch zwischen zwei Questoren des Upandal, Passion von Bauen, Konstruktion und Planung, hat es mir sehr angetan. So wird ein ehemaliger Schüler von seiner Handwerksmeisterin dafür gescholten und verachtet, dass er sich der Fertigung von Belagerungsmaschinen gewidmet hat; also Dingen, die zerstören statt zu erschaffen. In seinen erzürnten Widerworten erklingt aber, wie auch darin das Wesen Upandals offenbar wird: Seine Maschinen retten die Leben von Soldaten, die ansonsten für Wochen unter harten Bedingungen einen verlustreichen Angriff nach dem anderen führen müssten.

Besonders aufschlussreich auch für Earthdawn-Veteranen sind allerdings die Essays über die drei verrückten Passionen Dis, Raggok und Vestrial. Ältere Quellenbücher gingen nie wirklich ins Detail, wie sich deren Wahnsinn äußert und warum ein Namensgeber sich ihnen hingeben sollte. So lobpreist ein Questor des Dis, wie das Fehlen von Emotion und Leidenschaft, wie es die Passion von Bürokratie und Sklaverei befördert, den Dämonen nicht nur die Nahrung nimmt, sondern den Namensgebern auch hilft, sich in das Schicksal einer grausamen Welt zu fügen. Eine verurteilte Mörderin kam durch die Einflüsterungen Raggoks, Passion der Untoten, zu der Erkenntnis, dass Töten oder Getötet werden in der Natur der Welt liegt und man auch den engsten Kameraden nicht vertrauen kann. Zuletzt ergab sich ein Trollmädchen den Lehren Vestrials, Passion von Manipulation und Täuschung, um den Häuptling ihres Clans zu demütigen, der ihren Vater beleidigt hatte. Im gleichen Zug erniedrigt sie aber auch ihre Eltern, um ihnen ihre Schwäche aufzuzeigen, dass sie selbst zu solcher Rache nicht in der Lage waren.

Sämtliche Texte aus Sicht der Spielwelt sind eine wahre Fundgrube sowohl für Spieler als auch den Spielleiter. Das Mysterium der Passionen wird nicht wirklich aufgelöst, sondern in seiner Vielschichtigkeit vertieft. Die dabei offenbarten Facetten geben dem Leser zahlreiche Anregungen, sich eigene Questoren auszudenken, die den Passionen Barsaives auf ihre ganz eigene Weise dienen.

Damit verbleibt ein Drittel des Quellenbandes für die Regeln, die bei Earthdawn auch in der vierten Edition recht komplex bleiben. Wie schon in der vorigen, nur auf Englisch verfügbaren dritten Edition erhalten Questoren Weihekräfte, die regeltechnisch wie die Talente der Disziplinen beschrieben sind. Gewährte jede Passion zuvor nur drei Basiskräfte, so stehen ihren Dienern nun je rund ein Dutzend zur Verfügung, die sich zwischen einigen Questoren auch überschneiden. Der eigene Einsatz für die Ideale einer Passion wird weiterhin durch Weihepunkte abgebildet, die man durch entsprechende Taten erlangen kann. Für jeden Questor sind passende Beispiele von unbedeutenden bis hin zu fanatischen Akten und auch Questen aufgeführt.

Mit dem Quellenband werden diese Regeln noch um diverse Elemente erweitert, die Questoren nun vollständig abbilden wie die Adepten mit ihren Disziplinen. So erwerben Questoren durch ihre Weihetaten einen Rang, der unabhängig von dem des Adepten von Kreis 1 bis 12 reichen kann und in die Stufen Jünger, Anhänger und Vorbild aufgeteilt ist. Wo in der dritten Edition die Weihekräfte noch pauschal mit dem Gesamtrang als Questor anstiegen, sind neue Kräfte nun mit dem Anstieg des Weiherangs für zunehmende Kosten an Legendenpunkten zu erwerben.

Gänzlich neu ist die Möglichkeit, Weihepunkte ähnlich dem Karma aus den Grundregeln zu verwenden. Sie können für Zusatzwürfel für Proben ausgegeben werden, allerdings sind diese Würfel auch für andere Charaktere einsetzbar und steigen abhängig vom Rang des Questors bis auf einen w8 an. Gerade diese Möglichkeit zur selbstlosen Unterstützung anderer im Namen der eigenen Passion empfinde ich als sehr stimmungsvoll und zweckmäßig.

Nicht unerwähnt bleiben soll aber auch, dass ein Charakter als reiner Questor erschaffen werden kann, ohne wie in Earthdawn üblich auch Adept zu sein. Von dieser Option aber rät der Quellenband in einem separaten Textkasten ab, solange nicht Spieler und Spielleiter mit den Mechanismen von Earthdawn ausreichend vertraut sind.

Insgesamt macht es natürlich Sinn, die Questoren so vollständig auf das gleiche Regelgerüst wie Adepten zu heben; damit steigt die Verwaltungsarbeit für einen Charakter allerdings merklich an. Denn wie schon eingangs erläutert ist die Berufung als Questor ein Zusatz, ein Charakter bleibt weiterhin bei seiner alten Disziplin und gewinnt über Legendenpunkte Ränge in dieser hinzu. So stimmungs- und reizvoll die Berufung gerade durch die ausgezeichneten Beschreibungen aus dem ersten Teil des Quellenbandes ist, so mag der Mehraufwand auf der Regelseite vielleicht so manchen Spieler davon abschrecken, diese zusätzliche Bürde auf sich zu nehmen.

Erscheinungsbild Trotz des eigentlich überschaubaren Umfangs von 96 Seiten spendiert Ulisses Spiele der Druckversion von Questoren ein schickes Hardcover. Wie schon bei den anderen Publikationen der vierten Edition von Earthdawn ist das Innenleben in schwarz-weißem zweispaltigen Satz gehalten. Die Illustrationen gehen in Ordnung, sind aber merklich nicht spezifisch für diesen Band hergestellt worden. So passen beispielsweise die drei Zeichnungen, auf denen ein Steinmetz nach und nach eine Büste fertigt, gut zur Abhandlung über die Passion Upandal, haben aber nichts zu tun mit dem oben erwähnten Streitgespräch zwischen zweien seiner Questoren. Ein ordentlicher Index, insbesondere hilfreich zum Auffinden der verschiedenen Weihekräfte aus dem Regelteil, rundet das Gesamtbild ab.

Die PDF-Fassung ist mit der Druckfassung identisch, zusätzlich sind noch Lesezeichen vorhanden, um direkt bestimmte Kapitel und Abschnitte aufrufen zu können.

Fazit Questoren erweitert die Welt von Earthdawn durch vielschichtige Betrachtungen der Passionen und ihrer Anhänger. Durch das geschickte Umgehen von Klischees werden Blickwinkel offenbart, die sowohl für Spieler als auch Spielleiter eine wahre Fundgrube sind. Nicht zuletzt die Schilderung der Denkweise der verrückten Passionen und ihrer Questoren verschafft Einblicke, mit denen frühere Editionen von Earthdawn so nicht aufwarten konnten.

Die dazugehörigen Spielregeln fügen sich nahtlos in die Grundmechanismen für Adepten ein und erweitern die Kräfte, die die Passionen den eigenen Charakteren gewähren können. Dadurch wird das bereits sehr komplexe System von Earthdawn aber auch um sehr viele kleinteilige Elemente ergänzt, die im Auge zu behalten vielleicht nicht die Sache eines jeden Spielers ist.

Der fantastische Hintergrundteil jedoch lässt solche Bedenken schnell schwinden. Wer bisher erwogen hat, den Passionen und ihren Dienern eine größere Rolle in der eigenen Spielrunde zu verschaffen, der kommt an Questoren nicht vorbei.



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[4 von 5 Sternen!]
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Camarilla (Vampire: the Masquerade 5th Edition)
Verlag: Renegade Game Studios
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 02/28/2020 03:11:13

https://www.teilzeithelden.de/2020/02/27/rezension-vampire-v5-camarilla-schoene-neue-welt-der-dunkelheit/

Die Strippenzieher kainitischer und sterblicher Politik. Der unsterbliche Hof der Nacht. Ewiger Garant für Sicherheit und Stabilität. So oder so ähnlich würde sich die Camarilla wahrscheinlich selbst beschreiben. Aber wie steht es wirklich um die größte Sekte der Vampirgesellschaft in der Gegenwart?

Die fünfte Edition von Vampire: The Masquerade ist nun schon seit einiger Zeit erschienen, aber es hat bis zum Ende des letzten Jahres gedauert, bis die gedruckten Versionen der Ergänzungsbücher Camarilla und Anarch verfügbar waren. Zurückgezogene Veröffentlichungen, Kontroversen um einzelne Kapitel des Camarilla-Bandes, unglückliche Kommunikation, ein Austausch des kreativen Teils des Verlags, Vertriebswechsel und andere Skandale haben die Reihe erschüttert und für erhebliche Verzögerungen gesorgt. Die V5 schien unter keinem guten Stern zu stehen.

Aber 2020 sieht es schon wieder anders aus. Die beiden Ergänzungsbücher sind erschienen, mit Fall of London, Chicago by Night und Cult of the Bloodgods sind drei weitere Bände angekündigt, und das Computerrollenspiel Bloodlines 2 soll noch dieses Jahr erscheinen. Trotz aller Kontroversen und Kritik – ob berechtigt oder nicht – scheint es mit der Marke Vampire Grund genug, sich noch einmal inhaltlich mit der neuen Edition auseinander zu setzen.

Inhalt Nach dem Grundregelwerk ist Camarilla – zusammen mit Anarch – die erste Veröffentlichung für die fünfte Edition von Vampire: The Masquerade und bietet einen Einblick in die weitreichenden Änderungen der Hintergrundwelt seit dem Anfang der 2000er. Inhaltlich schließt Camarilla nicht nahtlos an die vorherige 20-Jahre-Jubiläumsedition (kurz: V20) an, sondern setzt starke eigene Akzente. Die inhaltliche Verbindung von V20 und V5 ist am ehesten in Becketts Tagebuch des Jihad zu finden, in dem einige der großen Änderungen im Kanon bereits angedeutet wurden. Genau wie dieses Buch ist auch Camarilla eine große Ansammlung von In-time-Texten, die nicht gerade von den zuverlässigsten oder objektivsten Erzählern widergegeben werden. Das ganze Buch ist damit eine Art Puzzle, das sich erst Stück für Stück zusammensetzt und dem Leser so die Sicht der Camarilla auf sich selbst aus verschiedenen Perspektiven offenbart. Als klassisches Nachschlagewerk ist der Band nur eingeschränkt zu gebrauchen, aber als Transporteur von Stimmung und Atmosphäre macht er einen hervorragenden Job.

Ein Wort der Warnung: In der Folge werden zentrale Punkte des neuen Hintergrunds besprochen. Wer diese erst im Spiel erleben will, der sollte am besten direkt zum Punkt „Erscheinungsbild“ springen. Alle anderen können sich auf einen wilden Ritt durch den neuen Metaplot einstellen.

Eine neue Zeit des Feuers Um einen Schnitt zwischen den Editionen zu setzen, geht man am besten in die frühen 2000er. In diesen Jahren wird den Blutsaugern in der Welt der Dunkelheit offensichtlich, dass sich grundlegende Dinge geändert haben. 2004 penetrierte die NSA das Nosferatu-SchreckNET und hatte damit Zugriff auf alle Daten, die die Verborgenen dort gebunkert hatten. Zwar gelang es noch, das SchreckNET offline zu nehmen, aber der Schaden war angerichtet. Zum ersten Mal schienen sterbliche Behörden die Bedrohung zu erkennen und ernst zu nehmen. Im Verborgenen bildete sich eine transnationale Allianz aus Geheimdiensten, der Leopolds-Gesellschaft und den vorher randständigen Organisationen wie Project Twilight. Im Vergleich ließ diese Bedrohung die Jäger wie einen schwächlichen Schulhofschläger aussehen. Die Second Inquisition war geboren, auch wenn sie sich initial nicht groß bemerkbar machte.

Der wahre Paukenschlag kam dann im Jahr 2008. Paramilitärische Eingreiftruppen und fanatische Leopoldsbrüder stürmten das zentrale Gildenhaus von Clan Tremere in Wien, vernichteten den inneren Zirkel und ließen vom Herz eines der mächtigsten Clans der Camarilla nur eine rauchende Ruine zurück. Seitdem ist das Gebiet als Ort eines Terroranschlags abgesperrt, und niemand außer den Agenten der Second Inquisition hat Zutritt zu den Überresten des Hohen Gildenhauses. Die Pyramide war gebrochen.

Die Schockwellen dieser Entwicklung waren in der gesamten Camarilla zu spüren, und auch die selbstsichersten Ahnen merkten, dass sich hier eine Gefahr entwickelte, die man nicht ignorieren durfte und die sich nur unzureichend mit den klassischen Mitteln kainitischen Einflusses zurückdrängen ließ.

Die Welt war gefährlich geworden für die Kainskinder, aber die Zeit der Katastrophen war noch nicht vorbei. Der nächste Doppelschlag kam im Jahr 2012. Auf dem Konklave von Prag wollte die Camarilla die Reihen schließen und ein Zeichen der Stärke zeigen. Leider kam es anders. Mit einem sprichwörtlichen Knalleffekt töteten die Brujah den Abgesandten der Ventrue. Im folgenden Chaos verließen die Clans der Brujah und Gangrel offiziell die Camarilla und schlossen sich den Anarchen an. An die Stelle eines Aktes der Einigkeit trat also das Ende der Camarilla, wie man sie bis dahin kannte. Dass dieses Jahr auch das Ende der Domäne London und den Tod von hunderten Kainskindern dort sah, geriet dabei fast zur Nebensache.

Als wäre das alles nicht genug, begannen die Ältesten der Camarilla auch noch einen mysteriösen Ruf zu spüren. „The Beckoning“ rief die verbliebenen Ahnen aus ihren Domänen fort in den Nahen Osten. Dort toben die Gehenna-Kriege zwischen dem, was von Sabbat übriggeblieben ist, und den aus aller Welt herbeiströmenden Alten, die vom Ruf des Blutes gezogen werden. Ahnen, die sich dem Ruf widersetzen, neigen dazu, sich in ihren persönlichen Zuflüchten zu verbarrikadieren, und man hört nichts Gutes über ihren Geisteszustand. So oder so tat sich allerorten plötzlich ein riesiges Machtvakuum auf, und die alten Wege der Camarilla funktionierten nicht mehr.

Die Situation jetzt Es ist eine Zeit des Umbruchs, eine Zeit, in der alte Allianzen gebrochen und neue Bünde geschmiedet werden. Uralte Feindschaften treten in den Hintergrund, während sich frische Konfliktlinien bilden. Die Welt der Vampire ist in hellem Aufruhr. Aber ganz so schnell gibt sich das Ancien Regime nicht geschlagen. Die Camarilla ist angeschlagen, aber sie ist noch lange nicht tot. Stattdessen hat sie beschlossen, sich weiter in den Schatten zurückzuziehen und den Sabbat, die Anarchen und freien Clans die Hauptlast der Angriffe der Second Inquisition tragen zu lassen. Domänen, die durch die Angriffe fallen, können hinterher immer noch wieder neu in Beschlag genommen werden. Wenn es sich dabei um ehemalige Sabbat-Festungen wie Mexiko City handelt, umso besser. Die Camarilla versteht sich nicht mehr als die rechtmäßige Vertretung aller Vampire, und sie besteht auch nicht mehr auf der Gültigkeit all ihrer Gesetze, Traditionen und Verordnungen. Allerdings sieht sie es auch nicht mehr als ihre Pflicht an, jenen zu helfen, die sich ihr nicht freiwillig anschließen. Diese neue Camarilla ist weniger eine kainitische UN als vielmehr eine Vampirvariante der Illuminaten. Sei für uns und wir helfen dir, sei gegen uns und du stehst allein.

Mit diesem Rückzug in die Schatten gehen auch drastische Einschränkungen für die Mitglieder der Camarilla einher. In Zeiten von Massenüberwachung, Wärmesensoren und Vorratsdatenspeicherung ist die Kommunikation zwischen den Domänen und sogar innerhalb der Domänen schwer geworden. Burnerphones, konspirative Treffen und Codes erleben eine Renaissance innerhalb einer belagerten Camarilla. Die Maskerade soll ein zweites Mal das Überleben der Kainskinder im Angesicht menschlicher Vernichtung garantieren.

Doch nicht nur nach außen wandelt sich die Camarilla. Auch im Inneren sind Dinge in Bewegung geraten. Mit dem Wegfall der Führungsschicht der Ahnen ist der Weg nach oben für ambitionierte Ancillae und Neugeborene plötzlich so frei wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Die erstarrten Strukturen sind mit einem Mal aufgebrochen und mit ihnen auch die Dogmen, die zu der Erstarrung geführt haben. Warum sollte man die Dünnblütigen nicht als Waffe gegen die Second Inquisition einsetzen? Müssen wir weiter Fehden mit Clans ausfechten, deren Ursprünge wir nicht einmal kennen? Den Assamiten geht es schlecht? Warum strecken wir nicht unsere Hand aus und laden die Banu Haquim ein, unserem exklusiven Club beizutreten? Es geht schließlich um das Überleben, da muss man manchmal die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen.

Für die Ahnen mag es eine furchtbare Zeit sein, aber für ambitionierte, junge Vampire ist es ein wahres Wildwest-Zeitalter, in dem mit hohen Einsätzen um noch höhere Gewinne gespielt wird. Auch wenn man jeden Tag von einer Einsatzgruppe brasilianischer Söldner geweckt und ins Sonnenlicht gezerrt werden kann. Aber was wäre der Gewinn schon wert, ohne das nötige bisschen Adrenalin, dass untoten Körpern lange vergessene Thrills bietet?

Was bedeutet das am Spieltisch? Die neue Welt der Dunkelheit ist – besonders für Spieler, deren Chroniken in europäischen Städten spielen – wesentlich gefährlicher und unberechenbarer geworden. Aber auch für junge Spielercharaktere ist es möglich, sich in kurzer Zeit an die Spitze der sozialen Leiter zu kämpfen. Für Spielrunden, die den offenen Sandboxansatz bevorzugen, bietet diese Version von Vampire von Haus aus deutlich bessere Startbedingungen.

Der klar offenere Hintergrund lädt dazu ein, seine Spieler in das Zentrum großer Veränderungen zu stellen, ohne sich bewusst gegen einen ganzen Berg von Publikationen zu stellen. Auch Neugeborene können sich in der Politik der Unsterblichen plötzlich deutlich freier und mit mehr Auswirkungen bewegen.

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass Gruppen, die eine traditionelle Chronik bevorzugen, oder Spieler, die selbst gerne einen alten und mächtigen Vampir darstellen möchten, von dieser Edition vollkommen im Stich gelassen werden. Weder bekommen sie das Handwerkszeug (Disziplinen jenseits der fünften Stufe, z.B.) noch erzählerische Handreichungen. Gruppen, die sich nach einer solchen Art Spiel sehen, sind bei der V20 eindeutig besser aufgehoben.

Insgesamt betont die V5 eher die paranoiden und geheimnistuerischen Aspekte des Vampirdaseins. Aus den Jägern sind in dieser Version eher Gejagte geworden. Die Second Inquisition ist den „Blankbodies“ auf der Spur, die Leopoldsgesellschaft erhebt sich aus ihrem Schattendasein, und die ehemaligen Patrone, Ahnen und Erzeuger sind nicht mehr da, um einen in Schwierigkeiten gekommenen Neugeborenen zu retten. Die Welt der Dunkelheit ist buchstäblich ein düsterer und gefährlicherer Ort für die Kinder Kains geworden.

Der Regelteil Vernachlässigbar ist das beste Wort, um den Anteil neuer spielmechanischer Neuerungen in diesem Band zu beschreiben. Der Fokus liegt eindeutig auf dem Fluff und nicht der harten Mechanik. Dennoch lassen sich einige Neuerungen am Ende des Bandes finden. Diese Ergänzungen zum Grundregelwerk lassen sich in drei Kategorien einteilen. Loresheets, ein neuer Clan und Regeln für die Auseinandersetzungen zwischen Institutionen.

Die Loresheets sind Erweiterungen der klassischen Hintergründe, die ein Spieler bei der Charaktererschaffung kaufen oder im Laufe des Spiels erhalten kann. Nur statt „Ressourcen“, „Einfluss“ oder „Gefolgsleute“ gibt es hier quasi Wissen über bestimmte vampirische Hintergründe, zum Beispiel bei „Pure Ventrue Lineage“, oder Gefälligkeiten bei bedeutenden NSC, zum Beispiel „Victoria Ash“, zu erwerben. Das ist zwar eine nette Ergänzung, aber auch kein Quantensprung.

Anders wiederum sieht es bei dem neuen spielbaren Clan aus. Die „Banu Haquim“ werden in diesem Band zum ersten Mal vorgestellt. Dieser „neue“ Clan ist jener Teil der Assamiten, der sich in einem clansinternen religiösen Schisma von der Hauptlinie abgespalten hat und Zuflucht in der Camarilla sucht. Regeltechnisch beschränken sich die Neuerungen hier allerdings auf zwei Rituale, die ihre Clansdisziplin „Blood Sorcery“ erweitern und den Banu Haquim Zugang zu spezifischen Assassinen-Techniken geben. Die ehemalige Clansdisziplin „Quietus“ ist hingegen vollständig gestrichen, ebenso wie die spezifische Form der Assamiten-Hexerei „Dur-An-Ki“, welche durch das allgemeinere „Blood Sorcery“ mitsamt seinen Erweiterungen dieses Bandes ersetzt wurde. Für langjährige Fans der Assamiten ist das trotzdem sicherlich nicht zufriedenstellend, auch wenn mit „Celerity“ und „Obfuscation“ die anderen klassischen Disziplinen erhalten geblieben sind.

Die Verregelung von Auseinandersetzungen zwischen Institutionen schließlich wirkt wie ein halb durchdachter Nachsatz. Das auf einer Doppelseite erläuterte System ist sehr rudimentär und oberflächlich und wird sicherlich nur in wenigen Runden in dieser Form zum Einsatz kommen. Das haben andere Sandboxsystene wie beispielsweise Stars without Number in der Vergangenheit deutlich besser hinbekommen. Was sehr schade ist, da ein solches System in ausgereifter Form sicherlich eine Bereicherung für ein meta-lastiges Spiel wie Vampire wäre. In seiner jetzigen Form muss es aber leider als vertane Chance angesehen werden.

Erscheinungsbild Optisch lehnt sich Camarilla sehr deutlich an das Grundregelwerk der fünften Edition an. Das bedeutet, dass man vom Layout und Stil einen deutlichen Bruch zu früheren Editionen vollzogen hat. Der neue künstlerische Stil mit seiner Mischung aus Fotos, Grafiken und Konzeptzeichnungen ist sicherlich einzigartig in der Spielreihe, aber auch nicht jedermanns Geschmack. Insgesamt wirkt Camarilla deutlich moderner als es noch die V20 tat, die stilistisch stark in der Tradition der 90er und frühen 2000er Jahre, der Hochzeit von Vampire, verhaftet war. Ob man das nun gut oder schlecht findet, muss jeder selbst entscheiden.

Ärgerlich ist hingegen, dass auch einige Layout-Macken des Grundregelwerks übernommen wurden. So wirken beispielsweise der häufige Wechsel zwischen, ein-, zwei- und dreispaltigen Textseiten, schwarzem und weißen Hintergrund, sowie der beständig wechselnde künstlerische Stil sehr unruhig und machen den Band zwar optisch abwechslungsreich, aber auch anstrengend zu lesen.

An Binde- und Druckqualität gibt es hingegen in der physischen Variante nichts zu bemängeln. Das Papier hat eine angenehme Haptik und Dicke, und auch die Bindung wirkt solide. Warum textlastige Bände immer noch in Hochglanz gedruckt werden, wird sich mir so schnell nicht erschließen. Die Spiegelungen halten sich aber im Rahmen und stören den insgesamt guten Gesamteindruck nicht. Auch der Preis ist mit 19.99 USD für das PDF oder 39,95 EUR für das gedruckte Buch im normalen Rahmen.

Fazit Der Band wirft ein Schlaglicht auf den Zustand der größten kainitischen Sekte in der Gegenwart. Durch eine Reihe von In-time-Texten aus verschiedenen Perspektiven bekommt der Leser einen Eindruck von den massiven Veränderungen, die die Camarilla seit Beginn des neuen Jahrtausends erschüttert haben. Die fünfte Edition von Vampire: The Masquerade setzt hier ihren radikalen Umbaukurs, der sich schon im Grundregelwerk abzeichnete, konsequent fort. Während der Sabbat immer mehr zu einem Kreuzzug gegen die Vorsintflutlichen im Nahen Osten zieht, ist den Kainskindern Europas und Nordamerikas mit der Second Inquisiton ein neuer Feind erwachsen, der die Grundfesten der Sekte erschüttert. Während die Ahnen verschwinden, transformiert sich die Camarilla immer deutlicher zu jenem schattenhaften Elitenclub, der sie in den Augen der Anarchen schon immer war.

Spieltechnisch liegt der Fokus deutlich auf jungen und ambitionierten Vampiren, die sich in diesen chaotischen Nächten einen Namen machen wollen und nicht mehr von der erdrückenden Macht des Status Quo niedergehalten werden. So stark der Fluffteil des Bandes geraten ist, so schwach ist der tatsächliche Regelteil bzw. der Nutzen des Bandes als konkrete Ressource am Spieltisch. Hier wurde eine Chance vertan, dem System mehr regeltechnische Tiefe zu verleihen. Insgesamt aber ist Camarilla – für das, was es sein will – ein gelungener Band, der die Besonderheiten der fünften Edition von Vampire: The Masquerade weiter schärft und herausarbeitet. Wem allerdings schon die Neuerungen des Grundregelwerks nicht gefallen haben, der wird auch von diesem Band nicht konvertiert werden können.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Camarilla (Vampire: the Masquerade 5th Edition)
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DSA5 - Aventurisches Götterwirken 2 (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 02/19/2020 01:31:17

https://www.teilzeithelden.de/2020/02/05/rezension-dsa5-aventurisches-goetterwirken-ii-schau-schau-schamanen/

Die Welt Aventurien ist bekannt für ihren Glauben an die „Zwölfgötter“, doch auch abseits dieser Mehrheit haben sich diverse Glaubensrichtungen entwickelt. Menschliche Stammeskulturen werden von Schamanen in Glaubensfragen beraten, klerikale Orden verehren diverse Halbgötter. Doch was bietet Aventurisches Götterwirken II für den Spieltisch? Unser Redakteur Torben kennt die Antwort.

Du kannst den Regenbogen nicht haben, wenn es nicht irgendwo regnet. (Schamanische Weisheit der Pueblo-Indianer)

„Welch‘ ein ketzerisches Werk!“, würden wohl die Praioten in Gareth sagen, wenn sie einen Blick in den neusten Regelerweiterungsband werfen könnten. Schamanen und Stammeskulte werden dort nicht anders dargestellt als die ehrenhaften Zwölfgötter. „Blasphemie“, höre ich sie bereits über den Zwölfgötterplatz schreien. Nur gut, dass es sich nicht um ein Ingame-Werk handelt.

Inhalt Neben den bereits erwähnten Schamanen der menschlichen Stammeskulturen und den zugehörigen „Götzen“ bietet der Regelerweiterungsband Aventurisches Götterwirken II aber auch Einblicke in verschiedene halbgöttliche Kulte und diverse Orden, wie etwa den Marbo-Kult, die Bruderschaft der Levthansjünger oder die tulamidischen Hadjinim. Regelergänzungen zu Aventurisches Götterwirken (wir berichteten) sowie Regelerweiterung (unter anderem zu Liturgien, Sonderfertigkeiten, Talismanen) runden den Band ab.

Kapitel 1 – Traditionen Ganze zehn Traditionen beleuchtet das neue Regelergänzungswerk aus der Bücherschmiede Ulisses Spiele. Dabei stehen dieses Mal nicht die „Zwölfgötter“ im Fokus, sondern die Halbgötter und der Schamanismus Aventuriens. Während Marbo, Levthan und Angrosch noch zu den bekannteren zählen, erhalten nun auch die eher unbekannten Götter bzw. die Schamanen der Fjarninger, Gjalskerländer, Trollzacker und Ferkina ihren verdienten Auftritt.

Rôschtula und Rascha – Götter der Trollzacker. Aber auch die Stammesschamanen der Nivesen und Waldmenschen haben ihren Weg in das umfangreiche Werk gefunden. Einzig der Glaube der Rur-und-Gror-Kirche wirkt seltsam fehl am Platz, sind seine Anhänger doch bis dato vom klerikalen Wirken ausgeschlossen.

Dem Aufbau der Artikel aus dem Vorgängerband ist man treu geblieben, doch fehlt für Neueinsteiger häufig der Hintergrund zu den Glaubensrichtungen. Neben dem üblichen stichwortartigen Überblick sind zwar der Moralkodex sowie die Aspekte, Bräuche und klerikalen Artefakte der Kirche kurz beschrieben, aber eine stimmungsvolle Beschreibung der Kirche und des Glaubens, wie er in den Vademecums zu finden ist, fehlt leider. Nähere Informationen zu den Vademecums findet ihr unter anderem auch auf unserer Webseite, zum Beispiel zum Zwölfgötter-, Phex-, Travia-, Peraine-, Tsa-, Boron– oder Kor-Glaube.

Besonders hervorstechend sind die diversen Knochenkeulen als schamanische Ritualinstrumente. Während die wundervollen Illustrationen die Eigenheiten der unterschiedlichen Stämme wiederspiegeln, sind die damit verbundenen Sonderfertigkeiten eher einfallslos ähnlich oder gar gedoppelt. Die Texte der Sonderfertigkeiten „Knochenbrechende Keule“, „Freundschaft des Tieres“, „Tierische Kraft“ und „Keulenwurf“ hätte man für die entsprechenden Keulen zusammenfassen und somit eine Menge Platz sparen können.

Kapitel 2 – Erweiterte Liturgieregeln

Levthan – Halbgott der Begierde und Zügellosigkeit. Das zweite Kapitel liefert neben altbekannten Regeln wie Prägungen oder Liturgiestilen auch neuere Regeln zur Herbeirufung, zu Talismanen und Träumen.

Auch in diesem Kapitel stechen die Illustrationen heraus, da besonderen Wert auf die Abbildung diverser Talismane gelegt wurde. Dass der Fokus dieses Kapitelparts auf den Talismanen der Zwölfgötter liegt, ist umso erstaunlicher, da man eher mit den Talismanen des Schamanismus und der beschrieben Halbgötter rechnet. Diese werden aber vollständig vernachlässigt, oder die entsprechenden Kulte besitzen eventuell einfach keine Talismane. Das wissen wohl nur die Götter.

Die Kirchenprägungen hingegen sollen universell auch für Kulte gelten, wenngleich schon der Name „Kirchenprägung“ eher zu den zwöfgöttlichen Kirchen passt.

Die Informationen und Regeln zu Träumen und Herbeirufungen sind sehr übersichtlich gestaltet und verweisen beide auf das Regelergänzungswerk Aventurische Magie II. Querverweise, die sicherlich gut gemeint sind, aber lediglich erneut die Aufsplittung diverser Regeln auf mehrere Regelbände verdeutlichen – eine Regelwerk-Verkaufspolitik, unter der seit DSA5 vor allem „reisende Spielleiter“ leiden.

Kapitel 3 – Sonderfertigkeiten Bei den erläuterten Sonderfertigkeiten des Werkes handelt es sich ausschließlich um Regelergänzungen zu den Regeln aus den vorangegangenen Publikationen. Somit wird an dieser Stelle auch ausschließlich auf Sonderfertigkeiten eingegangen, die im direkten Zusammenhang mit den vorgestellten halbgöttlichen oder schamanischen Traditionen stehen.

Besonders interessant für das Ausgestalten eines Heldencharakters dürften hierbei die verschiedenen „Strömungen“ sein, denen ein Schamane oder Priester folgen kann. Den Schamanen steht beispielsweise offen, ob sie eher „Geisterführer“, „Medizinleute“ oder „Tierpriester“ sind.

Kapitel 4 – Liturgien

Marbo – Halbgöttin des Seelenfriedens und der Vergänglichkeit. Neben dem Anhang nimmt das Kapitel um die Liturgien den größten Platz in diesem Band ein. Fast 100 neue Liturgien aller Göttergeweihten werden detailliert erklärt und mit allen wichtigen Werten vorgestellt.

Besonders auffällig ist dabei allerdings, dass sich nicht nur Beschreibungstexte immer wieder fast eins zu eins doppeln und viele Liturgien und Zeremonien vereinheitlicht werden könnten, sondern vor allem die immense Annäherung an die Zaubersprüche aus den Magiebänden.

Ersteres wird vor allem an Liturgien wie „Luchsgestalt“ und „Hundegestalt“ deutlich oder bei beschwörenden/herbeirufenden Liturgien wie „Wolfsruf“ und „Schlangenruf“ oder „Diener der Wolken“ und „Diener der Wellen“.

Hier hätte es vermutlich gereicht, auf eine Liturgie zu reduzieren und gegebenenfalls Alternativen aufzuzählen. Dies hätte nicht nur Platz gespart, sondern auch verhindert, dass die Texte eintönig und einfallslos wirken.

Während bereits die Regeln für die Gewinnung von karmaler und astraler Energie angeglichen wurden, so wird mit zunehmender Menge an Liturgien und Zeremonien auch die Unterscheidung von karmalem Wirken der Geweihten und astralem Wirken der Magier schwieriger, und die Mächte scheinen immer mehr zu verschwimmen. Schon in Vorgängerbänden war aufgefallen, dass Heilungszauber und Heilungsliturgien auch regeltechnisch fast identisch waren, nun sind auch Beschwörungsformeln davon betroffen. Diese Vereinheitlichung hat sicherlich den Vorteil, dass Neueinsteiger schneller sowohl das Magie- als auch das Liturgiesystem bergreifen. Für mich stellt dies aber eine zum Nachteil gereichende Vermischung dar, welche die individuelle Entwicklung von Glaube und Magie bedenklich stört. Wer sich für Magie und Religion in DSA interessiert, dem sei an dieser Stelle auch die wissenschaftliche Abhandlung von Gordon Nies empfohlen.

Kapitel 5 – Professionen

Raschtula – wilder Kriegsgott der Ferkinas. Auf je einer Seite werden auch in diesem Band diverse Professionen vorgestellt. Mit hübschen Abbildungen, Wertekästen und den wichtigsten Informationen zu Tracht und Ausrüstung werden über 30 spielbare Professionen vorgestellt. Dabei wurde darauf geachtet, ein gutes Mischungsverhältnis sowohl aus Vertretern der halbgöttlichen Kulte als auch der schamanischen Stammeskulturen zu präsentieren. Der Zwölfgötterglaube ist beispielsweise mit Badilakaner (Traviagläubige), Bannstrahler (Praiosgläubige) oder Ardariten (Rondragläubige) ebenso vertreten wie die diversen Schamanen der Stammeskulturen. Ob Schochzula (Trollzacker) mit Bären-Oberschenkelknochenkeule, blutbeschmierter Nuranshâr (Ferkina) oder eisbärreitende Skuldrar (Fjarninger) – für jeden Geschmack und Spielstil ist etwas dabei.

Auffallend ist zudem, dass nicht alle beschrieben Ordensausrichtungen auch Liturgien aufweisen. Im Gegensatz zur Traditionsbeschreibung im ersten Kapitel, wo die Rur-und-Gror-Kirche deshalb heraussticht, passen ihre Priester hier in die Reihe der weltlichen Orden gut hinein. Therbuniten (Perainekirche), Sonnenlegionäre (Praioskirche) oder Mada Basari (phexgläubiger Händlerorden) beispielsweise, haben zwar Geweihte der entsprechenden Gottheiten in ihren Reihen, aber auch hier sind diese eher die Ausnahme.

Kapitel 6 – Archetypen

Kamaluq – Jagdgott der Waldmenschen. Ergänzend zu den Professionen befinden sich auch in diesem Regelwerk wieder acht Archetypen, die einen schnellen Einstieg ins Spiel gewährleisten sollen. So kann man sich ohne eine detaillierte Heldenerschaffung mit einem Mohaschamanen, einer horasischen Ardaritin, einem Rur-und-Gror-Priester, einem tulamidischen Al’Drakorhim-Kämpfer, einer Nivesenschamanin, einer bornischen Marbidin, einem Garether Sonnenlegionär oder einer Phexgeweihten aus dem Orden der Mada Basari sofort ins Abenteuer stürzen.

Wie bereits in früheren Werken mit Archetypen sind auch dieses Mal die Geschichten der einzelnen Personen miteinander verwoben und bilden gemeinsam die Geschichte um „Jarud’Scharbars Erwachen“. Neben geschickt eingewobenen Informationen zu den Charakteren kann der Leser somit auch dem Geheimnis einer spannenden Kurzgeschichte auf den Grund gehen.

Anhang Wer sich über den Umfang der Publikation gewundert hat, der muss spätestens im Anhang feststellen, dass dieser nicht wie gewohnt nur ein paar einzelne Seiten umfasst, sondern mit mehr als 60 Seiten auch mehr als ein Viertel des Platzes im Werk einnimmt.

Abgestimmt auf die beschriebenen Professionen und Archetypen findet man hier alle wissenswerten Regeln zu neuen Kampffertigkeiten, Ausrüstungen, Kulturen und Zuständen.

Auf zwölf Seiten erhält der eifrige Leser hier zudem eine umfassende Beschreibung des Vampirismus als Ergänzung und Unterstützung des Marbo-Glaubens. Dem schließen sich etliche Seiten zum Thema Wesensregeln an, inklusive einer Wertebeschreibung von mehr als 25 Kreaturen, welche mittels Liturgie beschworen/herbeigerufen werden können.

Eine wirklich außerordentliche Ergänzung zu den bereits beschriebenen tulamidischen Orden in den Kapiteln „Professionen“ und „Archetypen“ haben sich die Autoren für den Abschluss der Publikation ausgedacht. Auf sage und schreibe 18 Seiten beschreiben sie ausführlich drei Orden der Hadjinim (Kriegerorden) bis ins Detail. Nicht nur für Spieler, sondern auch für Spielleiter bieten diese Seiten hervorragendes Material für den Spieltisch. So sind auch Meisterinformationen zu den einzelnen Orden nebst spielbaren Szenarioideen vorhanden.

Erscheinungsbild Neben dem eher düster wirkenden Coverbild von Annika Maar sind insbesondere die Innenillustrationen von Nadine Schäkel hervorzuheben, welche erneut auf wundervolle Weise die Götterwelt zum Leben erwecken. Aber auch sonst ist das Layout des Werkes gelungen und bringt neben vielen neuen und einigen alten Illustrationen auch eine gute Lesbarkeit und Übersichtlichkeit mit sich. Wichtige Textstellen wurden wie immer hervorgehoben, Symboliken und Fußnoten helfen bei der Orientierung und geben nützliche Hinweise.

Bonus/Downloadcontent Es ist kein Bonus- oder Downloadcontent vorhanden.

Fazit Der Regelerweiterungsband Aventurisches Götterwirken II bietet eine Menge neuer Ansätze zum Spielen von halbgöttlichen Geweihten, Stammesschamanen und Ordensmitgliedern. Neben den umfangreichen Beschreibungen, Werten und Regeln sind es insbesondere die Illustrationen, welche dem Band ein einzigartiges Flair verleihen. Wenn man von den immer mehr angeglichenen Magie- und Glaubenskonzepten absieht und die vielen Doppelungen bei Beschreibungstexten ignorieren kann, ist dieses Werk eine tolle Ergänzung für jeden Spieltisch. Was den beschriebenen Glaubenstraditionen wie beispielsweise Marbo-Glaube oder Gjalskerschamanismus an Hintergrund fehlt, machen die umfangreichen Seiten des Anhangs mit ihren detaillierten Beschreibungen zu den tulamidischen Hadjinim-Kriegerorden oder dem „klerikalen“ Vampirismus wieder wett. Mit den Worten eines Phexgeweihten der Mada Basari: „Das muss ich haben!“



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[5 von 5 Sternen!]
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Cyberpunk Red Jumpstart Kit
Verlag: R. Talsorian Games Inc.
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 02/19/2020 01:30:11

https://www.teilzeithelden.de/2020/02/04/ersteindruck-cyberpunk-red-jumpstart-kit-r-talsorian-games/

Cyberpunk-Fans weltweit erwarten sehnlich das Release von Cyberpunk 2077. Der Rollenspiel-Shooter schreibt die Geschichte des Rollenspiel-Klassikers Cyberpunk 2020 fort, spielt allerdings satte 57 Jahre später. Mit Cyberpunk Red schlägt R. Talsorian die Brücke zwischen dem alten Cyberpunk-Lore und dem kommenden Videospiel und versucht sich zugleich an einem neuen, zeitgemäßen Cyberpunk-Regelwerk.

Mit Cyberpunk Red unternimmt R. Talsorian Games den Versuch, dem 90er-Jahre-System neues Leben einzuhauchen und zugleich sein Lore weiterzuentwickeln – denn immerhin klafft zwischen Cyberpunk 2020, dessen Metaplot im Jahr 2022 endete, und Cyberpunk 2077 eine Story-Lücke von rund 55 Jahren. Cyberpunk RED, dessen Handlung im Jahr 2045 angesiedelt ist, füllt diese Lücke zumindest teilweise und knüpft dabei unmittelbar da an, wo Cyberpunk 2020 endete. Die Spin-Offs CyberGeneration und Cyberpunk V3.0 bleiben alternative Settings ohne Einfluss auf den Kanon.

Die Spielwelt Das Jahr 2045: Der Vierte Konzernkrieg ist vorbei. Ein Vierteljahrhundert, nachdem die Megakonzerne Arasaka und Militech in Firestorm, der Abschlusskampagne zu Cyberpunk 2020, den Globus verwüstet haben, kehrt die Welt immer noch die Scherben zusammen.

Cyberpunk trifft Postapokalypse Auf 28 Seiten beschreibt das Worldbook des Jumpstart Kits in groben Zügen die Spielwelt und Cyberpunks alternative Geschichtsschreibung von 1990 bis 2045. Die Entwicklungen seit dem Konzernkrieg stehen dabei im Mittelpunkt. Auch der Name der Nachkriegs-Ära, der „Time of the Red“, und sogar der Titel Cyberpunk Red führt sich darauf zurück: Eine taktische Atombombe hat 2022 die Innenstadt der ikonischen Cyberpunk-Modellmetropole Night City (vergleichbar etwa mit Seattle im Shadowrun-Universum) dem Erdboden gleichgemacht. Die dabei in die Atmosphäre geschleuderten Partikel sorgen noch 2045 für intensiv rote Sonnenauf- und Untergänge.

Night City ist 2045 übrigens weitgehend wiederaufgebaut, hat mit der Stadt von damals aber nur noch entfernte Ähnlichkeit. Diese Metamorphose ist symptomatisch für die gesamte Welt von Cyberpunk Red, das beim klassischen Cyberpunk-Setting einen Gang herunterschaltet und stattdessen eine ordentliche Portion Wildwest-Flair und Postapokalypse untermischt.

Infolge des Konzernkriegs steht die globalisierte Welt am Abgrund. Internationale Warenströme sind versiegt und das weltumspannende NET wurde von einem Supervirus nahezu vollständig und irreparabel zerstört. Die Megakonzerne sind entweder untergegangen oder haben sich in etliche national operierende „Corpos“ aufgespalten – ohne quasi-staatliche Privilegien, Privatarmeen und uneinnehmbare Firmen-Festungen. Auch viele Staaten sind kollabiert, darunter die USA, deren mehr oder weniger heil gebliebene Überreste an der Ostküste, nun faktisch eine Militärdiktatur, die Kontrolle über den gesetzlosen „wilden Westen“ weitgehend verloren haben.

Power to the Punks Die Intention dahinter ist deutlich und wurde von Mike Pondsmith so auch formuliert: Cyberpunk Red soll klarere Verhältnisse und einen übersichtlicheren Rahmen schaffen. Dabei soll es eine Spielwelt bieten, die mehr Fokus auf lokale Ereignisse und Akteure legt und mehr Freiräume für die eigentlichen Stars des Systems schafft: Die „Edgerunner“ und Cyberpunks, Söldner und Revolverhelden, Nomaden, Rockerboys und Guerilla-Reporter, kurzum die ikonischen Rebellentypen des Cyberpunk-Genres. Die „Time of the Red“ schafft für diese Untergrund-Antihelden deutlich mehr Freiheiten, mehr Spielräume, mehr jagen und weniger gejagt werden.

Dem Durchschnitts-Bürger geht es angesichts des allgemeinen Zerfalls sogar besser als in den 20er-Jahren, dank im Dachgarten gezogenem Gemüse, geklauten Solarkollektoren und irgendwo geplündertem Vorkriegs-Tech. Moderne Kommunikationsgeräte, Waffen, Munition, Cybertech und Fahrzeuge gibt es aber nach wie vor – auf der Straße oder dem Schwarzmarkt, denn reguläre Geschäfte kennt die „Time of the Red“ praktisch nicht mehr.

Wie genau die Spielwelt den Spagat zwischen Untergang und Fortschritt schafft, bleibt unkonkret. Die USA und die restliche Welt werden jeweils nur auf etwas mehr als einer Seite in groben Zügen beschrieben, dazu kommen noch ein paar Seiten Weltgeschichte und ein wenig Fluff, der das Alltagsleben im Jahr 2045 grob umreißt. Vermutlich wird man, um die „Time of the Red“ wirklich verstehen zu können, auf das Grundregelwerk warten müssen.

Die Regeln Wie an mehreren Stellen in den Büchern betont wird, ist das Jumpstart Kit gewissermaßen eine Demo für das kommende Grundregelwerk, vereinfacht und gekürzt, um leichter in das System einsteigen zu können. Allerdings entsteht beim Lesen schnell die Frage, wie hilfreich das Jumpstart Kit für den Einstieg ins eigentliche Cyberpunk Red sein wird, denn an einigen Stellen erwecken Formulierungen den Eindruck, dass bestimmte Regeln womöglich im Grundregelwerk anders funktionieren werden. Es wird aber nicht wirklich transparent gemacht, welche Regeln das sind und wie weitreichend die möglichen Abweichungen sind.

Das Interlock-System Cyberpunk Red verwendet, wie schon Cyberpunk 2020 und auch das The Witcher TRPG, das Interlock-System, das allerdings grundlegend überarbeitet, angepasst und gestrafft wurde. Charaktere basieren auf neun Attributen und einer Reihe von Skills, jeweils mit einem Wert zwischen 0 und 10. Bei Proben werden Attribut und zugehöriger Skill summiert, ein W10 addiert und die Summe mit einem festgelegten Zielwert verglichen. In Konfliktsituationen wird stattdessen direkt vergleichend gewürfelt, der höhere Wurf setzt sich durch.

Das Jumpstart Kit listet insgesamt 22 Skills auf, das Grundregelwerk wird aber deutlich mehr Skills enthalten. Alle Charaktere erhalten bei der Erschaffung Gratis-Ränge in verschiedenen Skills, beispielsweise in „Wahrnehmung“, „Allgemeinbildung“, „Athletik“ und „Waffenloser Kampf“. Für das Jumpstart Kit spielt das aber eigentlich keine Rolle, denn es gibt keine Regeln zur Charaktererschaffung.

Charakterklassen

Cyberpunk Red behält das Klassensystem von Cyberpunk 2020 bei und umfasst neun Charakterklassen, von denen aber nur sechs im Jumpstart Kit spielbar sind: Rockerboy (Musiker und andere Entertainer), Solo (Söldner, Profikiller und andere Kämpfer), Tech (Mechaniker, Bastler und Mediziner), Nomad (Profi-Fahrer und Straßenkrieger à la Mad Max), Fixer (Info-Broker, Hehler und Schmuggler) und Netrunner (Hacker). Im Grundregelwerk wird jede Klasse einen exklusiven Spezial-Skill haben, diese kommen im Jumpstart Kit aber nicht zum Einsatz – mit Ausnahme des Netrunners, dessen Klassenskill ihm das Hacken überhaupt erst ermöglicht.

Zu jeder Charakterklasse enthält das Jumpstart Kit einen fertig ausgearbeiteten Archetypen. Skills, Ausrüstung und Cyberware stehen fest, Einfluss nehmen kann der Spieler auf die Attribute und auf die Persönlichkeit und Vita seines Charakters. Jeder Charakterbogen kommt mit sechs unterschiedlichen Attributs-Blöcken, der Spieler kann sich einen Block aussuchen oder auswürfeln.

Charakterbogen Der vorgefertigte Charakterbogen des Solo-Archetypen mit verschiedenen Attributs-Blöcken und freien Feldern für den Charakterhintergrund.

Mit dem „Lifepath“-Modul kann sich der Spieler außerdem eine Persönlichkeit und eine Lebensgeschichte für seinen Charakter entweder aussuchen oder erwürfeln. Spieltechnische Auswirkungen hat das Modul nicht.

Die Kampfregeln Für Kämpfe verwendet Cyberpunk Red eine weiterentwickelte und deutlich abgespeckte Version des Kampfsystems von Cyberpunk 2020. Vor allem die Regeln zu Automatikfeuer wurden stark vereinfacht und entschärft – pro Angriff treffen in Cyberpunk Red maximal eine Handvoll Kugeln das Ziel. Angriffe laufen ab wie alle anderen Skill-Proben auch der Zielwert von der verwendeten Waffe und der Entfernung zum Ziel ab. Nur Charaktere mit sehr hohem Reflex-Attribut können im Fernkampf aktiv ausweichen, dann wird aus dem Angriffswurf eine vergleichende Probe. Im Nahkampf wird grundsätzlich vergleichend gewürfelt.

CyborgEs gibt zwei Trefferzonen: Kopf und Körper. Kopftreffer sind schwieriger, richten aber mehr Schaden an. Beide Trefferzonen können individuell gepanzert werden. Die Panzerung zählt als passiver Bonus und wird vom erlittenen Waffenschaden abgezogen. Überzähliger Schaden reduziert dann die Lebenspunkte des Charakters. Charaktere, deren Lebenspunkte auf 0 sinken, sterben früher oder später, wenn sie keine Erste Hilfe erhalten.

Die Waffen werden in Klassen eingeteilt, die sich in Schaden, Reichweite und dem Feuermodus unterscheiden. Waffen selbst bleiben abstrakte Platzhalter; spezifische Modelle mit Bild oder Beschreibung stehen nicht zur Wahl.

Cyberware Die vorgefertigten Charaktere (und auch verschiedene NSC) verfügen jeweils über eine Handvoll Cyberware-Implantate, die jeweils bestimmte spieltechnische Boni liefern oder als Waffe eingesetzt werden können. Zu jedem Implantat gibt es eine knappe Beschreibung.

Diese Implantate sind festgelegt: Sich weiter vercybern zu lassen ist im Einsteiger-Regelwerk keine Option.

Netrunning Das weltweite NET ist in der „Time of the Red“ ebenso Geschichte wie der Cyberspace, in dem man gedankenschnell und körperlos herumfliegen konnte. Öffentliche Netzwerke sind beschränkt auf regionale Informationsplattformen auf dem technischen Niveau des heutigen Internets. Das „echte“ NET, in das sich Netrunner mental einstöpseln können, existiert nur noch in Form lokaler Netzwerke.

Wortwörtlich einstöpseln muss sich aber niemand mehr, denn das neue NET ist eine kabellose Augmented-Reality-Umgebung, die der Netrunner durch eine Datenbrille sieht. Eine WiFi-Welt analog zu Shadowrun, in der sich nahezu alles hacken lässt, ist das kabellose NET aber nicht; Hacking bleibt auf Systeme wie Firmennetzwerke beschränkt. Zugangspunkte zu solchen Systemen haben in der Regel eine Reichweite von lediglich sechs Metern. Für die Netrunner heißt das: Keine Hacks mehr vom heimischen Sofa aus, sondern raus an die Front.

Hacken funktioniert nach dem „Fahrstuhl“-System: Computersysteme staffeln sich in übereinander liegende Level, die der Netrunner der Reihe nach von oben nach unten erkundet. Auf jedem Level können dann Dateien und der Zugriff auf Sicherheitssysteme und Ähnliches liegen, aber auch Passwortsperren oder „Black ICE“ (aggressive und potentiell tödliche Verteidigungsprogramme).

Abenteuer Das Jumpstart Kit enthält ein längeres, viereinhalbseitiges Abenteuerszenario sowie als Zugabe drei kürzere Szenarien auf jeweils etwa einer Seite zuzüglich Fluff-Text, die der SL als Grundlage für weitere Abenteuer verwenden kann. R. Talsorian verspricht vorgefertigte Abenteuer, die sich „out of the box“ spielen lassen. Falls man darunter Abenteuer versteht, die so umfassend ausgearbeitet und durchstrukturiert sind, dass sie ohne nennenswerte Vorbereitung und zusätzliche Ausgestaltung spielbar sind, dann ist das eindeutig nicht der Fall. Fehlende Details und Hintergrundinformationen fordern dem Spielleiter viel Improvisationstalent und/oder gründliche Vorarbeit ab – das genaue Gegenteil von „out of the box“. Dass der eigentliche Plot auf Schienen läuft und oft Handlungen der Spieler voraussetzt oder gleich vorwegnimmt, macht es für einen unerfahrenen Spielleiter nicht leichter.

Eins haben die Szenarien im Jumpstart Kit alle gemein: Es sind Schießbuden. Eigentlich in jedem Fall läuft nach kurzer, linearer Einleitung die Lösung auf einen oder mehrere Kämpfe hinaus. Andere Optionen werden oft gar nicht erst erwähnt oder sogar durch das festgeschriebene Verhalten der NSC aktiv ausgeschlossen. Unter diesem Licht betrachtet ist es dann auch nicht verwunderlich, dass ausnahmslos alle vorgefertigten Charaktere vom Rockerboy bis zum Tech schwer bewaffnet und von Kopf bis Fuß solide gepanzert sind.

Erscheinungsbild Umfang Eine Anmerkung vorweg: Die Druckversion des Cyberpunk Red Jumpstart Kit präsentiert sich als Box mit Softcover-Heften, Broschüren und losen Blättern. In der digitalen Version sind die einzelnen Dokumente stattdessen jeweils als separate PDFs enthalten. Da wir für diese Rezension nur die digitale Version vorliegen hatten, können wir zur Qualität der gedruckten Produkte keine Aussagen treffen.

Das Jumpstart Kit umfasst zwei Bücher: Das Worldbook liefert auf 53 Seiten einen Überblick über die Hintergrundwelt von Cyberpunk Red, die Geschichte, ein Profil der Stadt Night City sowie Tipps zum Spielleiten. Außerdem sind hier das Start-Abenteuer und die weiteren Szenarien enthalten. Das 45-Seitige Rulebook enthält die Spielregeln inklusive Kampf- und Netrunning-System sowie einige weitere Erklärungen zur Cyberpunk-Spielwelt. Hinzu kommen die sechs vorgefertigten Charaktere, jeweils mit einer Seite Fluff-Text und Bild und einer Seite Charakterbogen, ein doppelseitiges Handout mit Regel-Kurzübersicht für Spieler und ein vierseitiges Heft für den SL mit Regelübersicht und anderen hilfreichen Tabellen. Alle Dokumente kommen in DIN A4; lediglich das Kartenpaket, mit dem das das Paket abgerundet wird, kommt im A3-Format und enthält vier Bodenpläne: eine generische Straßenecke, ein Stück staubiger Highway, eine Bar und ein Bürogebäude.

Layout

Das gesamte Jumpstart Kit präsentiert sich in Farbe. Das Layout ist klar und nüchtern, aber wenig aufregend. Rot und weiß dominieren das Seitenbild mit hin und wieder eingestreuten Info-Kästen, Zitaten (von denen so einige dem Cyberpunk 2020-Grundregelwerk entnommen sind) oder Illustrationen. Nennenswerte Layout-Schnitzer sind nicht aufgefallen, wohl aber einige Wort-Doppelungen oder Tippfehler.

Die Bebilderung wirkt durch die Bank solide, die Bildqualität ist gut. Die Illustrationen stammen von verschiedenen Künstlern mit ganz unterschiedlichen Stilen, die gezeigten Motive erinnern an Vorlagen von Ghost in the Shell über Elysium und Blade Runner bis hin zu Mad Max.

Sowohl Worldbook als auch Rulebook haben ein Inhaltsverzeichnis, aber keinen Index. Die Regel-Tabellen der Übersichts-Handouts enthalten keine Seitenverweise zum Regelbuch, was dem schnellen Nachschlagen am Spieltisch sicher gutgetan hätte.

Bonus/Downloadcontent Kürzlich ist auf R. Talsorians Homepage das Download-Kurzabenteuer Red Chrome Cargo für das Jumpstart Kit erschienen. Außerdem gibt es auf der Homepage die Developer‘s Logs mit Einblicken in die Entwicklung von Cyberpunk und den Q&A-Podcast Listen Up!, in dem Mike und Cody Pondsmith unter anderem über Fragen zu Cyberpunk Red diskutieren.

Fazit Das Cyberpunk Red Jumpstart Kit ist eine kostenpflichtige Demo – nicht mehr, nicht weniger. Es liefert in aller Kürze einen Einblick in die Spielregeln, die das kommende Grundregelwerk enthalten wird, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Großteil eben erst mit diesem Buch erscheinen wird. Das reduzierte Interlock-System ist unkompliziert und dürfte auch für absolute Einsteiger leicht zu erlernen sein. Der Überblick über die Spielwelt hingegen fällt ziemlich grob aus, gerade bei Einsteigern ohne Cyberpunk-Vorerfahrung dürften viele Fragen offen bleiben.

Die im Worldbook enthaltenen Abenteuer-Szenarien machen einen durchaus spielbaren Eindruck, sind aber sehr auf Kampf zugespitzt und nur rudimentär ausgearbeitet – Einsteigerrunden dürften hier schnell überfordert sein. Die enthaltenen Regeln ermöglichen durchaus, auch eigene Szenarien zu spielen, das Regelwerk schränkt die Möglichkeiten aber deutlich ein. Eine längere Kampagne abwechslungsreich zu gestalten dürfte deshalb schwierig werden, auch mangels Ausbau- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Charaktere.

Für die ersten Schritte und eine grobe Orientierung in der neuen „Time of the Red“ und der nächsten Edition des Cyberpunk-Rollenspiels ist das Jumpstart Kit aber allemal geeignet und es macht neugierig auf das kommende Grundregelwerk. Ein Spielwert über einige Spielabende hinaus ist aber eher nicht in Sicht, zumal die Box mit dem Erscheinen des Grundregelwerks weitgehend obsolet werden dürfte. Den Preis von knapp 30 US-Dollar erscheint daran gemessen ziemlich hoch. Bei der PDF-Version, die es auf unabsehbare Zeit für knapp 10 US-Dollar gibt, stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis schon eher.

Die Endwertung fällt deshalb alles in allem durchwachsen aus. Das Cyberpunk Red Jumpstart Kit ist vor allem ein Produkt für alte Cyberpunk-Fans, die wissen wollen, wie die Geschichte weitergeht, und für alle, die sich mental schon mal auf Cyberpunk 2077 einstimmen und mehr über R. Talsorians Cyberpunk-Welt erfahren wollen. Für Einsteiger, die einfach neugierig auf das Cyberpunk-Genre insgesamt sind, ist das Jumpstart Kit definitiv eine Option, aber nicht unbedingt der Geheimtipp des Jahres.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
Cyberpunk Red Jumpstart Kit
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DSA5 - Sternenträger 2 - Der Klang des Feyraasal (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 02/03/2020 02:16:40

https://www.teilzeithelden.de/2020/01/21/rezension-dsa-der-klang-des-feyraasal-durch-wind-und-traum/

Nachdem die Helden dem Ruf der Bahalyr gefolgt sind, lauschen sie nun dem Klang des Feyraasal. Das zweite Abenteuer der Sternenträger-Kampagne führt die Gruppe auf eine wahrhaft fantastische Reise in den hohen Norden. Die Teilzeithelden haben sich unter das Reisegefährt geklammert und sind mit dabei.

Der Klang des Feyraasal ist das zweite Abenteuer der Sternenträger-Kampagne. Diese beschäftigt sich mit länger nicht mehr beachteten Elementen des Metaplots rund um die Hinterlassenschaften der aventurischen Hochelfen, deren Reiche vor Jahrtausenden untergingen. Langjährige Spieler von Das Schwarze Auge denken in diesem Zusammenhang nicht ohne Grund an die Phileasson-Kampagne, die in diesen Tagen von Bernhard Hennen und Robert Corvus prosaisch aufgearbeitet wird.

Die Sternenträger-Kampagne geht weiter Direkt im Anschluss an Der Ruf der Bahalyr beginnt Der Klang des Feyraasal. Im Abenteuer wird leider auf eine grobe Zusammenfassung der Ereignisse des ersten Teils verzichtet. Ebenso wird bei der Einordnung des einzelnen Abenteuers in die Gesamthandlung der Kampagne auf den ersten Teil verwiesen. Das ist völlig legitim und nachvollziehbar, erschwert aber ein Stück weit den Zugang. Da im ersten Teil die zentralen Elemente der Kampagne vorgestellt wurden, hätte zumindest ein Absatz nicht geschadet, inwiefern und mit welcher Gewichtung diese Punkte für das aktuelle Abenteuer relevant sind.

An dieser Stelle sei kurz zusammengefasst, dass die Helden im ersten Abenteuer einem magischen Ruf folgten, der sie zum hochelfischen Zauberschiff Bahalyr brachte. Es ist vermutlich kein Spoiler mehr, dass es sich dabei um das auf dem Umschlag des Abenteuers abgebildete fliegende Schiff handelt. Dieses Schiff wird für den Rest der Kampagne das Zuhause der Helden sein, denn ihre Reise führt sie unter anderem in entlegene Winkel Aventuriens. Welchem alten Geheimnis sie hinterherjagen, wird allerdings im Spoilerkasten versteckt bleiben.

Zunächst aber zum ersten Kapitel des Abenteuers: Es beinhaltet eine ausführliche Beschreibung der Bahalyr sowie Ideen, wie sich das Schiff im Laufe der Kampagne zur fliegenden Heimstatt der Helden entwickeln kann. Dabei sind vor allem die Hinweise zu den Meisterpersonen, welche die Expedition begleiten, hilfreich. Durch sie steigt nicht nur das Gefühl, Teil einer lebendigen Geschichte zu sein, sondern um sie herum lassen sich auch kleine oder große Abenteuer stricken.

Der Klang des Feyraasal ist im Wesentlichen ein Reiseabenteuer, das im Wesentlichen auf den weiteren Verlauf der Kampagne vorbereitet. Die Helden machen sich mit der Bahalyr vertraut und erfahren kleine Bruchstücke des Hintergrunds, die dabei helfen, einen besseren Blick auf das Gesamtbild zu bekommen. Dass die Reise dabei nicht zum beschaulichen Rundgang durch Augenblicke der hochelfischen Geschichte wird, stellt eine zentrale Herausforderung an die Spielleitung dar.

Als meditative, fast schon erholsame Fahrt durch Träume und Wolken funktioniert das Abenteuer hingegen sehr gut. Dass man am Ende durch einen fast schon fulminanten Kampf gegen einen übermächtig scheinenden Gegner aus dieser mystischen Atmosphäre gerissen wird, passt deswegen sehr gut in die Handlung. Auch innerhalb der Kampagne wird Der Klang des Feyraasal dadurch seiner Funktion gerecht. Nach dem epischen Auftakt folgt eine wohldosierte Menge an Hintergrundwissen, an die sich eine mahnende Warnung vor den immer noch existenten Gefahren anschließt.

Es gibt nur wenige Wermutstropfen bei der Lektüre des Abenteuers. Dazu gehört zum Beispiel der Umstand, dass die im Finale angreifenden Gegner zunächst keinen direkten Bezug zum Hintergrund der Kampagne haben. Es bleibt zu vermuten, dass sich dies in weiteren Abenteuern ändert, doch zunächst bleiben ihre Motive – zumindest aus SpielerInnensicht – undurchsichtig. Über eine Meisterperson, die gemeinsam mit den Gegenspielern eingeführt wird, kann die Spielleitung jedoch Licht ins Dunkel bringen.

Da das Abenteuer trotz einer relativ fest vorgeschriebenen Handlung größtenteils als Baukasten präsentiert wird, muss die Spielleitung sowohl an der oben genannten als auch an anderen Stellen unverhältnismäßig viel Vorbereitung investieren. Dies bietet aber natürlich auch viel Potenzial, um die erste große Reise auf der Bahalyr unvergesslich werden zu lassen. Dass sich diese Vorbereitung nicht immer direkt in Der Klang des Feyraasal auszahlen wird, bleibt ein Manko des Abenteuers, ist aber im Gesamtkontext einer epischen Kampagne verständlich.

Vereinzelt wirken die Seiten unter mehreren Sonderkästen und -absätzen etwas überfrachtet und unübersichtlich.Einer der Expeditionsteilnehmer ist Magister Castellani-Thaliyin. Mit stimmigen Darstellungen mystischer Traumwelten und entrückt wirkenden Landstrichen werden neue Akzente gesetzt. Dafür können die einzelnen Episoden des Abenteuers durchaus überzeugen. Obwohl der Reiseaspekt im Vordergrund steht, dürften auch kämpferische oder sozial begabte Charaktere auf ihre Kosten kommen. Wer vor wunderschöner Naturkulisse mystische Erfahrungen und packende Kämpfe erleben möchte, wird von Der Klang des Feyraasal nur schwerlich enttäuscht werden. Kurz gesagt: Mit Blick auf die Kampagne stimmt die Qualität, in sich wirkt das Abenteuer aber nicht ganz rund und benötigt durch seinen stückchenhaften Aufbau viel Vorbereitung.

Viele Kästen vor wunderschöner Kulisse – Das Erscheinungsbild Was die Illustrationen betrifft, hat Das Schwarze Auge mit seiner fünften Edition bereits einen sehr guten Standard erreicht. Der Klang des Feyraasal setzt aber mit stimmigen Darstellungen mystischer Traumwelten und entrückt wirkender Landstriche noch einmal neue Akzente. Was das Layout betrifft, ist das Abenteuer gut und übersichtlich gegliedert. Nur vereinzelt wirken die Seiten unter mehreren Sonderkästen und -absätzen etwas überfrachtet und unübersichtlich.

Fazit Der Klang des Feyraasal ist das kurze Luftholen nach dem stürmischen Auftakt einer Kampagne, die noch lange nicht am Ende ist. Von Umfang und Spielzeit her mag der zweite Teil etwas kürzer ausfallen. Dies liegt aber zum einen daran, dass das erste Kapitel, in dem allgemein die Bahalyr und die weiteren Handlungen der mitreisenden Meisterpersonen beschrieben werden, für den weiteren Verlauf der Kampagne genutzt werden kann. Zum anderen kann die Reise in den hohen Norden durch die Spielleitung ausgebaut werden. Sich dessen bewusst zu werden, dass man immer noch am Anfang einer langen Reise steht, kann allein viel Raum einnehmen, den man den SpielerInnen auch geben sollte.

Auch wenn Der Klang des Feyraasal kein überragendes, aber dennoch gutes Abenteuer ist, macht es sich mit seinen Motiven und seiner Dramaturgie sehr gut im bisherigen Verlauf der Sternenträger-Kampagne. Wer diesen Teil der Reise noch vor sich hat, kann sich auf weitere fantastische Erlebnisse freuen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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Scheherazade - The One Thousand and One Nights RPG
Verlag: SpaceOrange42
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 01/10/2020 04:22:27

https://www.teilzeithelden.de/2020/01/10/ersteindruck-scheherazade-rollenspiel-aus-tausendundeiner-nacht/

Noch sind die Nächte lang und kalt – die beste Zeit, sich mit Fantasie (und einer Kanne Tee) in wärmere Gefilde zu versetzen. Scheherazade ist ein Rollenspielsystem für Geschichtenerzählerinnen, Märchenonkel und andere Fans von Fabeln aus dem Morgenland, das auf narratives Spiel und exotisches Flair setzt.

Europäische Sagen und Märchen sind die Hauptinspirationsquelle vieler klassischer Fantasy-Rollenspiele – an morgenländische Märchen erinnernde Szenarien kommen oft höchstens als Nebenschauplatz oder exotisches Heimatland des einen oder anderen Charakters vor. Dabei sind die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht und an sie angelehnte orientalisierende Märchen seit gut drei Jahrhunderten in Europa bekannt und sehr beliebt. Von fliegenden Teppichen, Wünsche erfüllenden Flaschengeistern, Sindbad dem Seefahrer und Ali Baba haben wir wohl alle schon einmal gehört – und viele auch eine relativ gute Vorstellung, wie sie in ein Rollenspiel-Setting einzufügen wären. Was läge also näher, als ein ganzes Rollenspielsystem darauf aufzubauen?

Die Spielwelt Die Welt von Scheherazade ist – wenig überraschend – die der Märchen aus Tausendundeiner Nacht: angesetzt in einer phantastischen Version vom Bagdad des islamischen Mittelalters, in der die schöne Scheherazade in den Fängen des grausamen Kalifen Shahryar Nacht für Nacht Geschichten erzählt, um ihr Leben zu retten. Im Märchen ist der Kalif nach eintausendundeiner Nacht so weit besänftigt, dass er davon absieht, Scheherazade am Morgen zu töten und sie stattdessen heiratet. Das Rollenspielsetting weicht hier vom Quellenmaterial ab. In Scheherazade ist die Titelheldin in einen magischen Schlaf verfallen, und die Charaktere sollen sie retten, denn andernfalls wird das Kalifat untergehen und eine Armee böser Dschinns möglicherweise Einwohnerinnen und Einwohner heimsuchen. Letzteres wird allerdings nur angedeutet.

Der Einstieg in die Spielwelt erfolgt in Form einer Geschichte, die die Spielenden quasi mitten ins Geschehen wirft. Diese Rahmenhandlung ist als Vorschlag für einen Kampagneneinstieg vorgesehen, jedoch ist es nicht zwingend notwendig, sich daran zu orientieren. Das Setting bietet auch eine große Bandbreite an Möglichkeiten für unabhängige One-Shots. Bagdad, die Prächtige, die im Einstiegstext kurz beschrieben wird, ist die Hauptstadt des „Kalifats des Ewigen Mondes“, eines ebenso mächtigen wie märchenhaften Reiches, das den gesamten Vorderen Orient von Ägypten bis nach Indien umfasst. Darin können geneigte Spielgruppen alles erleben, was in den Märchen aus Tausendundeiner Nacht, den daran angelehnten Geschichten von Wilhelm Hauff und deren popkulturellen Adaptionen von Isnogud bis Prince of Persia vorkommt: wilde Verfolgungsjagden auf fliegenden Teppichen, Kämpfe mit bösartigen Ifriten, verschlagenen Magiern oder reanimierten ägyptischen Mumien, Schatzsuchen in den uralten Tempeln vergangener Kulturen und Ärger mit daraus resultierenden Flüchen. Alles, was in ein orientalisches Setting passt, ist erlaubt und erwünscht, historische Akkuratesse nicht zwingend notwendig. Das Setting ist als „Teen“, also „familienfreundlich“ und nicht wirklich für düstere Horrorkampagnen oder allzu realistische Szenarien vorgesehen. Die Beschreibung hält sich weniger mit Details der Welt auf, sondern verweist auf die Inspirationsquellen und appelliert an die Fantasie der Spielleitung.

Da das angesprochene Publikum wie der Autor Umberto Pignatelli eher europäischer Herkunft ist und die wenigsten Interessierten einen Hintergrund in arabischer Literaturgeschichte haben werden, bleibt das Ganze natürlich ein wenig stereotyp. Das stört erst mal nicht wirklich, könnte aber dazu führen, dass irgendwann die Ideen rar werden. Also eher eine Wahl für Kurzkampagnen, Spontanrunden und Cons – dafür eignet sich die Welt allerdings hervorragend, da nicht viel erklärt werden muss. Der Einstieg erfolgt in Form einer Geschichte, die die Spielenden quasi mitten ins Geschehen wirft: Darin führt der blinde Bettler Ali den Charakter (oder die Charaktere) durch den geschäftigen Basar von Bagdad in die größte Bibliothek der Stadt, wo sie ein geheimnisvolles Buch finden, in dem … aber davon ein anderes Mal.

Die Regeln Scheherazade ist eine Märchenwelt, in der heroische Aktionen belohnt werden und Realismus nicht das Hauptanliegen ist. Dementsprechend ist auch das Regelsystem eher auf narratives Spiel als auf Würfelergebnisse ausgerichtet. Ein bisschen Würfeln ist allerdings schon vorgesehen. Dafür brauchen die Beteiligten je ein Dutzend W6, von denen einer als „Schicksalswürfel“ erkennbar sein muss (also etwa eine andere Farbe oder Größe haben sollte als der Rest). Er wird mit jedem Wurf mitgewürfelt und sorgt für zusätzliche Konsequenzen, unabhängig vom allgemeinen Ergebnis. Wenn er eine 1 zeigt, ergibt sich eine negative Konsequenz, bei einer 6 ein Bonus.

Gewürfelt wird mit Pools, die sich in der Regel aus zwei Attributen des Charakters berechnen. Jede 4, 5 und 6 zählt als Erfolg, niedrigere Ergebnisse als Misserfolg. Die Anzahl an Erfolgen wird mit einem Schwierigkeitsgrad verglichen, wenn dieser erreicht ist, gilt die Aktion als geschafft. Je weiter die Anzahl an Erfolgen den Schwierigkeitsgrad übersteigt, desto mehr zusätzliche positive Konsequenzen ergeben sich aus dem Wurf. Umgekehrt gilt das auch für negative Konsequenzen, wenn der Schwierigkeitsgrad weit verfehlt wurde. Bestimmte Umstände, Hilfsmittel, Beschreibungen oder Ideen können den Schwierigkeitsgrad herunter- oder heraufsetzen. In speziellen Fällen kann eine Aktion selbst dann als erfolgreich gelten, wenn sie um einen Würfel nicht erreicht wurde – dann allerdings mit einer Nebenwirkung nach Ermessen der Spielleitung.

NPC, gegen die gekämpft wird, zählen ebenfalls als Schwierigkeitslevel. Jeder Erfolg, der das Gegnerlevel übersteigt, zählt als ein „Effekt“, also entweder ein Schaden, der dem Gegner zugefügt wurde, oder eine Aktion, die die Gegenseite behindert oder zurückwirft. Die Kampfregeln sehen außerdem vor, den Schauplatz eines Kampfes in verschiedene Zonen einzuteilen, die helfen sollen, die Szene zu visualisieren. Das bietet allen Beteiligten die Möglichkeit, dramatische Beschreibungen ihrer Aktionen vorzubringen und sich miteinander abzusprechen. Dies verhindert nicht nur, dass der Kampf langweilig wird, sondern wird auch mit Boni belohnt und ist ausdrücklich erwünscht.

Ein Alleinstellungsmerkmal des Systems ist der Einsatz von Geschichten in der Geschichte. Ganz im Sinne der Erzählerin Scheherazade gibt es hin und wieder die Gelegenheit, im Spiel eine Geschichte aus der Vergangenheit des eigenen Charakters, ein Märchen oder eine Fabel zum Besten zu geben. Dies hilft nicht nur bei der Charakterentwicklung, sondern kann auch ganz konkrete Vorteile im Spiel bringen. Manche mythischen Monster lassen sich durch eine gute Erzählung besänftigen und NSC sind unter Umständen bereit, etwas Wertvolles für die Kurzweil eines spannenden Seemannsgarns einzutauschen.

Charaktererschaffung

Die Charaktere sind Heldinnen und Helden mit manchmal ganz besonderen Eigenschaften. Charaktere in Scheherazade sind einfach erschaffen. Sie haben sechs Attribute, die bei Level 1 beginnen und mit 12 weiteren Punkten gesteigert werden können. Dabei handelt es sich um die Eigenschaften Stärke (Power), Präzision (Precision), Mut (Courage), Vorsicht (Caution), Leidenschaft (Passion) und Vernunft (Reason). Zusätzlich gibt es das Attribut Ressourcen, das die generelle finanzielle Situation des Charakters darstellt. Dieses startet ebenfalls auf 1, es gibt aber auch die Möglichkeit, die Eigenschaft „arm“ zu wählen, was bedeutet, dass der Charakter auf der Straße lebt und betteln muss, um sein Leben zu finanzieren, dafür aber einen zusätzlichen Punkt für andere Attribute bekommt. Aus den Attributen errechnen sich die Würfelpools für alle gewürfelten Aktionen.

Dazu wird ein grundsätzliches Konzept des Charakters gewählt – etwa „Seemann“, „Fakir“, „Amazonenkriegerin“ oder Ähnliches – und passendes Equipment ausgewählt. Jeder Charakter bekommt außerdem ein besonderes Talent. Dieses kann ganz individuell gestaltet werden, solange es mit der Spielleitung abgesprochen ist. Immerhin sind die Charaktere die Heldinnen und Helden eines Märchens, und diese haben manchmal ganz besondere Eigenschaften. Dennoch ist das Powerlevel am Anfang eher niedrig – schließlich soll das Abenteuer der Charaktere hier erst beginnen und gute Ideen sollen ohnehin wichtiger sein als riesige Würfelpools.

Erscheinungsbild Orientalisch, ornamental und ein bisschen comicartig lässt sich der Stil beschreiben, den Zeichnerin Sara Valentino für die Illustrationen des Regelbuches gewählt hat. Das Cover schmückt das Gesicht der titelgebenden Scheherazade vor dem Hintergrund des Mondes über Märchen-Bagdad. Der Großteil der Bilder im Buch zeigt Figuren, die im Setting als SC oder NSC vorkommen könnten – heilige Kriegerinnen, edle Beduinen, verführerische Odalisken, bitterböse Großwesire und mehr. Natürlich kommen dabei auch Monster aller Art und andere mögliche GegnerInnen vor. Der witzige Zeichenstil unterstreicht die heitere Stimmung des Settings und erinnert ein wenig an die TV-Serie Aladdin.

Das generelle Layout bleibt dem orientalischen Stil treu. Der Bildrand, Titelseiten und einige Überschriften sind in satten Farben und Mustern, die an Orientteppiche und arabische Architektur erinnern, gestaltet, der Hintergrund der Fließtexte ist sandfarben wie die syrische Wüste. Die gewählte Schriftart scheint ein Kompromiss dazwischen zu sein, diesen Ornamentstil zu komplementieren und dabei noch gut zu lesen zu sein, allerdings wäre es mir persönlich lieber gewesen, wenn man hier der Lesbarkeit stärkeren Vorzug gegeben hätte.

Die Inhaltsangabe des PDFs verlinkt auf die jeweiligen Seiten, Verweise auf andere Seiten im Fließtext sind allerdings nicht verlinkt. Das Dokument ist durchsuchbar.

Fazit Selten habe ich ein neues Rollenspielsystem so gerne ganz durchgelesen wie dieses. Scheherazade richtet sich ganz klar an Menschen, die gerne Geschichten erzählen oder erzählt bekommen.

Auf ungefähr 170 Seiten ist das Grundregelwerk eher kurz, was vor allem daran liegt, dass die Spielwelt nicht in zu ausufernden Details beschrieben wird. Der Autor verlässt sich darauf, dass wer an diesem System interessiert ist, genug Kenntnis des Quellenmaterials hat, um daraus mit Fantasie eigene Geschichten zu stricken. Das Regelsystem ist einfach und favorisiert narratives Spiel über Würfelorgien. Charaktere sind Ruckzuck erstellt. Eine Besonderheit, die Scheherazade von anderen Rollenspielen absetzt, ist der Einsatz von Geschichten. Sie können für gewisse Vorteile im Spiel eingesetzt werden und fördern dabei Charakterspiel und die Ausgestaltung der Spielwelt.

Der Eindruck, der vom ersten Lesen und Anspielen des enthaltenen Abenteuers zurückbleibt, ist der eines kleinen, aber feinen Rollenspiels, das sich nicht unbedingt für dauerhafte Runden eignet – außer vielleicht bei knallharten Fans orientalischer Märchen – aber für Cons oder spontane Spielabende eine schöne Ergänzung darstellt.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Scheherazade - The One Thousand and One Nights RPG
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Shadowrun 6 Grundregelwerk
Verlag: Pegasus Press
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 12/16/2019 05:31:07

https://www.teilzeithelden.de/2019/11/28/ersteindruck-shadowrun-6-grundregelwerk-die-sechste-welt-geht-in-die-sechste-runde/

Eine kontroverse Diskussion begleitet die neueste Edition Shadowruns und mit ihr kommen viele Fragen: Sind die Veränderungen sinnvoll? Ist das noch das Shadowrun, das man gerne spielt? Fakt ist, dass jede Edition Neues bringt und bringen soll – wir haben uns das Grundregelwerk angeschaut und uns selbst eine Meinung gebildet.

So schnell ging es noch nie: Die englischen und deutschen Versionen der sechsten Edition des dystopischen Sci-Fi-Fantasy-Genrehybriden Shadowrun erschienen dieses Jahr nahezu zeitgleich. Glücklicherweise konnten die Errata für den deutschen Markt schon eingepflegt werden. Außerdem gibt es ein Kapitel über die deutschen Schatten. Nachdem wir uns bereits den Schnellstarter mit gemischten Ergebnissen angesehen haben, waren wir umso gespannter auf das Grundregelwerk.

Die Spielwelt Der Beginn der Zeitlinie Shadowruns liegt im Jahre 2050. Eine nahe Zukunft, in der die Magie wiedererwacht ist und die dystopischen Ängste von nahezu allmächtigen Konzernen, Überwachung und einer gigantischen Arm-Reich-Schere wahr geworden sind. Jede neue Edition des Spiels ließ auch die Zeit im Spiel weiter vorrücken, so dass die sechste nun in den 2080ern angesetzt ist.

Verändert hat sich nicht viel, könnte man meinen, doch die Spielwelt von Shadowrun ist so vielfältig, dass selbst kleinste Veränderungen sich auswirken. Ein kurzer Überblick für jene, die Shadowrun nicht kennen, und eine Auffrischung für alte Hasen:

Die Magie ist inzwischen wieder ein Bestandteil der Welt. Dadurch, dass sie nicht mehr unterdrückt wird, gibt es Metamenschen wie Trolle, Orks und Elfen, aber auch Magieanwender verschiedenster Art. Und Drachen. Außerdem hat der Halleysche Komet zu weiteren Veränderungen verschiedener Metamenschen geführt, von Froschzungen zu noch verrückterem Zeug. Das ist noch nicht alles, aber soll an dieser Stelle genügen.

Des Weiteren gibt es auch Ghule, Vampire und allerlei andere fantastische Lebewesen, die auf verschiedenste Weise in die Spielwelt integriert sind. Diese Fantasy-Elemente werden in Shadowrun mit Sci-Fi gekreuzt und so sind modernste und futuristische Technologien auch Bestandteil der Spielwelt.

Cybergliedmaßen und Gentech gehören genauso dazu wie ein Internet 2.0 – die Matrix. Letztere ist inzwischen zwei Mal gecrasht und wiederaufgebaut worden. Es gibt eine komplexe Augmented Reality, dazu virtuelle Realität wie in unseren Träumen und sogar Matrixmagier (Technomancer). Natürlich gibt es auch Probleme mit all der Technik, wie KFS (Kognitives Fragmentiertensyndrom), bei der die Persönlichkeit eines Wirts durch eine KI überschrieben wird.

Spinrad #8. Alte Staatenstrukturen sind aufgebrochen worden und neue sind entstanden. Zusätzlich bilden Konzerne eine einflussreichere Macht, als es Staaten könnten – besonders die „Großen Zehn“. Die Konzerne kooperieren, streiten und kämpfen je nach Lust und Laune gegeneinander. Jüngst wurde NeoNET durch Spinrad Global im elitären Kreis der Triple-A-Konzerne abgelöst.

In dieser Welt spielt man die namensgebenden Shadowrunner: Kriminelle, die von ihren Auftragsgebern (Johnsons oder im deutschen Raum auch Schmidts genannt) auf „Runs“ geschickt werden.

Die Regeln Einfache Regeln hatte Shadowrun noch nie – das ist auch Teil des Reizes des Systems. Trotz zahlreicher Veränderungen können sich gerade Spieler der fünften Edition aber sehr schnell einfinden. Shadowrun nutzt ein Poolsystem, das bedeutet, es werden Würfelpools aus einem Attribut und der dazugehörigen Fertigkeit gebildet. Vier Spezialfälle verbinden zwei Attribute.

Anzeige Mit diesem Pool an sechsseitigen Würfeln, der durch verschiedene Boni und Mali modifiziert werden kann, versucht man eine Anzahl an Erfolgen, das heißt eine Fünf oder Sechs, zu würfeln – entweder gegen einen Schwellenwert (einfache Probe), also eine gewisse Anzahl an Erfolgen, oder gegen einen Widersacher (vergleichende Probe), wobei der Charakter mit den meisten Erfolgen gewinnt. Patzer entstehen, wenn mehr als die Hälfte der Würfel eine Eins zeigen, kritische Patzer, wenn dabei auch noch keine Fünf oder Sechs liegt.

Handlungen, die nicht unter Zeitdruck oder im Kampf passieren, wie das Reparieren eines Autos, sind ausgedehnte Proben. Jeder Würfelwurf repräsentiert hierbei einen Zeitintervall, und die Anzahl der Würfe bis zum Erreichen des Schwellenwertes gibt dann die Zeit an, die es dauert, die Tätigkeit erfolgreich ausgeführt zu haben.

In Shadowrun-Regelwerken werden oft ausführliche und detaillierte Erklärungen genutzt. Das ist für Einsteiger manchmal schwierig, doch für das System unabdingbar. Das Shadowrun 6-Grundregelwerk ist hierbei nicht anders als seine Vorgänger. Aufgrund des Umfangs werden wir im Folgenden nur auf die Neuerungen bzw. Veränderungen der Regeln zur Vorgängerversion eingehen.

Edge Das Motto der sechsten Edition „Riskier alles“ ist nicht nur eine leere Worthülse. Edge ist zu einer der wichtigsten Spielmechaniken geworden. War dieser Wert früher das Zünglein an der Waage oder ein Lebensretter, ist es in der sechsten Edition eine flexible Ressource mit umfangreichen Einsatzmöglichkeiten.

Ein Moment, in dem man Edge benötigt. Bei jeder Probe kann man bis zu zwei Bonus-Edge erhalten und insgesamt sind sieben Edge anhäufbar, die dann für Edge-Boosts und Edge-Handlungen ausgegeben werden sollen.

Edge- Boosts im Kampf……und Edge-Handlungen. Die Macht und das Konzept von Edge in dieser Version sind durchaus gewöhnungsbedürftig, doch wie bei vielen Änderungen müssen die tatsächlichen Auswirkungen in Spieltests ermittelt werden.

Limits, Matrixattribute und Kraftstufen Gab es in der fünften Edition noch eine Begrenzung für die Anzahl der Erfolge, die sich aus den Charakterwerten errechnete oder durch den benutzten Ausrüstungsgegenstand bedingte, fallen diese Limits komplett weg. Selbst ein ungeübter Redner kann nun ein Dutzend Erfolge beim Überreden erzielen, wenn es sein Würfelpool hergibt.

Zauber*innen sind nicht weniger mächtig, doch spielen sich deutlich anders. Diese Entscheidung kann gelobt und kritisiert werden. Ein herausragender Schütze wird nicht mehr durch eine Waffe mit niedrigem Limit eingeschränkt, was sicherlich viele freut. Gleichzeitig können aber grenzenlose und damit unberechenbare Ergebnisse erzielt werden. Wie genau sich das auswirkt, wird sich noch zeigen.

Durch das Wegfallen der Limits gibt es einige Änderungen an den Matrixattributen und auch daran, wie Rigger gespielt werden. Wie gut das funktioniert, wird sich zeigen, aber Fahrproben wirken im ersten Moment sehr schwierig.

Kraftstufen von Zaubern waren die Limits der Zaubererfolge und gleichzeitig Indikator für den Entzug. Auch diese Mechanik wurde entfernt. Alle Zauber haben einen festen Entzug, der durch eine Entzugswiderstandsprobe reduziert werden kann. Es ist aber jetzt möglich, Zauber mit einer Flächenwirkung auszustatten („Fläche vergrößern“) und den Schaden von Kampfzaubern durch „hochdrehen“ zu erhöhen. Beides steigert den Entzug.

Die Zauberregeln sind durch die Änderungen einfacher zu verstehen und niederschwelliger für Anfänger, was eine gute Sache ist. Alteingesessene Spieler werden die Flexibilität des alten Systems vermissen und gleichzeitig bemerken, dass es wesentlich schwieriger ist, sich selbst das Hirn zu grillen. Körperlichen Schaden gibt es durch Entzug erst, wenn nach der Entzugswiderstandsprobe mehr Schadenspunkte übrigbleiben, als das Magieattribut des Charakters beträgt.

Angriffs- und Verteidigungswert Der Gedanke eines schnelleren und einfacheren Kampfsystems zeigt sich am besten bei den neuen, abstrakten Angriffs- und Verteidigungswerten. Für jeden Angriff vergleicht man die beiden Werte und bestimmt damit, welcher Akteur einen Vorteil hat.

Waffen haben feste Angriffswerte für verschiedene Distanzen. Der Angriffswert wird entweder errechnet (im waffenlosen Kampf besteht er aus Reaktion und Stärke) oder bei den Waffen direkt mitgeliefert. Fernkampfwaffen haben dann unterschiedliche Werte je nach Angriffsdistanz. Durchschlagskraft, Zielgenauigkeit und Rückstoßkompensation werden so zu einem einzelnen, abstrakten Wert. Auch Munitionsarten und andere Modifikationen verändern so nur Angriffswert und Schaden einer Waffe.

Der Verteidigungswert errechnet sich aus Konstitution, Schutzkleidung und Zusatzeffekten. Darunter fallen dann Magie, Bodytech oder auch Deckung. Unterscheiden sich beide Werte um vier oder mehr, erhält der im Vorteil befindliche Charakter einen Bonus-Edgepunkt. Für den Soak spielt Panzerung keine Rolle mehr.

Im ersten Moment klingt das nach einer einfachen Regelung, die den Kampf schneller macht und viel Rechnerei spart. Ich vermute eine Verschiebung der Rechnerei auf die abstrakten Werte und Edge, womit nichts gewonnen wäre. Ein Spieltest wird hier Gewissheit bringen.

Initiative und Handlungen Statt komplexen und einfachen Handlungen gibt es nun Haupt- und Nebenhandlungen – andere Namen für mehr oder weniger das gleiche Konzept. Doch die Umsetzung hat sich geändert. Jeder Charakter hat eine Haupthandlung und eine Nebenhandlung plus eine weitere Nebenhandlung pro Initiativewürfel. Ab drei Initiativewürfel, also vier Nebenhandlungen, kann man auch zwei Haupthandlungen ausführen.

Haupthandlungen sind die großen Aktionen wie Angriffe oder generell Fertigkeitsproben. Nebenhandlungen sind interessanter geworden. So kann ein Charakter sich nicht im Kampf bewegen, ohne eine Handlung dafür auszugeben, und darf diese Handlung auch nur einmal ausführen. Das ist sehr ungewohnt.

Während des Kampfes ist jeder Spieler auch nur einmal an der Reihe, nicht mehrfach, wenn die Initiative entsprechend gut ist. Das erhöhte Handlungstempo wird durch die höhere Anzahl an Nebenhandlungen repräsentiert. Das vereinfacht den Kampf, da man nicht immer Initiativewerte abrechnen muss.

Fertigkeiten

Die Fertigkeiten im Überblick. Fertigkeitsgruppen wurden entfernt. Es gibt nun 19 Fertigkeiten und Spezialisierungen. So kann man mit der Fertigkeit Feuerwaffen sowohl Gewehre als auch Pistolen und die meisten anderen Schusswaffen gleich gut bedienen. Mit einer Spezialisierung auf eine Waffenart gibt es dann zwei Bonuswürfel.

Neu ist hier die Expertise – diese Steigerung einer Spezialisierung erhöht den Bonus auf drei Würfel. Eine Vereinfachung und Änderung bei den Fertigkeiten ist sehr nützlich und absolut großartig. Die Trennung in Fertigkeitsgruppen und Fertigkeiten mit verschiedenen Erstellungspunkten und Steigerungsintervallen war einfach nur lästig.

Heilung Einen verletzten Charakter zu heilen ist um einiges einfacher geworden. Die Reihenfolge der Anwendung verschiedener Heilungsvarianten spielt keine Rolle mehr. Kurz gesagt: Man kann erst magisch heilen und dann Erste Hilfe leisten.

Stattdessen ist es an Zeitintervalle geknüpft, welche Heilungsvariante noch wirksam ist. Erste Hilfe kann nur eine Minute nach dem Ende eines Kampfes angewendet werden, ein Medkit kann innerhalb einer Stunde nach dem Kampf genutzt werden. Magie hat keine Zeitbegrenzung. Danach kann man immer noch natürlich genesen, wenn Schaden verbleibt: Das wirkt sehr konstruiert. Die Begründung, dass Erste Hilfe nicht mehr nach magischer Heilung genutzt werden kann, da ja alle Wunden geschlossen sind, schien wesentlich stimmiger.

Jede Heilung wird durch verringerte Essenz stark beeinflusst. Ein Lebewesen ohne Essenzverlust (also mit Essenz 6) hat die besten Chancen, geheilt zu werden, denn man erhält einen automatischen Erfolg. Je weniger Essenz das Ziel hat, desto schwieriger ist es, zu heilen.

Die Entscheidung, Heilung zu vereinfachen, ist bewusst gefällt worden, da es weniger Spaß mache, zu regenerieren, statt an Runs teilzunehmen. Tatsächlich ist damit aber ein wesentliches Spielelement angegriffen worden: die Gefahr, zu sterben. Ich stehe dem skeptisch gegenüber, auch wenn die Begründung plausibel ist.

Statuseffekte Verschiedene Statuseffekte haben in Shadowrun 6 mehr an Bedeutung gewonnen. Das zeigt sich schon daran, dass er unterschiedliche Heilzauber gibt, mit denen Verätzungen, Erfrierungen oder Verbrennungen behandelt werden können. Auch Unsichtbarkeit ist jetzt ein Statuseffekt, der in der Liste auftaucht. Natürlich gab es besondere Schadensarten und Effekte auch schon vorher, aber jetzt haben sie an Bedeutung gewonnen. Dieses Detail ist interessant und bringt etwas mehr Tiefe ins Spiel.

Der Schicksalswürfel Bei manchen Angriffen oder Aktionen wird ein Schicksalswürfel dem Würfelpool hinzugefügt. Dieser Würfel, der sich farblich absetzen soll, gibt bei einer Fünf oder Sechs drei Erfolge, zieht aber bei einer Eins alle Erfolge, die durch eine Fünf entstanden sind, ab. Eingesetzt wird dieser Würfel zum Beispiel beim Übertakten von Geräten, einem Sprühangriff oder dem Übersteuern von Bodytech. Damit soll die erhöhte Gefahr repräsentiert werden, die bei solchen Aktionen entsteht.

Charaktererschaffung Die Charaktererstellung im Grundregelwerk wird mit Hilfe des Prioritätensystems vorgenommen. Andere Varianten, wie Sum-to-ten und Point-buy oder die Charaktermodulerstellung werden sicherlich in späteren Erscheinungen auftauchen.

Als erstes sucht man sich aus, welche Rolle der Charakter in einem Team aus professionellen Verbrechern erfüllen soll: Zauberschleuder oder Technikspezialist, Unterhändler oder Straßensamurai. Zusätzlich stellt man sich einige Fragen über die Vergangenheit, die Motivation und den moralischen Kompass des Charakters. Dann geht es an die Werte.

Das Prioritätensystem funktioniert so, dass es fünf Prioritäten von A bis E gibt, die auf die fünf Bereiche Metatyp, Attribute, Fertigkeiten, Magie oder Resonanz und Ressourcen verteilt werden. Je höher die Priorität, desto besser ist die Kategorie vertreten.

Die neue Prioritätentabelle……und die Attribute der Metatypen. Schön zu sehen ist, dass auch mit den geringen Prioritäten alle Metatypen wählbar sind. Lediglich die Anpassungspunkte steigen. Die Entscheidung ist sicherlich eine schwierige gewesen, denn das alte System sollte auch bei der Charaktererstellung dafür sorgen, dass der große Anteil an Menschen repräsentativ in der Shadowrunnergemeinde vertreten ist. Tatsächlich sind Runner aber sowieso eine besondere Gruppe (Meta-)Menschen und mit der neuen Methode können sich Spieler*innen einfacher das aussuchen, was sie spielen wollen.

Nach der Verteilung der Prioritäten werden Attributs- und Anpassungspunkte verteilt, wobei Anpassungspunkte für Magie, Resonanz, Edge und die besonderen Attribute des Metatyps ausgegeben werden können. Magie und Resonanz können natürlich nur gewählt werden, wenn der Charakter nicht mundan ist.

Danach wählt man seine Fertigkeiten und magie- oder resonanzrelevante Aspekte. Vor- und Nachteile bilden den Charakter und sind in Schritt drei wählbar. Im nächsten Schritt gibt es 50 Karma zur Individualisierung, welches auch in Ressourcen getauscht werden kann.

Höherwertige Ware ist in den 2080ern anscheinend einfacher zu beschaffen. Im Folgenden werden die Ressourcen in Ausrüstung gesteckt, ein paar Connections gewählt und Wissensfertigkeiten bestimmt. Gerade bei der Ausrüstung ist wesentlich mehr zu bekommen als früher – sogar Deltaware ist für einen Startcharakter erreichbar! Zuletzt kommen noch ein paar Berechnungen und es kann losgehen.

Im Vergleich zur fünften Edition ist die Charaktererstellung erstaunlich abgespeckt. Statt neun Schritten und knapp 40 Seiten genügen sechs Schritte und ungefähr die Hälfte an Seiten. Dennoch muss man blättern, wenn es zu den Fertigkeiten kommt oder Zauber und Ausrüstung ausgesucht werden müssen. Das ist bei der Komplexität des Systems aber nur normal.

Die Charaktererstellung dauert je nach Wissensstand über die Spielwelt und darüber, was man spielen möchte, zwischen 15 Minuten und einer Stunde. Insgesamt verläuft alles aber zügiger und angenehmer als in Shadowrun 5. Wem das dennoch zu lange dauert, der wählt einen der Archetypen und legt direkt los.

Erscheinungsbild Das neue Design ist heller und sehr ansprechend. Die zahlreichen Bilder sind oft actiongeladen und farbintensiv, was sich gut ergänzt. Es liest sich alles sehr gut und angenehm.

Eine einfache und übersichtliche Struktur erleichtert die Handhabung. Gerade neue Spieler werden mit der Einleitung, dem Schattenslang-Wörterbuch, den Kurzgeschichten und der Weltbeschreibung gut in das Setting eingeführt. Das Inhaltsverzeichnis ist für Shadowrun klassisch strukturiert und wird durch einen Index ergänzt, der einem aber nur hilft, wenn man genau den richtigen Begriff parat hat. Querverweise bei ähnlichen Begriffen fehlen leider.

Die Überschriften sind logisch gewählt und man hat sich Mühe gegeben, durch die Struktur Übersicht zu schaffen. So stehen unter den Überschriften in auffälliger Farbe oft die wichtigen Informationen, die man sonst im Text suchen musste. Als Beispiel kann man hier die Kosten der Lebensstile oder Proben für Matrixhandlungen nennen.

Tabellen und Beispiele sind an vielen Orten zu finden und logisch platziert. Diese helfen oft über Verständnisprobleme hinweg und sind außerdem leicht zu finden. Besonders erfreulich sind die Tabellenseiten vor dem Index, die viel Herumblättern ersparen. Am Charakterbogen hat sich nicht sehr viel geändert.

Auf den Bildern gibt es viel zu entdecken. Ein kleiner Teil zu den ADL bereitet einen Storybogen vor und es ist schön, dass es dieser nicht unwesentliche Aspekt der Spielwelt ins Grundregelwerk geschafft hat.

Insgesamt ist das Grundregelwerk der sechsten Edition ansprechender und einfach etwas hübscher als sein Vorgänger, der dunkler im Design war.

Bonus/Downloadcontent Ein Geschwindigkeitsrechner steht online zur Verfügung. Er rechnet die Geschwindigkeit von Metern pro Kampfrunde in km/h und umgekehrt um.

Die Kooperation mit dem Genesis Charaktergenerator macht diesen in kostenfreier und als Deluxe-Version für Shadowrun 6 verfügbar.

Fazit Eine neue Edition ist immer mit Veränderungen verbunden und als „alter Hase“ neigt man gerne dazu, diese skeptisch zu sehen. Was mit den Neuerungen bewirkt werden sollte, ist klar: mehr Action, ein einfacherer Zugang und etwas mehr Streamlining.

Das Edge-System und die Vereinheitlichung von (Ausrüstungs-)Werten zu Angriffs- und Verteidigungswerten sind Dinge, die mehr als nur ungewohnt daherkommen. Abstrakte Werte treten an die Stelle von handfesten Berechnungen – eigentlich ein Bruch mit dem Konzept.

Nichtsdestotrotz bewerten wir Regelwerke nach den selbst gesetzten Zielen und können auch nicht alle Auswirkungen in einem kurzen Ersteindruck abschätzen. Es ist wunderbar, dass die Spielwelt in kurzen, aber passenden Passagen an die Leser*innen herangetragen wird und man so das bisher Geschehene aufholen kann.

Dass Mechaniken eingeführt wurden, um gerade das Zaubern einfacher zugänglich zu machen, ist ebenso gut wie die Verbesserung des Prioritätensystems mit mehr Auswahl- und Anpassungsmöglichkeiten.

Nicht zuletzt sieht das Grundregelwerk der sechsten Edition von Shadowrun einfach sehr gut aus, indem es hell, ansprechend und mit großartigen Illustrationen bestückt wurde. Auch die Struktur und Übersichtlichkeit hat man verbessern können.

Für knapp 20 Euro bekommt man ein schönes und für Shadowrun-Verhältnisse niederschwelliges Grundregelwerk mit einer sinnvollen Struktur, einer großen Portion Streamlining und Potenzial.

Der Ersteindruck basiert auf der ausgiebigen Lektüre des Grundregelwerkes, der Erstellung einiger Charaktere und der Testrunde des Starterpakets bei den Teilzeithelden. Im Verlauf der nächsten Wochen und Monate wird eine weitere Testrunde mit Hilfe des Grundregelwerks stattfinden, die ich diesmal leite. Auf dieser Grundlage wird ein ausgiebiger Spieltestbericht erscheinen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
Shadowrun 6 Grundregelwerk
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Falkengrund - Von Kobold, Feen und Holzfäller (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 12/16/2019 05:29:52

https://www.teilzeithelden.de/2019/12/03/rezension-falkengrund-jubilaeumsband-gereifter-wein-in-neuem-schlauch/

Die Karriere vieler Pathfinder-Spieler begann mit dem kostenlosen Abenteuer „Falkengrunds Letzte Hoffnung“. Mit zwei Kaufabenteuern als direkten Fortsetzungen und zwei weiteren, die gut dazu passten, konnte eine Mini-Kampagne gespielt werden: Der Falkengrund-Zyklus. Zehn Jahre nach Erscheinen der ursprünglichen Module erscheint mit dem Jubiläumsband die komplette Kampagne in aufbereiteter Form.

Der Falkengrund-Zyklus stellt keinen typischen Abenteuerpfad dar, bei dem sich eine durchgehende Geschichte durch alle Bände zieht. Stattdessen lässt sich jedes der Module komplett einzeln spielen oder in andere Kampagnen einbauen. Um die ursprünglich eigenständigen Module zum Falkengrund-Zyklus zusammenzusetzen, sodass alle Teile harmonisch ineinandergreifen, mussten fast alle Module leicht verändert werden – diese Änderungen wurden auf einer Webseite vorgestellt, die leider nicht mehr erreichbar ist. Es handelte sich um kleinere Anpassungen der Karten, um die Verbindungspunkte zwischen den Abenteuern richtig darzustellen, sowie um Änderungen im Verhalten einiger NSC.

Dies war notwendig, weil Ereignisse passieren, die zur Vorgeschichte der nachfolgenden Module gehören, während die Charaktere noch mit dem aktuellen Modul beschäftigt sind. Einige der NSC reagieren auf diese Ereignisse und verhalten sich dementsprechend anders als im Originalmodul vorgegeben. In den Jubiläumsband sind diese Änderungen bereits eingeflossen, sodass der Spielleiter die Module einfach in Reihe leiten kann. Dies ändert nichts daran, dass der Zyklus kein durchgehendes Thema hat, sondern verschiedene Handlungen in der gleichen Region präsentiert. Gerade diese Abwechslung der Handlungsstränge kann die Mini-Kampagne aber reizvoll machen.

Inhalt Die Module Die Module des Falkengrund-Zyklus sowie das optionale Modul Der Jahrmarkt Der Tränen bilden den Hauptteil des Jubiläumsbandes. Ich versuche, die Inhalte aller Module möglichst spoilerfrei wiederzugeben.

Falkengrunds Letzte Hoffnung Dieses Modul ist ein kleines Einstiegsabenteuer, welches lange Zeit kostenlos heruntergeladen werden konnte. Es spielt vor der Rache des Koboldkönigs und bekam deshalb die Modulnummer „D0“. Falkengrunds Letzte Hoffnung ist komplett eigenständig spielbar. Die Charaktere treffen in dem kleinen Ort Falkengrund aufeinander, von wo aus das Holzfäller-Konsortium das Finstermondtal mehr oder weniger regiert. Seit neustem grassiert im Dorf eine Krankheit, und die Helden müssen helfen, diese zu stoppen. Der Weg führt sie in die umliegenden Wälder.

Die Krone Des Koboldkönigs Dieses Modul ist das erste Abenteuer-Modul, das Paizo jemals herausgegeben hat, damals noch für D&D 3.5. Deshalb trägt es die Modulnummer „D1“. Die Krone des Koboldkönigs ist ein klassischer Dungeon-Crawl, bei dem einige Kinder aus der Umgebung von Falkengrund gerettet werden müssen.

Die Rache Des Koboldkönigs Zum Free RPG Day 2008 hat Paizo den Nachfolger zur Krone des Koboldkönigs herausgebracht, offiziell mit der Modulnummer „D1.5“. Wer dachte, mit den Ereignissen in Die Krone Des Koboldkönigs sei das Problem des kleinen Ortes Falkengrund gelöst, der irrt. Erneut müssen sich die Helden der – größer gewordenen – Gefahr stellen. Auch dieses Modul ist „dungeon-based“, bietet aber mehr als nur den Dungeon.

Der Jahrmarkt der Verdammten Der Jahrmarkt mit der offiziellen Modulnummer „E1“ gehört nicht zum ursprünglichen Falkengrund-Zyklus, spielt aber in der gleichen Gegend und passt gut in das Gesamtbild der Reihe. Vor Einbruch des Winters gastiert ein Jahrmarkt im kleinen Ort Falkengrund, der noch einmal zu Spaß und Vergnügen einlädt, bevor die tristen und entbehrungsreichen Wintertage hereinbrechen. Leider ist das Vergnügen nur von kurzer Dauer, denn seltsame Ereignisse überschatten den Jahrmarkt. Der Jahrmarkt der Verdammten ist ein komplett ereignisbasiertes Abenteuer, quasi eine Sandbox, bei der Aktion und Reaktion sich abwechseln. Es gibt viele Punkte, an denen die Helden ansetzen und etwas bewirken können, und hoffentlich wendet sich am Ende alles zum Guten.

Hungrig Sind Die Toten Dieses Modul mit der offiziellen Modulnummer D4 stellt den Abschluss der Ereignisse rund um Falkengrund dar. Die Helden lernen endlich den Grund für ihren wiederkehrenden Ärger mit dem Koboldkönig kennen. Sie stellen sich der dunklen Macht entgegen und erwirken so hoffentlich endlich Frieden für Falkengrund und das Finstermondtal. Hungrig Sind Die Toten ist ein weiterer Dungeon-Crawl, der auf den vorherigen beiden Dungeon-Abenteuern der Reihe aufbaut.

Weitergehende Informationen Den zweiten großen Block innerhalb des Jubiläumsbandes bilden die Zusatzinformationen zu Falkengrund, dem Finstermondtal und zu den Kobolden. Vieles davon tauchte schon einmal an anderer Stelle in den Pathfinder-Veröffentlichungen auf, doch gerade Einsteigern hilft es oft, die Informationen kompakt verfügbar zu haben, statt sie aus anderen Büchern zusammensuchen zu müssen.

Detaillierte Beschreibung von Falkengrund Die Beschreibungen von Falkengrund aus allen Abenteuermodulen wurden zusammengezogen und überarbeitet. Dadurch wird Falkengrund im Jubiläumsband geschlossen und stimmig präsentiert. Angereichert wird dies mit weiteren Abenteuerideen rund um den Ort, Gerüchten aus der Gegend und den Werten des Vorstehers. Für Kenner der Module findet sich hier nicht viel Neues, aber die Möglichkeit, alle Informationen zusammengefasst zu lesen, ist hilfreich. Auch die Karte wurde geringfügig überarbeitet und stellt jetzt alle Informationen gebündelt dar.

Hintergrund über das Finstermondtal Der Hintergrundteil über das Finstermondtal ist kurz, aber informativ. Hier wurde viel Material aus dem Almanach zum Finstermondtal übernommen, allerdings nicht der komplette Almanach. Wer also noch mehr Informationen zu diesem recht interessanten Spielgebiet erhalten möchte, sollte sich zusätzlich noch den Almanach zulegen. Darüber hinaus werden noch wichtige Nachbarorte außerhalb des Finstermondtals vorgestellt, zu denen die Helden sich begeben könnten, um weitere Informationen oder Ausrüstung zu erhalten.

Die Lebensweise der Kobolde Dieses Kapitel stellt mit circa zehn Seiten eine umfassende Informationsquelle rund um Kobolde dar. Beim ersten Lesen der Inhaltsangabe zum Jubiläumsband hätte ich eher mit ein, zwei Seiten gerechnet. Ich war daher positiv überrascht, derart tiefe Hintergrundinformationen über Kultur, Lebensweise und Wesen der Kobolde zu erhalten. Hier entstehen beim Lesen viele Ideen für weitere Abenteuer.

Kobolde als Charaktere Nach der umfassenden Abhandlung um Kobolde und deren Kultur ist es nicht verwunderlich, dass der Sammelband Informationen zum Spielen von Kobolden als Charakteren enthält. Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, einen Kobold als Spielercharakter zu erleben, aber die gebotenen Regeln bieten vielfältige Möglichkeiten zur Ausgestaltung.

Neue Monster Wo Dungeons sind, da sind auch Monster. Der Jubiläumsband enthält einige Monster, die in den Dungeon-Crawls der Kampagne vorkommen, mit vollständiger Beschreibung im Anhang. Leider sind nicht alle vorkommenden Monster hier beschrieben, sodass man mit dem Jubiläumsband alleine spielen könnte. Damit werden zwar Dopplungen bei den Monsterbeschreibungen vermieden, allerdings ist man dadurch zusätzlich auf das erste Monsterkompendium angewiesen, um die Kampagne zu spielen.

Erscheinungsbild Das Layout ist Pathfinder-typisch gut sortiert und aufgeräumt. Der Jubiläumsband lag nur als PDF zur Rezension vor, deshalb kann über Druckqualität und Verarbeitung keine Aussage getroffen werden. Das Layout des PDF entspricht dem Layout der Printversion. Leider ist die verwendete Grundschrift am Bildschirm schlechter zu lesen als auf der gedruckten Seite, vor allem in Kombination mit den verwendeten Kontrasten (Dunkelbraun auf hellem Beige).

Fazit und Vergleich zu den Einzelbänden Der Falkengrund-Zyklus als Sammelband präsentiert eine abwechslungsreiche Kampagne. Dem Spielleiter wird die Arbeit abgenommen, die Einzelmodule zur kompletten Kampagne zu verbinden und entsprechend anzupassen. Darüber hinaus gibt es noch relevante Informationen aus dem Almanach zum Finstermondtal, die der Spielleiter benutzen kann, um die Kampagne weiter auszuschmücken.

Ich persönlich hätte lieber auf den Teil für Kobolde als Spielercharaktere verzichtet und dafür mehr Informationen über das Finstermondtal bekommen – aber Geschmäcker sind verschieden.

Für 35 Euro bekommt man hier ausreichend Material an die Hand, um die Spieler mehrere Spielabende zu beschäftigen und die Charaktere bis zur 8. Stufe zu begleiten. Neben einer abgeschlossenen Mini- Kampagne gibt es eine ausführliche Beschreibung einer generell schönen Einstiegsregion. Die Investition lohnt sich, auch wenn man einzelne Module schon sein Eigen nennt, da die Arbeit, die Module zur Kampagne zusammenzufügen, bereits erledigt wurde.

Die Zusatzinformationen, die in den Einzelmodulen nicht vorhanden sind, machen den Sammelband noch einmal interessanter. Besitzt man allerdings schon den Almanach zum Finstermondtal, finden sich im Sammelband nur wenige neue Informationen zur Gegend, und nur für die Beschreibung der Kobolde dürfte er sich nicht lohnen.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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DSA5 - Das Dornenreich - Aranien und das Erbe des Moghulats (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 12/16/2019 05:28:37

https://www.teilzeithelden.de/2019/11/21/rezension-dsa5-das-dornenreich-diwan-datteln-und-damast/

Entdecke den aventurischen Orient! Das Dornenreich verspricht prachtvolle Paläste in Städten, die niemals schlafen. Wilde Natur und eine magische Landschaft mit ebensolchen Kreaturen erwarten den abenteuerlustigen Reisenden. Lebe die Geschichten aus „1000 und einem Rausch“! Oh, Söhne der Herrlichkeit, oh, Töchter der Tugenden – beginnt die Reise gleich heute! Hier!

„ Weil er schweigt, sitzt der Falke auf der Hand des Königs. Weil die Nachtigall singt, ist sie im Käfig eingesperrt.“ – (Ferîd ud din Attâr – persischer Dichter 1136-1221 n.Chr.)

Mit der Regionalspielhilfe Das Dornenreich beleuchtet Das Schwarze Auge 5 zum ersten Mal eine südliche Region Aventuriens. Aranien oder besser das „Mhaharanyat“ lehnt stark an die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht an und spiegelt die Landschaft und Kultur des irdischen Orients wieder.

Inhalt Die Regionalspielhilfe teilt sich in elf Kapitel auf und folgt dabei den gewohnten Strukturen, wie wir sie bereits aus anderen DSA5-Regionalspielhilfen kennen. Bereits das Vorwort weist darauf hin, dass der frühere Metaplot um die oronischen Machenschaften mit dem Schleierfall abgeschlossen wurden. Das Setting hat sich verändert und weiterentwickelt und soll nun auch anderen Antagonisten ihren Raum geben.

Einer Beschreibung der Geographie folgen detaillierte Schilderungen der einzelnen Regionen. Im Anschluss werden „Kultur & Wissenschaft“ unter die Lupe genommen, über „Handel & Wandel“ berichtet, sowie typische Tiere und Pflanzen der „Flora & Fauna“ näher betrachtet. Mit „Göttern & Dämonen“ und „Zauberei & Hexenwerk“ mussten sich nicht nur Aranier mit „Rang & Namen“ herumschlagen, wie man in „Mythos & Historie“ erfährt. Oft waren es „Helden aus dem Dornenreich“, welche das Reich vor dem Untergang retteten. Typische Professionen, Regeln und spezielle Fertigkeiten dieser Helden findet man im gleichnamigen Kapitel. Letztlich sind es aber die Mysterien, welche die Geschichten aus „1000 und einem Rausch“ besonders machen, und auch die Regionalspielhilfe bietet „Mysteria & Arcana“ zum Ausklang des Werkes.

Das Dornenreich und seine Bewohner

Auf dem Markt in Zorgan Die ersten Kapitel bieten einen geographischen und politischen Überblick über die Region und ihre Besonderheiten, bevor im Detail die einzelnen „Radjarate“ (vergleichbar mit Provinzen) vorgestellt werden. Von A wie Anchopal bis Z wie Zorgan werden über 60 Städte und Dörfer des Dornenreiches beschrieben. Die größten und bedeutendsten dieser Städte (Anchopal, Baburin, Zorgan, Elburum, Llanka, Palmyrabad) bringen überdies eine eigene Stadtkarte und eine Beschreibung eben dieser mit.

Während die Wissenschaften des Landes minimalistisch dargestellt werden und sich auf eher philosophische, astrologische und linguistische Themen konzentrieren, liegt der Fokus der kulturellen Errungenschaften auf Sitten und Gebräuchen, dem Aberglauben der Menschen und der gesellschaftlichen Ständeordnung. Besonders Letztere scheint einen wichtigen Stellenwert im Leben der Aranier einzunehmen. Die matriarchalische Adelsgesellschaft ist nicht nur Inhalt des täglichen Klatschs und Tratschs der städtischen Bevölkerung, sondern lebt der bescheidenen Bevölkerung auch ein phex- und rahjagefälliges Leben vor, nach dem diese streben kann. Selbst die einfache Bäuerin träumt davon, einmal palmyramischen Schmuck zu tragen oder die Schleier der neusten Mode aus Zorgan ihr Eigen zu nennen.

Neben der Mode gehört zum Schönheitsideal der aranischen Männer und Frauen auch ein ausgewogener Körper, der zum Kriegshandwerk oder Ausleben der schönen Künste geeignet ist. So wundert es nicht, dass sich unter den militärischen Einheiten des Dornenreiches neben Streitwagenfahrern, Kriegselefanten und Säbelschwingern auch die berühmten Rosenritter befinden. Einst wurde der „Orden der Rose“ gegründet, um gegen oronische Umtriebe vorzugehen, aber längst ist er zu einem Treffpunkt all derer geworden, die dem ruhmreichen König mit Säbel, Schwert oder rahjagefälligen Taten nacheifern wollen.

Wer im Dornenreich unterwegs ist, muss sich aber nicht nur der Feinde des Reiches, wilder Ferkinastämme und Kreaturen der Wildnis erwehren, sondern auch der Hartnäckigkeit feilschender Markthändler. Dinare und Schekel wird man schneller für einen guten Teppich, teures Porzellan oder zorganer Glasbläserkunst wieder los, als man sie sich verdient hat. „Steuern & Zölle“ tun ihr Übriges, um dem Reisenden das Geld aus der Tasche zu ziehen, und wer sich gegen „Recht & Gesetz“ zur Wehr setzt und eine Zahlung verweigert, muss mit hohen Strafzahlungen oder gar der Schuldsklaverei rechnen.

Dennoch ist und bleibt das Dornenreich ein durch und durch magischer Ort, und das wird insbesondere durch einige exotische Tierwesen wie etwa die Sphingen deutlich. Diese Wesen, welche den Körper einer Katze, zwei große Schwingen und das Haupt einer Frau haben, gelten unter den Araniern als prophezeiende Orakel. Es wird vermutet, dass sie einst dem Sonnengott Praios dienten, ähnlich wie Greifen. Ob dies der Wahrheit entspricht, wird wohl aber ein Rätsel bleiben.

Über Götter, Dämonen und Hexenwerk

Zauber in der Praxis: Körperlose Reise Wenngleich Praios’ Auge – die Sonne – in den südlichen Gefilden auch häufiger vom Himmel scheint als im zwölfgöttergläubigen Norden, so sind doch Phex und Rahja die angesehensten Gottheiten der Aranier. Die übrigen der Zwölfe haben nur eine untergeordnete Rolle, und neben ihnen existieren viele andere, teils ketzerische Kulte. Selbstverständlich gibt es noch immer oronische Umtriebe, aber auch andere potenzielle Antagonisten abenteuermutiger Helden sind zunehmend im Dornenreich anzutreffen. Lediglich Diener des namenlosen Rattengottes sind selten vorzufinden. Dies mag an den zahlreichen Katzen im Land liegen, die auch vor der Rattenjagd nicht zurückschrecken.

Zu den vielen verborgenen Kulten gehört auch die Magierschaft, welche in Aranien nur eine einzige offizielle Akademie besitzt. Dafür gibt es umso mehr verborgene Zirkel, Hexen und Zaubertänzer, die sich wenig um die strengen Regeln kümmern, welche den Gildenmagiern auferlegt sind. Das eigentliche Flair von Tausendundeiner Nacht mit seiner allgegenwärtigen Magie wird damit leider ebenfalls unter einem Schleier verborgen.

Von Helden und Herrschern Besonders die Kapitel um Helden der Region und das Who-is-who des Dornenreiches bieten eine große Bereicherung für den Spieltisch. So findet man neben typischen Charakteren wie dem aranischen Sippenkrieger oder dem Mujan (Zaubertänzer) zum Beispiel auch die Pardelhexe, Quabalyim (Magierkulte) oder Phexgeweihte der Mada Basari.

Hintergrundereignisse für die Ausgestaltung der Heldenerschaffung sowie Werte typischer Waffen und Fertigkeiten bieten eine gute Grundlage für ein stimmiges Charakterkonzept. In Verbindung mit einer ausführlichen Beschreibung der frühzeitlichen und neueren Geschichte des Reiches lassen sich Antagonisten und mit Hilfe der regionalen Beschreibungen Abenteuerideen entwickeln. Diese kommen mit einem halbseitigen Beitrag im Werk ansonsten eher zu kurz.

Die Schlacht von Zorgan (1. Travia 1028 BF) Die oberen Zehntausend sind es zwar nicht, aber die Crème de la Crème des Dornenreiches wird ebenfalls in diesem Werk vorgestellt. Wie gewohnt mit Illustrationen, wichtigen Informationen und positiver wie auch negativer „Volkes Stimme“. Auffällig ist die Ähnlichkeit einiger Porträts mit Schauspielern bekannter Produktionen. So ähnelt „Taref as’Sarjabaran (Wirt des Roten Kamels)“ dem Schauspieler Conleth Hill in seiner Rolle als Eunuch Varys in Game of Thrones. Aber auch „Shazarinja (Mutter der Skorpione)“ erinnert mit ihrer roten Lederkleidung an Tabrett Bethell alias Cara Mason aus der Serie Legend of the Seeker.

Spoiler Mondsilberne Mysterien Das letzte Kapitel bietet wie immer einen Blick auf das Verborgene und Mysteriöse, auf die Geheimnisse der vielen NSC und auf mystische und magische Orte des Reiches. Hintergründe zu speziellen Kulten wie den Ilaristen, Quabalyim oder den Erben des Moghulats Oron finden hier ebenso Platz wie die Beschreibung einer einfachen Karawanserei (inkl. Karte) und ein paar Abenteuerideen. Die Nähe des Reiches zur Gorischen Wüste und deren negative Einwirkung auf den menschlichen Geist werden zwar nicht thematisiert, sind aber in der Beschreibung einiger Artefakte deutlich zu spüren.

Spoiler Erscheinungsbild Die oft als besonders schön hervorgehobene und blumige Sprache der Aranier findet leider kaum Eingang in diese Publikation, und zu allem Überfluss hat auch das Lektorat nur mittelmäßige Arbeit geleistet. Rechtschreib- und Trennungsfehler stören den Lesefluss und können sogar ernste Themen ins Komische verdrehen, wenn der Schattenmarschall Haffax mit einem „Herr“ durch die Sümpfe marschiert, statt mit einem Heer. Die lieblichen Rosendschinne hingegen fühlen sich vermutlich wie „verend-ete“ Schnittblumen, wenn man sie „Rosend-schinne“ trennt.

Während das Cover von Marcus Koch noch mit der mittlerweile gewohnten, detailreichen Darstellung einer atmosphärischen Orientszene punkten kann, wirken einige der Innenillustrationen wie kindliches Geschmiere oder unfertige Aquarelle. Damit entziehen sie dem Werk leider einen Großteil seines Zaubers.

Fazit Das Dornenreich ist inhaltlich gut durchdacht und strukturiert geschrieben, lässt aber die Magie und den Zauber der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht missen. Der alte Metaplot um die oronischen Umtriebe musste aus dem Fokus der Publikation weichen, was dem Werk aber sehr zu Gute kommt. Der damit gewonnene Freiraum bietet Platz für die kleinen Nebenschauplätze wie den Gorienkonflikt oder die Vasallenstaaten Floeszern und das Yalaiad. Daraus lassen sich mit etwas Eigenaufwand diverse Abenteuerideen erarbeiten, von denen es ansonsten in der Publikation eher mangelt. Regeltechnisch liefert Das Dornenreich aber alles Nötige, um regionsspezifische Helden zu erstellen und diese mit dem dazugehörigen Flair an den Spieltisch zu bringen. Illustrationen und mittelmäßiges Lektorat hingegen wirken einer guten Atmosphäre eher zuwider. Unterm Strich ist Das Dornenreich eine solide Regionalspielhilfe, die ihren Zweck erfüllt, aber wenig stimmungsvoll geschrieben ist.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
DSA5 - Das Dornenreich - Aranien und das Erbe des Moghulats (PDF) als Download kaufen
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Starfinder - Einsteigerbox (PDF) als Download kaufen
Verlag: Ulisses Spiele
von Roger L. [Häufiger Rezensent]
Hinzugefügt am: 11/20/2019 04:05:59

https://www.teilzeithelden.de/2019/10/17/ersteindruck-starfinder-einsteigerbox-schnellstart-ins-weltall/

Schon seit mehr als zwei Jahren können Fans von Pathfinder erforschen, wie die Welt ihres Rollenspiels in ferner Zukunft aussieht. Wer Starfinder bisher noch nicht kennengelernt hat, soll eine perfekte Gelegenheit mit der deutschen Übersetzung der Einsteigerbox erhalten. Wir haben uns für euch auf den Weg zu den Sternen gemacht.

Was passiert mit einer typischen Fantasywelt, die sich über Jahrtausende entwickeln kann, ohne dass Dämonen, Drachen oder böse Götter die typische Apokalypse entfachen? Vermutlich findet irgendeine Art von technischem Fortschritt statt und am Ende wird aus Magie und Technik ein Gemisch, das treffend als Science-Fantasy bezeichnet werden kann. Soweit zumindest die Idee von Starfinder.

Als eine Art Spin-Off zum Rollenspiel Pathfinder, das gerade in einer kontrovers diskutierten zweiten Edition erschienen ist, nimmt sich Starfinder der Welt von Golarion an und versetzt sie in eine technologisch weit fortgeschrittene Zukunft. Golarion als Planet verschwindet dabei ärgerlicherweise, aber die Szenerie bleibt unverkennbar dieselbe.

Wie schon für Pathfinder ist auch für den Weltraumableger eine Einsteigerbox erschienen, die seit Kurzem in deutscher Übersetzung erhältlich ist. Wir haben das zum Anlass genommen, uns noch einmal zu den Paktwelten aufzumachen und Starfinder unter die Lupe zu nehmen. Lest im Weiteren, ob die Landung auf der Absalom-Station mithilfe der Einsteigerbox gelingen wird.

Ein kurzes Briefing vorab Dieser Artikel wird sich nur sehr rudimentär mit dem Regelsystem befassen, das Starfinder zugrunde liegt. Der Grund dafür sind gleich drei Artikel unseres Magazins, die sich bereits in der Vergangenheit ausführlich mit den Regeln des Spiels auseinandergesetzt haben. Unser Redakteur Holger hat die englische Originalversion des Grundregelwerkes rezensiert und einem Spieltest unterzogen. Die deutsche Starfinder-Übersetzung wurde zusätzlich von einem Gastautor bewertet.

Allen, die an einer Betrachtung des Regelkomplexes interessiert sind, sind daher die oben genannten Artikel wärmstens empfohlen. Unser Ersteindruck der Einsteigerbox widmet sich stattdessen eher der Frage, ob das Produkt seinem Zweck gerecht wird, Neulinge mit Starfinder vertraut zu machen und Lust auf mehr zu vermitteln. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf kompletten RollenspielanfängerInnen.

Die Spielwelt oder: das Spielleiterhandbuch

Auch wenn das Spielerhandbuch der Box einige kurze Abschnitte zur Spielwelt bereithält, finden sich die meisten Informationen doch im Softcoverheft, das sich an zukünftige SpielleiterInnen richtet. Die einzelnen Planeten der Paktwelten, das Sonnensystem, in dem die meisten Abenteuer stattfinden dürften, werden kurz umrissen. Etwas ausführlicher wird die Absalom-Station beschrieben, die einen guten Schauplatz für erste Abenteuer und gleichzeitig eine schöne Heimatbasis für die Charaktere bietet.

Einen ersten Eindruck von den ungemütlichen Abschnitten der Station können sich die SpielerInnen in Form des mitgelieferten Abenteuers Stahlklaues Versteck verschaffen. Darin werden die Charaktere beauftragt, sich einer rätselhaften Bedrohung anzunehmen, die die unteren Ebenen der Station heimsucht. Leider enttäuscht das Abenteuer auf ganzer Linie.

Zunächst dürfte allen SpielleiterInnen, die bereits die Pathfinder Einsteigerbox kennen, auffallen, dass eine enorme Ähnlichkeit zum darin verwendeten Startabenteuer Schwarzzahns Hort vorliegt. Beide Abenteuer bestehen aus einem Dungeon, der zehn Räume umfasst und mit dem jeweils namensgebenden Endgegner schließt. Für die Starfinder-Variante sind Details abgeändert und der Stil auf Science-Fantasy umgemodelt worden, ansonsten wurde einfach alles übernommen.

Diese etwas lieblose Vorgehensweise wäre verzeihlich, wenn das Abenteuer nicht schon in seiner Urform suboptimal gestaltet wäre. Der Dungeon ist ein Schlauch ohne echte Entscheidungsmöglichkeiten, fast sämtliche Begegnungen sind nur im Kampf lösbar und für den Kampf gegen den Endgegner muss zuvor ein bestimmter Gegenstand gefunden worden sein, ohne den kaum Chancen auf einen Sieg bestehen. Komplette Rollenspielneulinge bekommen durch dieses Abenteuer einen sehr eingeschränkten Eindruck von den Möglichkeiten des Hobbys und werden eventuell noch durch die sehr beschränkten Optionen, ihren Gegner zu überwinden, frustriert.

Es verwundert, dass gerade dieses Abenteuer für die Box gewählt wurde. Denn mit den Tipps und Hinweisen für die angehenden SpielleiterInnen, die danach folgen, lassen sich weitaus bessere Szenarien entwerfen. Immer an den Bedürfnissen kompletter AnfängerInnen orientiert, finden sich hier jede Menge sinnvoller Inhalte.

Neben einem kurzen Abriss zu den allgemeinen Aufgaben der Spielleitung finden sich vor allem Handreichungen, um Abenteuer zu entwerfen und die Spielsitzungen vorzubereiten. Dabei werden insbesondere der Beschreibung und Nutzung von verschiedenen Szenerien viel Platz eingeräumt, was es angehenden SpielleiterInnen erlaubt, abwechslungsreiche Abenteuer zu präsentieren. Vervollständigt wird das Paket durch eine angemessen große Kreaturensammlung sowie passenden Zufallstabellen für den Einsatz der diversen Gegner und NSC.

Die Regeln oder: Was ist anders als im Grundregelwerk? Wie schon zuvor erwähnt, haben wir die Regeln von Starfinder bereits in der Vergangenheit ausführlich besprochen. Bei einem Einsteigerprodukt stellt sich aber immer die Frage, ob und inwiefern die Regeln verändert und angepasst wurden, um den Einstieg zu erleichtern. Starfinder geht hier weitestgehend den gleichen Weg, den Pathfinder mit seiner Einsteigerbox beschritten hat.

Charaktere, die mithilfe der Einsteigerbox erschaffen werden, sind aber anders als bei Pathfinder nicht voll kompatibel mit dem kompletten Regelwerk, da ein Detail vereinfacht wurde. Die Unterscheidung von Ausdauer und Trefferpunkten ist zugunsten der Trefferpunkte aufgehoben worden, dürfte aber bei einer Konvertierung des Charakters leicht nachgeholt werden können. Darüber hinaus sind keine weiteren Abweichungen vom Regelkern des Systems aufgefallen, stattdessen werden an vielen Stellen Regeloptionen ausgelassen, die das Regelwerk bietet.

Insbesondere ist davon der Raumkampf betroffen, der in der Einsteigerbox ersatzlos gestrichen wurde. Diese Entscheidung ist schwerlich nachzuvollziehen, da Raumschiffe und Schlachten im Orbit mit Laser und Torpedos für viele SpielerInnen fest zum Repertoire des Science-Fiction-Genres gehören. Auf der anderen Seite stellt der Raumkampf in den vollständigen Regeln von Starfinder quasi ein eigenes Subregelsystem dar, das Rollenspielneulinge schnell überfordern könnte.

Charaktererschaffung oder: das Spielerhandbuch Der einfachste Weg, mit der Starfinder Einsteigerbox ins Abenteuer zu starten, besteht ohne Frage darin, einen der sechs vorgefertigten Charaktere auszuwählen und einfach loszuspielen. Die sechs Weltraumabenteuer kommen jeweils mit einem bereits ausgefüllten Charakterblatt daher. Neben diversen nützlichen Erläuterungen bieten die vollfarbigen Bögen auch eine kleine Hintergrundgeschichte zum jeweiligen Charakter.

Wer lieber den ganz eigenen Charakter erstellen möchte, wird ebenfalls nicht enttäuscht. Das Spielerhandbuch bietet eine Anleitung zum Charakterbau, die Anfänger bei jedem Schritt an die Hand nimmt und unterstützt, ohne jemals im Ton ins Vorschulhafte abzurutschen. Besonders praktisch sind die Hinweise, wo auf den beiliegenden Blankobögen die jeweiligen Werte und Fähigkeiten genau eingetragen werden müssen.

Auch die Auswahl an Charakteroptionen enttäuscht nicht. Jeweils sechs Völker, Charaktermotive und Klassen erlauben theoretisch bis zu 216 verschiedene Charakterkombinationen. Durch die Auswahl von Zaubern, Spezialfähigkeiten, Talenten und Ausrüstung können diese verschiedenen Varianten dann noch individualisiert werden.

Langeweile sollte also nicht allzu schnell aufkommen, auch wenn die Auswahl an Möglichkeiten im eigentlichen Grundregelwerk selbstverständlich größer ausfällt. Da alle Charakterklassen bis auf Level vier gesteigert werden können, ist auch nach einem ersten Abenteuer noch genug Luft nach oben, ohne dass zusätzliches Spielmaterial angeschafft werden müsste. Aus einem kompetenten, aber eben noch unerfahrenen Charakter kann mit den Inhalten der Box eine Figur werden, die den Anfängerstatus ebenso hinter sich gelassen hat, wie der/die SpielerIn.

Erscheinungsbild Das uns vorliegende PDF überzeugt mit einem sehr einheitlichen Artwork und Layout. Die Farbgebung ist recht bunt, was bei einer Science-Fiction-Thematik aber nicht weiter stört und auch niemals den Rahmen sprengt. Die diversen Lesezeichen vereinfachen eine Orientierung im Text der beiden Bücher enorm.

Obwohl das PDF also zu gefallen weiß, wird erst die physische Version des Produkts die Inhalte der Einsteigerbox voll zur Geltung bringen, auch wenn sie sich für ein Einsteigerprodukt im oberen Preissegment bewegt. Die diversen Aufsteller, Referenzkarten und nicht zuletzt die Flipmat, die der Box beiliegen, machen sich einfach besser, wenn sie nicht ausgedruckt und -geschnitten sind. Für echte Einsteiger sind außerdem die Würfel, die der Box beiliegen, nicht uninteressant.

Ob ausgedruckt oder aus dem klassischen Stanzbogen erfüllen diese Elemente am Spieltisch in jedem Fall ihren Zweck. Fast 80 Aufsteller dienen zur Darstellung der Charaktere und ihrer diversen Gegner und Verbündeten. Auf der doppelseitigen Flipmat, die den Bodenplan des mitgelieferten Abenteuers bzw. eine große Blankofläche zeigt, können diese Figuren dann ihre Kämpfe austragen.

Was am Erscheinungsbild negativ auffällt, ist die Tatsache, dass an einigen Stellen im Text offensichtlich keine Übersetzung aus dem Englischen stattgefunden hat. Es handelt sich zwar nicht um essenzielle Textstellen, aber die Fehler sind sehr auffällig und daher ärgerlich.

Fazit Nachdem schon die Einsteigerbox zum engverwandten Pathfinder unsere Redaktion überzeugen konnte, überrascht es wenig, dass auch das entsprechende Produkt für Starfinder nicht enttäuscht. Alle AnfängerInnen erwartet ein pralles Paket mit zwei Softcoverheften, Charakterbögen, Würfeln, Merkzetteln mit wichtigen Regeln sowie einer großen Menge an Bodenplänen und Aufstellern, die sich schnell und sinnvoll im Spiel einsetzen lassen. Lediglich in der PDF-Version muss noch etwas Zeit fürs Drucken und Basteln investiert werden.

SpielerInnen werden Schritt für Schritt durch die Charaktererschaffung geleitet und dürfen aus einer langen, aber nie überwältigenden Liste aus Optionen den Wunschcharakter erstellen oder einfach einen von sechs fertigen Charakteren ins Abenteuer schicken. Auch nach dem ersten Abenteuer kann der Charakter weitergespielt und gesteigert werden, denn die Box enthält Material, um alle Klassen bis auf Level vier zu entwickeln. Und danach sind die Charaktere schnell auf das vollständige Regelwerk konvertiert.

Auch die potenziellen SpielleiterInnen bekommen einiges geboten. Neben einer großen Auswahl an NSC und Kreaturen sind zahlreiche Tipps zum Erstellen von eigenen Abenteuern und der Beschreibung und Umsetzung verschiedenster Szenerien in der Science-Fantasy-Welt von Starfinder enthalten. Das mitgelieferte Abenteuer stört leider den ansonsten tollen Gesamteindruck, denn es bietet nur sehr unterdurchschnittliche Unterhaltung und vermittelt Neulingen keinen guten Eindruck von den Möglichkeiten eines Tischrollenspiels.

Trotz dieses Wermutstropfens und eines vergleichsweisen hohen Preises der Printversion gilt aber: Mit dieser Box lässt sich der Countdown für die Reise zu den Paktwelten von Starfinder problemlos einleiten.



Wertung:
[4 von 5 Sternen!]
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