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Lore: Core Rules
von Roger L. [Häufiger Rezensent] Hinzugefügt am: 09/26/2017 07:32:04

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Mittlerweile haben viele Rollenspieler genug von Zwergen, Elfen und anderem klassischen Fantasy-Kram. Der Markt der Fantasy-Rollenspiele ist größtenteils zudem schon aufgeteilt. Ob es das Grundregelwerk von Lore dennoch schafft, Fantasy-Fans hinter dem Lagerfeuer hervorzulocken? Oder erwartet den Leser doch nur die übliche 08/15-Fantasykost?

Als der britische Autor J.R.R. Tolkien 1930 begann, an seinem Meisterwerk Der Hobbit zu arbeiten, ahnte er noch nicht, welchen großen Einfluss er auf die moderne Fantasyliteratur haben würde. Elfen, Orks und Zwerge wurden längst zum Mainstream und einige Fantasy-Fans rollen heutzutage nur noch mit den Augen, wenn sie auf die bekannten Fantasy-Rezepte bei modernen Werken stoßen. Auch in Rollenspielen gibt es mittlerweile gefühlt Millionen von klassischen Fantasywelten. Nichtsdestotrotz versuchen die beiden Autoren David Frees und Kevin Williams mit ihrem System Lore in diesem hart umkämpften Feld Fuß zu fassen.

Die Spielwelt

Die Autoren von Lore haben im Grundregelwerk größtenteils auf die Erschaffung einer eigenen Welt für das System verzichtet. Dies liegt vor allem daran, dass Lore vielmehr ein Rohling für die eigene Spielwelt darstellen soll. Auch wenn die Klassen und Rassen erstmal auf ein klassisches High-Fantasy Setting schließen lassen, so lässt sich Lore doch recht einfach auch in weitere Settings transportieren und für die eigenen Bedürfnisse anzupassen.

Dennoch versuchen die Autoren in Ansätzen eine Welt für Lore darzustellen, doch leider gelingt ihnen dies im Grundregelwerk nicht sonderlich gut. Dies fällt besonders bei den Rassen- und Klassenbeschreibungen auf, die als einzige Hinweise auf eine existierende Welt für Lore in dem Grundregelwerk zu finden sind. Hier wird plötzlich Bezug auf anscheinend existierende Personen, Orte oder Ereignisse genommen, die aber nicht weiter erklärt oder aufgegriffen werden. Zum Beispiel wird bei der Rassenbeschreibung der „Gwilyteem“ Bezug auf eine Person oder Entität mit dem Namen „M’oth“ genommen, aus dessen Sklaverei sich die „Gwilyteem“ befreiten. Dieser ist wohl „Patron der vier dunklen Häuser und brachte die Gwilyteem in die trostlosen Einöden von Tiroeddyn Adfail, den sogenannten verschandelten Landen“. Was die vier dunklen Häuser sind, was „Tiroeddyn Adfail“ für ein Ort ist oder warum die „Gwilyteem“ überhaupt dorthin verbracht wurden, bleibt offen. Dies führt zu teils großen Verwirrungen, weil man darauf hofft, Antworten auf diese Fragen in einem späteren Abschnitt des Regelwerkes zu finden. Nach einem erneuten Durchlesen des Inhaltsverzeichnisses merkt man allerdings schnell, dass kein Kapitel detaillierte Antworten auf diese Fragen bietet. Hier wäre eine allgemeine Beschreibung der Rassen und Klassen konsequenter gewesen.

Wenn man diese offenen Fragen einmal außen vorlässt, bietet Lore dem Spieler zu jeder Rasse einen guten Überblick über die wichtigsten Merkmale der jeweiligen auswählbaren Optionen und deren Verhältnis zu anderen Rassen. Das erleichtert den Einstieg und jeder Spieler sollte schnell die passende Auswahl zu seinem Charakterkonzept treffen können. Allerdings erfindet hier Lore das Rad auch nicht neu. Grundsätzlich gibt es bei den insgesamt sieben spielbaren Rassen keine Überraschungen. Zunächst fallen die klassischen Völker der Menschen, Zwerge und Elfen auf, die sich auch kaum von ihren Brüdern und Schwestern in der Literatur oder anderen Fantasy RPGs unterscheiden. Zwerge graben in den Bergen nach Reichtümern, Elfen lieben die Natur und sind durch ihre lange Lebenszeit sehr weise aber auch arrogant geworden. Menschen sind eben Menschen. Die kleinen „Bykken“ weisen starke Ähnlichkeiten zu Halblingen auf, die seit dem Erfolg von Tolkiens Der Herr der Ringe mittlerweile wohl jeder kennen sollte.

Zusätzlich gibt es drei weitere Völker, die zumindest auf den ersten Blick nicht nach 08/15 Fantasy aussehen. Die kleinen „Woaden“ sind in ihrer Statur noch kleiner als die Halblinge und stammen ursprünglich aus der Ätherwelt, welche Sie allerdings durch das Eindringen von fremden Wesen verlassen mussten. „Woodkin“ sind baumartige Humanoide, die in Wäldern leben und durch ihre große Körperstatur auffallen. Als Letztes bietet Lore noch die nomadischen „Gwilyteem“ als spielbare Option an, die wie eine Mischung aus den Dothraki aus George R.R. Martins Das Lied von Eis und Feuer und den aus Star Trek bekannten Klingonen, anmuten. Hier hätten die Autoren unter Umständen noch etwas mehr Kreativität beweisen können. Gleichzeitig fällt Einsteigern so natürlich aber auch der Anfang etwas leichter, wenn sie bereits Rassen in dem Regelwerk finden, die sie in anderer Form und in anderen Medien bereits einmal kennenlernen konnten.

Die Regeln

Die Regeln und Grundmechanismen von Lore sind schnell erklärt. Genauer gesagt benötigt Lore gerade einmal etwas mehr als 15 Seiten, um euch mit allen wichtigen Regeln im Eiltempo vertraut zu machen. Nach der Lektüre habe ich mich zunächst gefragt: „War das jetzt wirklich alles? Das kann doch nicht sein!“ Aber nach mehrmaligem Lesen dieser 15 Seiten und der Charaktererschaffung habe ich bemerkt, dass Lore tatsächlich nicht mehr Erklärung benötigt. Auch wenn der Charakterbogen etwas Komplexeres suggeriert, so basiert in Lore doch alles auf einem einfachen Würfelmechanismus. Jede Probe wird mit einem W20 gegen einen Zielwert gewürfelt. Dieser Zielwert wird entweder vom Spielleiter bestimmt oder basiert auf festen Werten, wie z.B. dem Verteidigungswert des Gegners bei einem Angriff. Schafft es der Spieler, den Zielwert zu erreichen oder zu übertreffen, ist die Probe geglückt. Eine 20 stellt hierbei eine besonders gut gelungene Probe dar, wohingegen eine eins eine besonders missglückte Probe darstellt. Soweit, so einfach. Zusätzlich werden die Würfelwürfe noch durch unterschiedliche Punkte modifiziert.

In welchem Maße eine Probe erleichtert oder erschwert wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Habe ich eine Klasse gewählt, die eh bereits für eine Aufgabe prädestiniert ist, bekomme ich eine Erleichterung. Einem kleinen und wendigen Bykkem fällt eine Schleichen-Probe deutlich leichter als einem 2 Meter großen Woodkin. Habe ich eine entsprechende Klasse für meinen Charakter gewählt, so bekomme ich ebenfalls einen Bonus. Ein Schurke ist einfach geübter im Schleichen als der grobe Barbar, der Konflikte lieber mit der Zweihandaxt angeht. Zusätzlich verschaffen auch Umwelteinflüsse, Ausrüstung und Erfahrung Boni für bestimmte Proben. Gleichermaßen werden Proben allerdings auch erschwert. Ein Charakter, der noch nie geschwommen ist, kann es zwar versuchen, muss aber bei der Probe gegen teilweise herbe Erschwernisse ankämpfen.

Für den Kampf gelten die identischen Regeln wie für andere Proben. Hier sind zusätzliche spezielle Proben für Initiative und ggf. Überraschungseffekte notwendig, die verhalten sich aber grundsätzlich genauso wie alle anderen Proben im Spiel. Während des Kampfes steht jedem Spieler eine Aktion pro Runde zur Verfügung. Diese kann er entweder in zwei halbe Aktionen aufteilen, um z.B. zwei Standardattacken auszuführen, oder als ganze Aktion verwenden, um z.B.: Kampfmanöver zu nutzen oder den Feind an einer speziellen Körperstelle anzugreifen. Zusätzlich kann jeder Charakter noch freie Aktionen durchführen. Hier lässt Lore es dem Spielleiter allerdings sehr offen, welche Aktion wirklich in welche Kategorie einzuordnen ist.

Ein zusätzliches Kernelement sind die sogenannten Encounter Points. Diese dienen als allgemeine Ressource für alle Klassen, um Spezialmanöver in einem Kampf durchzuführen. Hierzu zählen nicht nur Sondermanöver von Kämpfern wie z.B. das Verschießen von mehreren Pfeilen gleichzeitig oder ein mächtiger Kriegsschrei, sondern auch die Zauber und Rituale anderer Klassen. Lore verzichtet hier darauf, unterschiedliche Ressourcen für die einzelnen Klassen einzuführen, um alles möglichst einfach zu halten. So kann man als Spieler relativ einfach unterschiedliche Charaktere erschaffen, ohne sich erst mit Spezialregeln für Magie o.Ä. auseinandersetzen zu müssen. Encounter Points werden nach jedem Kampf wieder aufgefüllt, allerdings gibt es eine maximale Anzahl an Punkten, die ein Charakter während eines Tages ausgeben darf.

Charaktererschaffung

Die Charaktererschaffung von Lore ist kurz und knackig, bietet aber genug Auswahlmöglichkeiten, um teils sehr unterschiedliche Charaktere zu erstellen. Aber der Reihe nach.

Am Anfang steht die Wahl der Rasse. Hier stehen insgesamt sieben Rassen zur Verfügung, die alle unterschiedliche Grundvoraussetzungen mitbringen. Die Rassen bestimmen einerseits die Anzahl der Basis-Lebenspunkte und der Basis-Bewegungsweite als auch Boni und Mali zu bestimmten Attributen. Zusätzlich hat jede Rasse einen Startskill. Bei den Elfen bekommt man so z.B. bereits einen Rang in dem Skill Forstwirtschaft und Boni auf die Attribute Agilität und Mana.

Der wohl wichtigste Punkt in der Charaktererstellung ist die Wahl der eigenen Klasse. Hier stehen insgesamt neun Oberkategorien zur Verfügung, vom Kämpfer über den klassischen Schurken zum Magier und Kleriker. Jede Kategorie beinhaltet dann noch eine weitere Unterteilung in bis zu drei Klassen, die gewählt werden können. Wählt man z.B. die Kategorie „Schurke“, so hat man die Wahl zwischen den Klassen „Assassine“, „Dieb“ oder „Kopfgeldjäger“. Bei einigen Klassen hat man dann sogar noch weitere Auswahlmöglichkeiten innerhalb der Klassen. Als Barbar kann man z.B. sich einem der großen Clans anschließen, was letztendlich Auswirkungen auf die Waffenwahl und die Skills hat. Jede Klasse gibt außerdem nochmal einen Bonus auf die Lebenspunkte und einen weiteren Startskill. Zudem bestimmen die Klassen, welchen Bonus man bekommt, sobald man genug Erfahrungspunkte gesammelt hat, um ein Level aufzusteigen.

Als nächstes wird bestimmt, welche Werte der Charakter in den Grundattributen Vitality, Intellect, Appeal, Might, Agility, Mana, Aether und Spirit besitzt. Hierzu kann man insgesamt 60 Punkte auf die einzelnen Attribute verteilen. So landet man bei jedem Attribut auf einem Wert zwischen 3 und 12. Wichtig ist hier, dass der Wert erstmal nicht direkt Einfluss auf die Würfelwürfe bei Proben hat. Addiert man nun die Boni und Mali aus den Klassen und Rassen, landet man bei einem Endwert. Dieser Wert wird mit einer Tabelle vergleichen, um den Attributsmodifikator zu ermitteln. Dieser liegt zwischen -5 und +14 und ist letztendlich der Bonus oder Malus, den man auf die jeweiligen passenden Proben bekommt. Dies klingt erstmal kompliziert, nach der anfänglichen Rechenarbeit fällt es aber sehr leicht die einzelnen Modifikatoren im Auge zu behalten.

Wenn man dann die persönlichen Informationen seines Charakters ausgewählt hat, bestimmt man die Anzahl der Encounter Points, die dem Charakter zu Beginn zur Verfügung stehen. Die Anzahl der Punkte richtet sich je nach Klasse nach einem anderen Attribut. Die Kämpfer-Klassen bestimmen ihre Punkte anhand ihres Wertes in Agility, während die Magier auf ihren Mana-Wert zurückgreifen. Auch hierzu gibt es eine praktische Tabelle, die auf einen Blick alle wichtigen Informationen liefert.

Am Ende erhält jeder Charakter noch einen Handwerkerskill und jeder Spieler darf sich zusätzlich zu seinen Skills aus den Rassen und Klassen noch einen weiteren Skill auswählen. Jeder Skill startet zunächst auf Rang eins.

Außerdem müssen natürlich noch die Kampfmanöver ausgewählt werden. Hier stellt Lore jedem Spieler eine Auswahl von insgesamt 150 Seiten an Kampfmanövern, Ritualen, Zaubern und vielem mehr zur Verfügung. Auch wenn sich durch die Wahl der Klassen hier Auswahlmöglichkeiten etwas reduzieren, so stehen doch immer noch genug Manöver zur Auswahl, um sehr differenzierte Charaktere zu erstellen.

Insgesamt erscheint die Charaktererstellung bei dem ersten Blick auf den Charakterbogen und die vielen Tabellen sehr kompliziert, beim Testen merkt man dann aber schnell, dass die Erstellung gut von der Hand geht und nur einmalig ein wenig Rechenaufwand erfordert. Das Powerlevel beim Start lässt sich auch gut und schnell auf die Bedürfnisse der eigenen Gruppe anpassen. Viele der einzelnen Punkte basieren zudem auf der eigenen Auswahl und Verteilung von Punkten und nicht auf Würfelglück.

Erscheinungsbild

Das Grundregelwerk von Lore ist gut strukturiert und bietet auf den ersten Seiten eine schnelle Übersicht über alle Regeln. Dies hilft ungemein bei der ersten Erstellung eines Charakters, da man sofort weiß, auf welche Punkte man besonders achten muss. Das PDF bietet außerdem ein verlinktes Inhaltsverzeichnis, was die schnelle Navigation ermöglicht.

Auch bei den Illustrationen lässt sich nicht meckern. Diese sind zwar etwas spärlich, aber passen ansonsten von der Qualität zum restlichen Buch. Die Schriftart ist außerdem ausreichend groß und gut lesbar. Bei der Charaktererstellung gibt es nach jedem Schritt ein entsprechendes Beispiel mit einem ausgefüllten Charakterbogen, welches die Erstellung ungemein erleichtert. Allerdings waren in der mir vorliegenden Version die Charakterbögen in den Beispielen leicht verschwommen, weshalb man nicht alle Einzelheiten nachverfolgen konnte. Hier sollte man den leeren Charakterbogen entweder digital oder ausgedruckt vor sich haben.

Bonus/Downloadcontent

Das gesamte Grundregelwerk findet man auf der Seite von GameFace Publishing als kostenlose PDF zum Download. Außerdem gibt es hier einen ersten Einblick in das Bestiarium, welches den Spielleitern zumindest eine kleine Hilfestellung zum Thema Monster oder Gegner gibt.

Fazit

Das Grundregelwerk von Lore hat mich etwas ratlos zurückgelassen. Einerseits bietet Lore ein leicht zu erlernendes und gut spielbares Regelsystem, in welches man auch als Anfänger gut und schnell reinkommt. Es hat außerdem genug Variationen parat, um unterschiedliche Charaktere zu erstellen und lässt dem Spielleiter viel Freiheiten.

Gleichzeitig hat mich das Grundregelwerk zwar interessiert, aber einfach nicht gefesselt. Durch das nahezu komplette Fehlen einer eigenen Spielwelt bzw. der kurzen Puzzle-artigen Hinweise darauf, welche mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten, erfordert Lore einen erfahrenen oder zumindest kreativen Spielleiter, dem es nichts ausmacht, eine eigene Welt zu erschaffen. Generell bietet das Grundregelwerk wenig Hilfestellungen für angehende Spielleiter, da z.B. auch auf Monstervorlagen oder Startabenteuer komplett verzichtet wurde. Zusätzlich ist das Setting einfach nicht sonderlich kreativ, sondern bedient sich den klassischen Rassen und Klassen, die man schon in Dutzenden anderen Werken kennengelernt hat.

Dadurch, dass das PDF kostenlos auf der Webseite des Verlages zur Verfügung steht, kann sich jeder aber zum Glück auch selbst ein Bild von Lore machen. Wenn man das Grundregelwerk eher als universelles Regelwerk für eigene Fantasywelten versteht, kann man auch sehr viel Spaß mit Lore haben. Anfänger, die sich lieber in eine fest definierte Welt stürzen wollen, sollten vielleicht lieber auf andere Systeme zurückgreifen.



Wertung:
[3 von 5 Sternen!]
Lore: Core Rules
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